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Amazon testet Cyber Monday erstmals in Deutschland

amazonExtrem hohe Rabatte auf ausgewählte Produkte für genau einen Tag – so lange der Vorrat reicht. Mit diesem Angebot bewarb Amazon den Besuch seines Online-Shops am Montag den 29. November 2010. Doch weil viele Produkte schon nach wenigen Sekunden ausverkauft waren, kocht die Volksseele.

Ist der Cyber Monday trotzdem ein Konzept für die Zukunft?

Der Cyber Monday gehört für Kunden in den USA seit einigen Jahren zu den festen Shopping-Terminen im Weihnachtsgeschäft. Am vergangenen Montag sollten auch deutsche Internetnutzer günstige Weihnachtsschnäppchen erstehen können. Über mehrere Wochen konnten Amazon-Kunden aus 100 vorgeschlagenen Produkte ihre Top 30 bestimmen. Diese wurden ab 10.00 Uhr zu absoluten Spezialpreisen verkauft.

Auf den ersten Blick scheint die Aktion für Amazon ein voller Erfolg zu sein, denn schon nach wenigen Sekunden waren viele Artikel bereits ausverkauft, teilte eine Sprecherin auf Medienanfragen mit:

“Wir haben für die von unseren Kunden gewünschten Produkte am Cyber Monday die bestmöglichen Rabatte realisiert und bieten diese in größtmöglicher Anzahl an. Da viele tausende Kunden die Angebote direkt in den ersten Sekunden zum Start der jeweiligen Aktionen wahrnehmen und kaufen, sind die Produkte erwartungsgemäß sehr schnell vergriffen.”

Kunden schieben Frust

Allerdings waren die Kunden überrascht, als viele der rabattierten Artikel schon wenige Sekunden nach dem Start der Aktion ausverkauft waren und machten ihren Unmut in Foren und auf der Facebookseite von Amazon Luft. Schnell machte der Vorwurf die Runde, Amazon habe mit Lockangeboten die Nutzer zum Besuch des Online-Shops motivieren wollen.

Allerdings sei dieser Vorwurf aus juristischer Sicht nur schwer nachzuweisen, erklärt Wirtschaftsjurist und Blogautor Martin Rätze.

“Amazon hat ein eindeutig definiertes Zeitfenster von jeweils zwei Stunden offen kommuniziert. Nichtsdestotrotz gilt auch für die Cyber Monday Angebote, dass eine angemessene Bevorratung gewährleistet werden muss, mit der die zu erwartende Nachfrage befriedigt werden kann.

Das Verkaufsprinzip des Cyber Monday ist jedoch in ähnlicher Weise bei Shopping-Clubs zu finden. Jeder, der schon einmal bei Vente privee oder BuyVIP eingekauft hat, weiß, dass manche Artikel nur wenige Minuten lang verfügbar sind. Wichtig ist, dass der Händler ausverkaufte Artikel sofort als solche kennzeichnet oder aus dem Shop entfernt.”

Einen weiteren Vorwurf erhebt das Medienblog Meedia. Es wirft dem Online-Händler vor, die wirklich hohen Rabattierungen von bis zu 80 Prozent nur bei Produkten angeboten zu haben, die

“ohnehin schon relativ günstig sind und ansonsten eher nicht zu den Amazon-Top-Sellern gehören.”

Kulturelle Unterschiede überwinden

Ob sich der Cyber Monday als Verkaufsschwerpunkt im Online- und Versandhandel auch in Deutschland etablieren kann, bewerten Branchenbeobachter zum jetzigen Zeitpunkt noch zurückhaltend.

In der Tat gäbe es bereits im stationären Einzelhandel im Wochenrhythmus getaktete Verkaufsaktionen, wie Aldi, Lidl und Tchibo zeigen, erläutert Martin Groß-Albenhausen, Herausgeber und Chefredakteur der Branchenzeitschrift “Der Versandhandhausberater“.

“Aus Amerika haben wir schon Halloween übernommen, und auch der Cyber Monday wie der Black Friday kommen aus dem typisch amerikanischen Ansatz, Schwerpunkt-Tage zu kreieren. Das kennen wir so im Versandhandels-Kalender nicht, aber wie gesagt, es funktioniert bei entsprechender Bewerbung sicher.”

Auch der Schweizer e-Commerce-Berater Thomas Lang geht davon aus, dass solche Verkaufsschwerpunkte auch in Deutschland und der Schweiz bei den Kunden gefallen finden.

In Europa kennen wir solche Konzentrationen nicht – gegeben falls  als “Ausverkaufssaison” nach den Festtagen. Aber zumindest in der Schweiz ist der Begriff “Ausverkauf” nicht mehr geschützt und rechtlich geregelt, so dass während dem ganzen Jahr Ausverkauf herrscht. Das verwässert den Begriff.

Lange Rede kurzer Sinn: Die Aktion kann nicht 1:1 übernommen werden wegen anderen Traditionen bei uns. Kann aber sehr wohl adaptiert werden auf ähnliche Umstände und wer weiß, vielleicht übernehmen wir ja mittelfristig solche Aktionen – wie schon Halloween.”

Ob sich eine solche Aktion auch kaufmännisch rechnet, da gehen die Ansichten der Experten auseinander. Für Martin Groß-Albenhausen bleiben bei diesem Thema viele Fragen zur Zeit noch offen:

“Das Weihnachtsgeschäft ist generell Verkaufsschwerpunkt. Die Frage ist also:Was gewinnt der Händler durch die zusätzliche Verkaufsförderung? Erhöht sich der Mehrumsatz so weit, dass die mindere Marge kompensiert wird? Diese Rechnung kann er erst am Ende der Saison aufstellen, denn häufig werden Umsätze lediglich vorgezogen, die Gesamtmenge eben nicht gesteigert.

Und welcher Tag ist der richtige? Ein gewöhnlich Nachfrage-schwacher Tag? Der Montag, oder eher vor dem Wochenende, an dem Umsatz in den stationären Einzelhandel getragen wird? Es spricht nichts dagegen, den Cyber-Monday einmal zu testen. Im Rahmen der Anstoßkette können kleinere Versender sich entweder an die Amazon-Aktivität hängen, oder einen eigenen Spezialtag wählen. Nikolaus zum Beispiel. Als VKF-Konzept lohnt sich das, sollte aber am Saisonende genau nachgerechnet werden.”

Thomas Lang glaubt hingegen an den Erfolg, weil sich das Konzept bereits in den USA bewährt hat. Allerdings schränkt er zu Recht ein, dass kulturelle Unterschiede zwischen den USA und Deutschland berücksichtigt werden müssen.

“Die Aktion ist sicher sehr wirksam, hängt aber auch sehr von den kulturellen Umständen ab. Cyber-Monday hat sich in den vergangenen zwei bis drei Jahren in den USA etabliert  und zwar als Online-Fortsetzung der Black-Friday Sales, dem wichtigsten und wohl umsatzstärksten Tag des us-amerikanischen Detailhandels. Es ist der Tag nach Thanksgiving und Eröffnung der Ausverkaufs-Saison. Teilweise öffnen die Geschäfte dann um Mitternacht.”