Wer mit Referenzpreisen wirbt, muss darüber aufklären, wann und wo dieser Preis verlangt wurde. Aktuell macht darauf eine Limited aus Hamburg via Abmahnung aufmerksam. Ob Ansprüche vor Gericht durchgesetzt werden können oder am Vorwurf des Rechtsmissbrauchs scheitern, wird zu klären sein.
Lesen Sie mehr zu diesem Abmahnverhalten in einem Gastbeitrag von RA Jörg Faustmann.
Die abmahnende Limited vertreibt nach eigenen Angaben auch im Internet eine weit gestreute Warenpalette. Hierzu sollen Artikel aus dem IT-Bereich genauso gehören, wie Oberbekleidung und Tickets. Im Internet finden sich hierzu aber auch bei sorgfältiger Recherche keine Angebote.
In der vorliegenden Abmahnung wird gerügt, dass der abgemahnte Unternehmer mit einem „statt-Preis“ geworben hat (statt 39,95€ jetzt 9,95 €!). Rechtlich ist diese Rüge zunächst nicht zu beanstanden, denn tatsächlich müssen Unternehmer bei der Werbung mit Referenzpreisen stets klarstellen, wann und wo dieser Preis verlangt wurde, andernfalls ist die Werbung meist irreführend.
Der BGH hat dies für „statt-Preise“ mit Urteil vom 04.05.2005, Az: I ZR 127/02 entschieden. Die vergleichbare Problematik stellt sich bei der Verwendung des Begriffes „Ladenpreis“, denn er ist mehrdeutig. Er erweckt den Eindruck, dass jeder Laden zu diesem Preis verkauft (so entschieden vom LG Berlin, Urt. v. 20.08.2007). Im Einzelfall kann je nach Angebotsgestaltung natürlich auch etwas anderes gelten, aber derartige Abmahnungen sind durchaus ernst zu nehmen.
Die Abmahnungen der Limited aus Hamburg, vertreten durch eine Anwaltskanzlei aus Verden, machen von dieser Regel aber wohl eine Ausnahme. Wie eingangs festgestellt, ist schon das Wettbewerbsverhältnis nicht erkennbar. Die Abmahnung ist mit 2 ½ Seiten außergewöhnlich kurz, ist aber hinsichtlich der Passage zur Kostenfrage der Abmahnung äußerst lesenswert.
Hier heißt es:
„Hinsichtlich des Gegenstandswertes (also dem Wert aus dem die Kosten der Abmahnung errechnet werden) weisen wir darauf hin, dass dieser sich nicht nach Wert der von Ihnen tatsächlich verkauften Ware zu richten hat, sondern sich am Unterlassungsinteresse unserer Mandantin orientiert.“
Soweit, so gut! Zynisch könnte man an dieser Stelle mit Blick auf das fehlende Wettbewerbsverhältnis aber wohl bemerken, dann müsste der Streitwert wohl „0“ sein…
Die abmahnende Kanzlei hat hierzu jedoch eine ganz eigene Sicht der Dinge:
„Gegenstandswerte bis 250.000 € sind gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung aller Umstände und unter ausdrücklichem Vorbehalt einer Korrektur gehen wir vorerst von einem Gegenstandswert von 100.000 € aus.“
Außerdem wird dem Abgemahnten auch sogleich die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, die tatsächlich der Abmahner zahlen müsste.
Deutlicher kann das eigentliche mit dieser Abmahnung verbundene Interesse nicht zum Ausdruck gebracht werden. Es geht um die Erzielung maximaler Anwaltsgebühren. Somit liegt ein klarer Fall von Abmahnmissbrauch im Sinne des § 8 IV UWG vor.
Selbst die Gerichte mit höchster Streitwertfestsetzung würden (angenommen die Limited könnte doch noch irgendeine Form von Tätigkeit im Wettbewerb dokumentieren) bei dem vorliegenden Verstoß und angesichts der Tatsache, dass sich hier vollkommen unbedeutende Wettbewerber streiten, nie mehr als 5.000 – 15.000 € ansetzen.
Das LG Bückeburg, Urt. v. 22.04.2008, Az. 2 O 62/08 hat in einem Fall, bei dem 12 Rechtsverstöße gerügt wurden, ausgeführt:
„Für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Verfügungsklägers und seines Prozessbevollmächtigen spricht nicht zuletzt der Umstand, dass in der Abmahnung vom 21.02.2008 Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden, die nach einem abenteuerlich überhöhten Gegenstandswert von 100.000,00 Euro berechnet wurden.
Ein solcher Wert ist für Fälle der vorliegenden Art, wie auch die Streitwertfestsetzung im Tenor dieses Urteils zeigt, nicht einmal ansatzweise gerechtfertigt. Wenn in dem Abmahnschreiben vom 21.02.2008 dann auch noch die Rede davon ist, dass es sich um einen "für Fälle dieser Art geringen" Streitwert handeln soll, ist eine solche Aussage nicht nur aberwitzig falsch, sondern geradezu dreist.
Sie grenzt jedenfalls an einen strafbaren Betrug und eine ebenso strafbare Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) und dürfte die Grenze der Straflosigkeit wahrscheinlich bereits überschritten haben. Die Annahme eines derart überhöhten Wertes kann einzig und allein mit dem Interesse an der Erzielung möglichst hoher Gebühren erklärt werden.“
Solch schwerwiegende Vorwürfe sollen dem abmahnenden Kollegen ohne nähere Kenntnis ggf. weiterer Vorgänge nicht gemacht werden. Vielleicht lassen sich seine Ausführungen auch mit seinen eigentlichen Tätigkeitsschwerpunkten erklären. Auf seiner Homepage heißt es hierzu:
Tätigkeitsschwerpunkte der Anwaltstätigkeit:
· Miet- und Wohnungseigentumsrecht (Fachanwalt)
· Erbrecht /Testamentsvollstreckung
· Pachtrecht
· Landwirtschaftsrecht
· Grundstücksrecht
Es bleibt zu hoffen, dass die diesem Beitrag zugrunde liegende Abmahnung nur ein einmaliger „Ausritt“ eines Höferechtlers war…
RA Jörg Faustmann
Jörg Faustmann ist Mitbegründer der bundesweit tätigen Kanzlei Faustmann · Neumann Rechtsanwälte http://www.fn-rae.de/, mit Tätigkeitsschwerpunkt im Gewerblichen Rechtsschutz und sonstigem IT-Recht. Er veröffentlicht seit Jahren insbesondere zu wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen in den einschlägigen Fachzeitschriften.
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