Um den Absatz des eigenen Online-Shop zu fördern und die Bekanntheit zu steigern, greifen immer mehr Shopbetreiber auf Suchmaschinenmarketing (SEM) zurück. Doch Verträge mit entsprechenden Marketing-Agenturen enthalten nicht immer alle für den Kunden wichtige Regelungen. Aber worauf müssen Sie bei SEM-Verträgen besonders achten?
Lesen Sie hier mehr in einem Gastbeitrag von RA Dr. Martin Schirmbacher.
Häufig wird in der Werbebranche über vertragliche Vereinbarungen nicht viel Aufhebens gemacht. Die Konditionen und den Leistungsumfang bespricht man üblicherweise kurz am Telefon oder im Rahmen eines Pitch, wobei anschließend das Vereinbarte allenfalls im Rahmen eines Angebotes festgehalten wird oder aber eine kurze Bestätigung per Telefax erfolgt. Dies gilt für die Online-Werbebranche in gleicher Weise.
Dieses Verfahren geht in 90% der Fälle gut. Hin und wieder kommt es aber zu Diskussionen mit dem Kunden. Streitigkeiten zwischen Agentur und dem Kunden werden in der Regel durch Nachverhandlungen (Preisnachlässe) geregelt, die bisweilen auf beiden Seiten einen faden Beigeschmack hinterlassen.
Streitgegenstände
Die Gegenstände von Streitigkeiten sind vielfältig. Bei gestalterischen Leistungen geht es häufig um die Rechte an den Arbeitsergebnissen. Bei der Suchmaschinenoptimierung ist es oft der (ausbleibende) Erfolg. Media-Agenturen haben dagegen ab und an Streit mit Kunden über zunächst verdeckte, später aufgedeckte Kickbacks.
Ein häufiger Streitpunkt bei Verträgen über Suchmaschinenmarketing ist die Frage der Verantwortlichkeit für Rechtsverletzungen. Wird etwa der Werbetreibende wegen der Buchung fremder Marken als Keyword bei Google-Ad-Words kostenpflichtig abgemahnt, kann sich die Frage stellen, ob der Kunde die Agentur wegen der entstandenen Kosten in Anspruch nehmen kann.
In der Praxis bieten insbesondere SEM-Verträge nicht einmal ein Mindestmaß an Sicherheit für Kunde und Agentur für Streitfälle.
Regelungsgegenstände
Im Folgenden sollen die wesentlichen Regelungsgegenstände eines Vertrages zwischen einer SEM-Agentur und ihrem Kunden kurz dargestellt werden.
Leistungsbeschreibung
Zunächst ist die Definition der konkret geschuldeten Leistung wesentlicher Bestandteil eines jeden Vertrages. Sie hat ihren Platz in dem Auftragsformular oder in einem im Einzelnen ausgehandelten Vertrag.
Aus Sicht der Agentur sind möglichst enge Leistungsdefinitionen zu empfehlen. Je weiter und je offener die Leistungsbeschreibung ist, umso weiter ist der Kanon möglicher Pflichtverletzungen, umso größer auch die Gefahr, wegen Nicht- oder Schlechtleistung in Anspruch genommen zu werden.
Eine Konkretisierung dessen, was tatsächlich geschuldet ist, empfiehlt sich auch aus Sicht des Kunden. Nur wenn das Besprochene sich auch in dem Vertrag wiederfindet, kann der Kunde realistisch einschätzen, ob die vereinbarte Vergütung sachgerecht ist.
Geregelt werden sollte in jedem Falle, wer die Auswahl der Keywords bestimmt und ob die Agentur verpflichtet ist, die Buchung der Keywords auf die Vereinbarung mit geltendem Recht hin zu untersuchen.
Vergütungsmodelle
Ein wichtiger Vertragsbestandteil ist natürlich die Regelung der Vergütung der Agentur. Dabei gibt es verschiedene Vergütungsmodelle für die SEM-Verträge. Derzeit am geläufigsten ist eine monatliche Pauschalvergütung. Denkbar ist aber auch eine aufwandsbezogene Vergütung nach Mannstunden oder nach Einzelleistungen wie beispielsweise einzelnen Keyword-Kampagnen. Letztlich kann auch eine erfolgsbezogene Vergütung vereinbart werden, wobei es sich empfiehlt, genau zu definieren, worin der konkrete geschuldete Erfolg liegt. Eine erfolgsbezogene Vergütung verschiebt das Geschäftsrisiko stark auf die Agentur, die ja nur bedingt Einfluss auf die Qualität der Produkte und der Website des Kunden hat. Natürlich sind auch alle möglichen Kombinationen aus diesen Modellen denkbar. Hier sollte der Kunde vorab überlegen, welches Vergütungsmodell für ihn in Betracht kommt.
Nebenpflichten des Kunden
Nebenpflichten des Kunden sind Pflichten, die ihn über die Leistung der Vergütung hinaus treffen. Diese werden in der Praxis so gut wie nie geregelt, obwohl die Agenturen auf diesen Punkt in der Regel angewiesen sind.
Mögliche Nebenpflichten des Kunden sind etwa die Benennung eines Ansprechpartners, der in der Lage ist, alle Entscheidungen, die im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis stehen, zu treffen und zu kommunizieren, um ein Zuständigkeitschaos auf Kundenseite zu vermindern. Stets wichtig ist die Regelung darüber, wer Herr über den Account ist. Wer soll berechtigt sein, Änderungen an den Account-Einstellungen vorzunehmen?
Haftung
Während der Kunde selbstverständlich eine möglichst umfassende Haftung des Anbieters möchte, ist der Agentur stets daran gelegen, die Haftung möglichst zu begrenzen. Fehlen vertragliche Regelungen, gilt das Gesetz mit der Folge, dass die Agentur jeden Schaden, der durch Handlungen der Agentur oder deren Beauftragte schuldhaft verursacht wird, zu ersetzen hat. Die Agentur haftet folglich für die Auswahl der Keywords, die Gestaltung der Anzeigen sowie bei einer Abstrafung durch Google bei Verstoß gegen die Google-Richtlinien.
Bei Abmahnung wegen rechtswidriger Werbung durch die Konkurrenz hat der Kunde einen Schadensersatzanspruch gegen die Agentur. Daher sind Regelungen über den Leistungsumfang und zur Haftungsbegrenzung empfehlenswert.
Folgen für die Vertragsgestaltung bei SEM
Für das Verhältnis zwischen SEM-Agentur und Kunde ist die Leistungsbeschreibung das A&O. Im Zweifel sollte die Agentur den Kunden über die verschiedenen Möglichkeiten aufklären und sein Einverständnis einholen. Vergütungsmodelle sind im konkreten Einzelfall bis zum Ende durchzudenken. Stets empfehlenswert ist aus Sicht der Agentur eine Haftungsbeschränkung der Höhe nach oder jedenfalls ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit.
Über den Autor
RA Dr. Martin Schirmbacher
Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht und seit Jahren in der auf Medien und Technologie spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei HÄRTING Rechtsanwälte (www.haerting.de) tätig. Er prüft dort unter anderem Online-Geschäftskonzepte seiner Mandanten und zeigt Wege zur rechtssicheren Ausgestaltung der Geschäftsidee.
Weitere Informationen der Kanzlei HÄRTING:
Danke gute Tips
Vielen Dank, werde ich auf jeden Fall in zukünftige Entscheidungen einfließen lassen.
Sehr wichtige Infos!
Worauf man auch achten sollten ist, dass z.B. das AdWords Konto nicht der Agentur gehört sondern die Agentur Zugriff auf das Konto des Shopbetreibers bekommt. So bleibt das Konto auch nach Beendigung des Vertrages erhalten und eine neue Agentur muss nicht komplett von vorne anfangen.
Sehr praxisnaher Kommentar von Michael. Ergänzend hierzu noch die Anmerkung, daß falls erforderlich der Rückbau von Ziel-URL’s mit Beendigung des Vertrags durch den Dienstleister zu erfolgen hat. Häufig leitzet dieser zum Zwecke des Trackings die Ziel-URL zunächst über eigene Server. Bei mehreren 100.000 Keywords kann der hierfür erforderlich teil-manuelle Aufwand durchaus ins Gewicht fallen.
Ich denke die Streitigkeiten bei Rechtsverletzungen umgeht eine Gute SEM Agentur im Vorfeld durch die Freigabe der Keywords und Kampagnen des Kunden. Dies ist zumindest eine Möglichkeit. Gerade zum Start (oder auch im Pitch) spricht man doch wesentlich öfter miteinander und geht danach in die Tiefe. Ich kenne im Geschäft keinen Auftraggeber die diese Sachen dem Zufall überlassen. Und sicherlich gibt es eine Vielzahl an SEM Agenturen, die gerade die Vertragsgestaltung offen und sher ordentlich durchführen. Man möchte doch mit dem Auftraggeber arbeiten und wachsen. Stellt man also im Vorfeld fest, dass die gesteckten Ziele des Kunden schwer oder gar nicht erreichbar sind, ist genau hier der richtige Zeitpunkt um neue Ziele zu entwickeln. Sollte man dann immer noch nicht auf Kurs kommen denke ich, das gute Agenturen hier noch immer Gegensteuern, optimieren etc. um den CPO des Kunden zu erreichen. So kenne ich es. Über alles kann man sprechen, wie üblich im Vertragswesen.
Aus meiner Erfahrung sind zudem Regelungen für Tracking- oder Gesamtausfälle der Kundenseite sowie über die Verwendung des Markennamens als Suchbegriff ebenfalls sinnvoll.
Anzumerken wäre auch noch, dass man sich als Kunde nicht auf zu lange Vertragslaufzeiten einlassen sollte oder zumindest erstmal auf eine 3-4 monatige Testphase zu bestehen. Ist eine SEM Agentur von der eigenen Arbeit und dem zu erwartenden Erfolg überzeugt wird sie es nicht nötig haben den Kunden künstlich z.B. an 12 Monatige Vertragslaufzeiten zu binden. Habe zum Thema Tipps zur Auswahl einer professionellen SEM Agentur gerade einen Beitrag im offiziellen Adwords Blog veröffentlicht:
http://adwords-de.blogspot.com/2010/07/wie-finde-ich-eine-professionelle.html