Im BGB finden sich insgesamt vier Ausnahmen für Verträge über Waren, die vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind. Diese Ausnahmen sind allerdings alles andere als eindeutig formuliert. Welche Waren in welchem Falle und welche der Ausnahmen fällt, darüber informieren wir Sie hier im Blog. Nachdem es im letzten Teil um Ware ging, die zur Rücksendung nicht geeignet ist, beleuchten wir heute die Ware, die nach Kundenspezifikation hergestellt wurde, etwas näher.
Gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB ist das Widerrufsrecht unter anderem ausgeschlossen bei Verträgen über die Lieferung von waren,
die nach Kundenspezifikation angefertigt werden.
Grundlage ist ein BGH-Urteil
Unter die gesetzliche Ausnahme scheinen zunächst alle Produkte zu fallen, die der Kunde irgendwie personalisiert hat. Dem ist aber nicht so. Die Grundlage für die Bewertung, welches Produkt unter die Ausnahme fällt, hat der BGH mit seinem Urteil vom 19.03.2003 (AZ: VIII ZR 295/01) geliefert. In dem Fall ging es um einen Kunden, der einen PC bestellt hatte und diesen durch diverse Zusatzmodule (DVD-Laufwerk, Zusatzakku, etc.) individualisiert hatte. Dann widerrief er den Vertrag. Der Händler meinte, das Widerrufsrecht sei ausgeschlossen.
Dem widersprach jedoch der BGH. In seinem Urteil legte er fest, dass zur Beurteilung des Ausschlusses nach dieser Ausnahme eine zweistufige Prüfung vorzunehmen sei:
1. zunächst muss festgestellt werden, dass sich die Ware nicht ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfähigkeit ihrer Bestandteile mit verhältnismäßig geringem Anteil wieder in den Zustand vor der Anfertigung versetzen lässt.
Im Fall des BGH war dies möglich, da es sich um Standardbauteile handelte, die ohne Verlust an Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder auseinander genommen werden konnten.
2. muss überprüft werden, ob die die Sache nach Rücknahme wirtschaftlich wertlos wird, weil sie vom Kunden derart individualisiert wurde, dass die Ware nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen abgesetzt werden kann.
Beim Wieder-Auseinandernehmen des Laptops entstanden dem betroffenen Händler Kosten von 150 Euro, was weniger als 5 % des Ausgangswertes waren. Dies sah der BGH als zumutbare Belastung an. Der Kunde konnte den Vertrag widerrufen.
Ist beim Möbelkauf das Widerrufsrecht ausgeschlossen?
Sehr häufig erreichen uns Fragen von Möbelhändlern, ob das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, weil die Möbel extra auf Bestellung des Kunden angefertigt werden. Auch hier muss die zweistufige Prüfung des BGH zu Grunde gelegt werden. Dabei ist wichtig, dass man diese Prüfung für jedes Produkt aufs Neue durchführen muss und nicht pauschale Ausschlüsse daraus herleiten kann.
Die Herstellung, nachdem der Kunde bestellt hat, allein ist kein ausreichendes Argument für einen Ausschluss. Vielmehr muss auch hier geschaut werden:
1. Können die Möbelstücke wieder auseinander gebaut werden?
2. Können widerrufene Möbelstücke wieder veräußert werden ohne wesentliche wirtschaftliche Einbuße?
Zur ersten Frage muss man sich das Möbelstück genau anschauen: ein Schrank aus Standardbrettern ist einfach wieder zu zerlegen. Ebenso eine Couch aus Standardbauteilen. Eine maßgefertigte Einbauküche, die genau auf die Räumlichkeiten des Bestellers zugeschnitten ist, dürfte aber wohl nicht darunter fallen.
Bei der zweiten Frage dürfen nicht alle Kosten mit berechnet werden, die dem Händler in Folge der Ausübung des Widerrufsrechtes entstehen. So sind zum Beispiel die Kosten der Rücksendung nicht mit einzubeziehen, da diese schon nach dem Wortlaut des Gesetzes im Risiko des Unternehmers liegen. Auch dürfen evtl. Einlagerungskosten nicht mit berechnet werden. Der Unternehmer allein trägt das Risiko für seine Wahl des Vertriebs. Entscheidet er sich dafür, Ware immer erst nach Bestellung herstellen zu lassen und verzichtet auf ein großes Lager, so liegt diese Entscheidung allein in seinem Risikobereich.
Um die zweite Frage beantworten zu können, dürfen lediglich Kosten berücksichtigt werden, die unmittelbar mit der Kundenspezifikation der Ware zu tun haben. Darunter fallen z.B. die Kosten der Wieder-Zerlegung der Ware (also z.B. die Arbeitskosten für das Auseinanderbauen des Schrankes).
Händler trifft Entscheidung für den Kunden
Nicht selten bieten Hersteller die Möglichkeit aus einer Vielzahl von Varianten z.B. Farben, Größen, Muster, Stoffqualität, etc. zu wählen. Viele Händler sehen die Gefahr, dass ihre Kunden durch eine derart vielfältige Auswahl überfordert werden und treffen bereits eine Vorauswahl an Produkten und verkaufen diese dann in ihrem Shop. Der Verbraucher hat dann keine Auswahlmöglichkeit, sondern ihm werden lediglich Standardprodukte angeboten.
Hier muss man gar nicht erst zu den 2 Schritten der Prüfung gehen, da es bereits am Merkmal der “Kundenspezifikation” fehlt. Wenn der Händler hier bereits eine Vorauswahl getroffen hat und diese dann als Standardprodukte in seinem Shop online stellt, so sind diese Produkte nicht vom Widerrufsrecht wegen Kundenspezifikation ausgeschlossen.
Bedruckte T-Shirts
Gerade im Online-Handel wird oft die “Individualisierung” von T-Shirts angeboten. Dabei wird ein Motiv untrennbar mit dem T-Shirt durch den Druck verbunden. Ein “Auseinandernehmen” dieses so entstandenen Produktes scheidet von vornherein aus.
Also muss differenziert werden, wie individuell dieser Druck wirklich ist. Zweifellos sind T-Shirts von der Rücksendung ausgeschlossen, wenn der Kunde ein Foto hochladen kann und dieses dann als Motiv auf dem Shirt dient.
Kann der Kunde aber aus einer Auswahl von vorgegebenen Motiven oder Texten ausgewählen, muss differenziert werden. Handelt es sich um wenige Individualisierungsmerkmale (z.B. nur ein Motiv) und ein häufig nachgefragtes Trägermedium (z.B. weißes T-Shirt in Größe L), wird sich ein anderer Abnehmer relativ leicht finden lassen. Hingegen kann man bei mehreren Individualisierungsmerkmale (z.B. Motiv und Text) sowie eher seltenen Trägermedien (z.B. rosa Body in Größe XS) nicht davon ausgehen, dass die Ware in absehbarer Zeit weiterveräußert werden kann. Trotz vorgegebener Optionen kann daher durchaus ein Ausschluss des Widerrufsrechts vorliegen.
Gleiches gilt auch für andere bedruckbare Trägermedien, wie z.B. Tassen oder Bettwäsche.
Maßgefertigte Kleidung
Auf den ersten Blick gebietet schon das Wort “Maßanfertigung”, dass diese vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, weil sie nach Kundenspezifikation gefertigt wurde. Aber auch hier muss man eine Diffenzierung vornehmen. So findet ein maßgefertigter, schwarzer Anzung in Größe 52 schnell einen neuen Abnehmer. Schon schwerer dürfte es dagegen bei einem weißen Lederanzug in Größe 112 aussehen.
Klar vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist eine Maßanfertigung wohl dann, wenn der Kunde bei der Bestellung seine individuellen Körpermaße in eine freie Maske eingibt, Farbe, Material, Nähte, Knöpfe und Schnittform wählt.
Unser Tipp für Shopbetreiber:
Da für jedes Produkt aufs Neue geprüft werden muss, ob es vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, sollte man auf jeden Fall nur über die gesetzlichen Ausnahmen informieren und diese nicht durch Beispiele veranschaulichen, da hier die Gefahr von Abmahnungen enorm hoch ist. Man kann auch verallgemeinert sagen, dass die Kosten durch einen Widerruf geringer sein können als durch eine Abmahnung und evtl. anschließendem Gerichtsverfahren.
[hubspotform whitepaper=”true” title=”Gratis Whitepaper-Download ‘Ausnahmen vom Widerrufsrecht'” image_path=”” image_text=”Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind sehr abstrakt im Gesetz formuliert. Die Rechtsprechung hat sich aber bereits mit mehreren Fällen beschäftigt, die wir übersichtlich für Sie zusammengestellt haben, damit Sie sicher mit Retouren umgehen können.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”154f09d0-9036-4000-96e1-5db59cfd91da” css=””]
Bildnachweis: Piotr Adamowicz/shutterstock.com
Hallo Zusammen,
es ist immer wieder das selbe “Lied”. Wenn schon darüber gesprochen werden MUSS ob ein von Kunden bestellter Schrank zurückgegeben werden kann…. sorry, aber es kann doch nicht unsere Aufgabe sein die Kosten zu bestimmten einen Schrank wieder abzubauen. Wer definiert denn hier die Kosten? Mein Stundensatz liegt bei 250,– EUR netto, wenn ich also den Schrank abbauen lohnt es sich vielleicht nicht mehr. Ein anderer hat einen Stundensatz von 40,– EUR netto, da sind die Kosten also geringer?
Kunde geht in den lokalen Laden, nimmt den Katalog des Händlers und bestellt eine Waschmaschine. Da gibts kein Widerrufsrecht oder ähnlichem Mist. Hey, der Kunde hat die Ware noch nicht gesehen, nicht prüfen können usw. – aber egal, der hat im Laden gekauft und damit gibts kein Widerrufsrecht oder Rückgaberecht. Keiner hat ein Problem damit. Und wir Online Händler diskutieren über ein personalisiertes T-Shir und in wie fern es wirklich personalisiert ist.
Armes Deutschland!
Grüsse,
Chris
Wenn in einem Online-Shop ausschließlich Waren verkauft werden, für die laut BGB das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, kann die Widerrufsbelehrung dann komplett weggelassen werden?
Hallo, wir sind dabei ein Onlineshop für individuelle Schmuckstücke anzubieten, der kunde kann sich dabei ein vorgegebenes Design aussuchen und dieses selbst konfigurieren, den Goldton ändern, die Steinarten abändern sowie natürlich die Ringgröße eingeben, hat der Kunde in diesem Falle der Konfiguration (Spezifikation) ein Umtauschrecht?
Vielen dank
Ist es richtig das es zu dem PC Konfigurator, also Kunde stellt sich einen PC zusammen bekommen diesen geliefert und will diesen Vertrag dann Widerrufen, hat sich zu diesem BHG Urteil irgendetwas geändert?
Wie verhält sich sowas denn bei angepassten Sachen, zum Beispiel Trauringe. Die Trauringe können ja in den meisten Fällen nicht mehr anderweitig verkaufen. Da dürfte doch ein Umtausch ausgeschlossen sein oder?
Grüsse
Koli
Hallo ein Kunde hat von mir ein Waschmaschine bestellt und Angezahlt am 19.05. Seit 20.5 ist es bei mir im geschäft Und will das Gerät nicht kaufen und das geld zurück was kann ich tun oder was darf ich tun.
Mfg
Hallo, wie sieht es mit induviduell angefertigter Farbe aus? Wenn ein Kunde aus, sagen wir mal einen von 500 verschiedenen Farbtönen aussucht der extra für den Kunden gemischt worden ist? Das irgendein anderer Kunde genau diesen Farbton haben möchte ist wohl mehr als unwahrscheinlich. Was denkt Ihr?
Pauschal kann man diese Frage nicht beantworten, weil es genau darauf ankommt, welche Farbe sich der Kunde hat mischen lassen.
Ein Kunde ruft mich an und will ein Angebot über 12 Handy’s. Er bekommt ein Angebot und akzeptiert es. Die Ware wird ihm vom Großhandel direkt zugesand. Alles funktioniert, bis auf einen Zusatzdienst. Die Lautstärke des Zusatzdienstes ist nicht laut genug für seine Zwecke. Er will alles wieder zurückgeben. Drei von den 12 wurden benutzt. Außerdem hatte er zuvor eins vom gleichen Typ über eBay von mir gekauft zum ausprobieren. Der Großhandel leht es ab die Ware zurückzunehmen. Muss ich jetzt die Ware zurücknehmen und das gezahlte Geld zurück überweisen?
Wir können und dürfen hier im Blog keine individuelle Rechtsberatung leisten. Bitte wenden Sie isich mit Ihrer Frage an einen Rechtsanwalt.
Ich habe grade ähnliches…Kundin bestellt einen Pferdesattel und unterschreibt die Bestellung, sie wurde drauf hingewiesen das die Herstellung 6 bis 8 Wochen dauert. Nun nach 10 Tagen ( wir haben ihr einen Sattel gegen geringe Gebühr zur Verfügung gestellt) will sie den bereits bezahlten Sattel nicht mehr, dieser wird aber auf ihren Wunsch extra für sie und das Pferd (welches sie nun auch nicht mehr will) gefertigt.
Muss ich den Sattel abbestellen weil die Dame ihn nicht mehr will, bzw ja nicht mehr braucht weil das Pferd weg soll?
Guten Tag,
mich würde interessieren, wie Sie das Widerrufsrecht für Neufahrzeuge einschätzen, die nach Kundenwunsch mit dem vom Hersteller vorgegebenen Konfigurator zusammengestellt (keine individuellen Details wie Schriftzüge o. ä.) und online bestellt wurden?
Diese sind m.E. nicht per se vom Widerruf ausgenommen, sondern nur, wenn sehr seltene Kombinationen vorliegen (z.B. lila metallic mit 400 PS und gelben Ledersitzen), die der Verkäufer nicht oder nur mit hohen Abschlägen wieder veräußern kann.
Hallo,
Wie sieht es aus mit dem Widerrufsrecht bei elektrischen Funkjalousien? Die wurden bei uns falsch geplant und müssen aus ästhetischen Gründen geändert werden.
Vielen Dank schon mal!
Hallo zusammen,
Ich habe mal eine frage und gleichzeitig bitte ich um eine Antwort.
Ich möchte gerne einen Online Shop eröffnen und Fliesen verkaufen.
Kann man bei Fliesen das Widerrufsrecht ausschliessen ?
Wieso ich frage ist, wenn der Kunde die Fliesen öffnet und sie irgendwie ein kleines bisschen beschädigt kann ich diese nicht weiter verkaufen und muss diese entsorgen.
Der Kunde würde bestimmt nicht so ehrlich sein und sagen es war “meine” Schuld sondern würde es zu 100% auf den Verkäufer abdrücken.
Gibt es da irgendwelche ausnahmen das man kein Widerrufsrecht anbietet ?
Ich danke im Voraus für euere Hilfe.
Gruß Senad