Im Oktober 2007 entschied der BGH, dass im Onlineshop neben dem Preis noch kein Hinweis auf Versandkosten vorhanden sein muss, wenn das Produkt noch nicht in den Warenkorb gelegt werden kann. Damit wurde zahlreichen Abmahnwellen die Grundlage entzogen. Doch nun entschied das OLG Stuttgart, dass dies bei Preissuchmaschinen nicht gelten soll, hier seien direkt neben dem Preis die Versandkosten zu nennen.
Wie passt das zu der BGH-Entscheidung? Droht nun eine neue Abmahnwelle?
Im dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall (Urteil v. 17.01.2008, 2 U 12/07) hatte ein Onlinehändler Preisangaben über eine Kamera an eine Produktsuchmaschine weitergeleitet. Diese Preisvergleichsseite enthielt jedoch keinerlei Informationen zu Versandkosten und Mehrwertsteuer. Dies mahnte ein Konkurrent ab und war auch vor dem OLG Stuttgart erfolgreich.
Zunächst stellte das Gericht klar, dass Verstöße gegen Regelungen zu Preisangaben wettbewerbswidrig sind. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer eine Marktverhaltensregel verletzt. Eine solche stelle der hier einschlägige § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV dar, so das OLG Stuttgart:
„Preisangaben sollen durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber den Unternehmern stärken und fördern.“
Weiterhin hat das OLG Stuttgart entschieden, dass die in der Suchmaschine übernommenen Veröffentlichung der Klägerin als Werbung zu betrachten und vom § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 PangV umfasst seien.
„Wer nur wirbt, muss keine Preise angeben. Wenn der Unternehmer aber unter Angabe von Preisen wirbt, muss er grundsätzlich vollständige Angaben machen ... Eine Werbung unter Angabe von Preisen liegt vor, wenn ein Einzelpreis oder ein bestimmter Preisbestandteil angegeben wird ... .“
Werden die Liefer- und Versandkosten nicht in den Angaben, welche der Suchmaschine zu entnehmen sind, sondern erstmals in der über einen „Link“ erreichbaren Internetseite des Werbenden genannt, genüge dies nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 6 PAngV, so das OLG Stuttgart.
Das Gericht erwähnt dabei zunächst die Entscheidung des BGH zu Versandkostenangaben in Shops. Dort heißt es:
„Wenn wie hier Waren des täglichen Gebrauchs beworben und angeboten werden, ist dabei maßgeblich auf den durchschnittlichen Nutzer des Internets abzustellen ... . Dieser ist mit den Besonderheiten des Internets vertraut; er weiß, dass Informationen zu angebotenen Waren auf mehrere Seiten verteilt sein können, die untereinander durch elektronische Verweise („Links“) verbunden sind.“
Informationen in anderen, über „Links“ erreichbaren Rubriken genügen nach Ansicht des OLG Stuttgart bei Suchmaschinen-Veröffentlichungen allerdings nicht.
„Ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur Seiten aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird. ...
Die Angaben nach der Preisangabenverordnung benötigt der Verbraucher jedoch nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst. Daher müssen sie bereits dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sein (§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV). ...
Wird die Preisangabe - wie vorliegend - ohne Versandkosten in eine Preissuchmaschine eingestellt, so ist zum einen die von der Preisangabenverordnung bezweckte Vergleichbarkeit im Endpreis nicht gewährleistet, und zum anderen erliegt der Verbraucher der durch die bloße Preisangabe vorgegebenen Weichenstellung bereits dann, wenn er sich über einen „Link“ in das virtuelle Ladenlokal des Werbenden begibt.
Mit diesem Schritt ist er zunächst ausschließlich dessen weiterer Werbung ausgesetzt. Die wettbewerbliche Lage ähnelt stark derjenigen, in welcher der Verbraucher auf Grund einer wettbewerbswidrigen Werbung das - tatsächliche - Ladenlokal des Werbenden aufsucht. Er findet sich in einer Verfangenheit wieder.
Konkurrenten haben, solange er sich in jenem Raum bewegt, zu ihm keinen Zugang mehr. Informationen, welche der Verbraucher erst dort erhält, gleichen das den zuletzt genannten Unlauterkeitsvorwurf begründende Defizit der in der Suchmaschine geschalteten Werbung deshalb nicht aus.“
Die fehlende Angabe zu Versandkosten stelle auch eine relevante Irreführung i.S. von § 5 UWG dar, so das OLG Stuttgart:
„Durch die Angabe eines Verkaufspreises ohne Versandkosten entstand bei einem nicht unerheblichen Teil der dem neuen Verbraucherleitbild entsprechenden Verbraucher der sachlich falsche Eindruck, die beworbene Kamera könne zu dem angegebenen Preis ohne weitere Kosten erworben werden, weil es beim Kauf von Waren des hier in Rede stehenden Preissegmentes nicht unüblich ist, dass die Lieferung frei Haus erfolgt. Dies kann der Senat aus eigener Kenntnis beurteilen. Die Klägerin räumt es auch selbst ein.“
Dieser Verstoß sei nach Auffassung des OLG Stuttgart auch nicht unerheblich und stellt dabei auch auf die Relevanz der Versandkosten für das Ranking in der Suchmaschine ab:
„Schon auf Grund der potentiell unbegrenzten Verbreitung der fehlerhaften Angabe im Internet und der prozentual wie absolut nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen Gestehungskosten für den Verbraucher gegenüber den angegebenen scheidet eine Einstufung des Verstoßes als unerheblich aus.
Hinzu tritt, dass unstreitig schon ein geringer nominaler Preisunterschied in der betroffenen Warengruppe zu einer Verschiebung um viele Plätze in der durch die Suchmaschine ausgeworfenen Rangliste führen und dadurch den Wettbewerb stark beeinflussen kann.“
Hiermit wendet sich das OLG Stuttgart gegen die Ansicht des OLG Hamburg (Beschluss v. 11.9.2006, 3 W 152/06). Das Gericht hat darauf abgestellt, dass der Nutzer einer Suchmaschine in Rechnung stellen müsse, dass bei Veränderungen der Preise bis zu einem Update der Suchmaschine ein gewisser Zeitraum vergehen werde.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Unklar ist, ob es vor dem BGH Bestand hat. Dagegen spricht, dass der BGH ausdrücklich entschieden hat, dass Versandkosten erst kurz vor Einleitung des Bestellvorgangs genannt werden müssen, weil dem Verbraucher geläufig ist, dass solche Kosten anfallen. Durch Klick eines Produktes in der Preissuchmaschine wird aber noch kein Bestellvorgang eingeleitet, sondern der Kunde gelangt zum Shop und findet dort die Versandkostenaufstellung vor.
Gleichwohl besteht nun die Gefahr, dass Onlineshops, die ihre Produkte in Suchmaschinen einstellen, die keine Versandkosten listen, von Abmahnungen betroffen sind. Daher sollten nur solche Suchmaschinen eingesetzt werden, die ein entsprechendes Listing gewährleisten. (cf)
Siehe auch hier im Blog: