Weil von ihm laut Ansicht des Gerichts die Gefahr weiterer Straftaten ausging, war eine Freiheitsstrafe für den Abmahnanwalt von Gravenreuth unumgänglich. Sogar die zukünftige Anwaltszulassung stellte der gegnerische Anwalt in Frage. Erst jetzt wurde die schriftliche Begründung veröffentlicht.
Seine Gegner nennen ihn den "Abmahn-Vampir". Fest steht: Der Münchner Anwalt Günter Freiherr von Gravenreuth ließ wenig aus, um Menschen gegen sich aufzubringen. Er klagte gern. Und er klagte oft. Bis er vergangenes Jahr auf sein vorerst letztes Opfer traf: die taz.
Im September verurteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten Gravenreuth zu sechs Monaten Freiheitsstrafe - wegen versuchten Betrugs an der taz. Doch erst jetzt veröffentlichte Richterin Nissing die schriftliche Begründung. Darin heißt es: "Er zeigt keine Einsicht und hätte die taz GmbH nicht einen derart guten Rechtsanwalt gehabt, hätte der Angeklagte trotz Kenntnis aller Umstände, die zum Erlöschen der Forderung geführt haben, die Internetdomain verwertet. Es war unbedingt erforderlich, mit Freiheitsstrafe auf den Angeklagten einzuwirken, um auch die Allgemeinheit vor dem Verhalten des Angeklagten zu schützen." (Vollständiger TAZ-Bericht hier)
Das Verschicken von Abmahnungen an sich geht aber munter weiter. In einem zweiten Artikel berichtet die TAZ über andere tüchtige Abmahner:
Zwei der eifrigsten Abmahner Deutschlands sind das Ehepaar Marion und Folkert Knieper aus der Lüneburger Heide. Auf www.Marion-Kochbuch.de befinden sich derzeit 2986 Rezepte - "alle mit Bild", wie der Besucher schon beim ersten Googlen erfährt. Wer jedoch eines dieser selbst geschossenen Fotos auf seine Website stellt, läuft Gefahr, Post vom Knieper'schen Anwalt zu bekommen. Neben einer nachträglichen Zahlungsaufforderung für die Nutzung des Schnappschusses wird darin auch sofort Abmahngebühr in Rechnung gestellt. "Mehrere hundert Abmahnungen sind es bestimmt gewesen", sagt Folker Kniepert gegenüber taz.de. Das Paar führe eine eigene Datenbank mit Verstößen, aus der sich ihre Anwälte erfolgversprechende Fälle gezielt aussuchen. (Vollständiger TAZ-Bericht hier)
Laut einer Studie der Trusted Shop GmbH vom April hat die Hälfte der Abgemahnten einen Schaden von über 1.500 Euro, in Einzelfällen mehrere Zehntausend Euro. Kein Wunder, dass sich 40 Prozent der Betreiber in ihrer Existenz bedroht sehen. Nur 12 Prozent fanden die erfolgten Abmahnungen in vollem Umfang berechtigt – dagegen sah sich fast die Hälfte (49 Prozent) völlig zu unrecht abgemahnt. Häufigster Abmahn-Anlass waren mögliche Verstöße gegen das Widerrufs- sowie das Markenrecht.
Lesen Sie mehr zu den Ergebnissen der Trusted Shops Studie hier.
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