Seit Jahren werden gewerbliche Händler im Internet von Abmahnungen zur Widerrufsbelehrung bedroht, obwohl sie den Mustertext des Bundesjustizministeriums verwenden. Nachdem die Bundesregierung zunächst fünf Jahre lang nichts an dem Muster ändern wollte, überschlagen sich derzeit die Ereignisse. Vor allem Aktivitäten der FDP-Bundestagsfraktion sowie des DIHK und Trusted Shops haben dazu geführt, dass nun doch an Korrekturen gearbeitet wird.
Die aktuelle Ausgabe von "Internethandel" berichtet über die Hintergründe.
Die unübersichtliche Rechtslage im E-Commerce ist allen Beteiligten ein Dorn im Auge. Heiß diskutiert wird in diesem Zusammenhang die Widerrufsbelehrung, die häufig zu Abmahnungen führt. Besonders kritisch: Das amtliche Muster des Bundesjustizministeriums (BMJ). Ministeriumssprecher Henning Plöger erklärt, dass Abhilfe geschaffen werden soll: „An Verbesserungen des amtlichen Musters wird gearbeitet. Wir sind zwar nach wie vor der Auffassung, dass es rechtlich korrekt ist, aber Entscheidungen einzelner Instanzgerichte haben in der Praxis zu Verunsicherungen geführt.“ Man wolle natürlich nicht, dass die Verwirrung im Onlinehandel bestehen bleibe. „Unser Entwurf zur Optimierung liegt derzeit den Bundesressorts vor. Wir hoffen, noch im Laufe des Oktobers die Länder und Verbände beteiligen zu können“, so Plöger.
Welche Veränderungen genau geplant sind, werde nicht veröffentlicht. Carsten Föhlisch kritisiert: „Ein seriöser Anwalt kann derzeit für keine Form einer Widerrufsbelehrung garantieren, dass sie nicht abgemahnt werden kann.“ Der Rechtsanwalt und Justiziar von Trusted Shops bemängelt auch die unüberschaubaren Informationspflichten im E-Commerce, unterstreicht dann aber: „Eine unserer aktuellen Studien ergab, dass die Widerrufsbelehrung mit 26 Prozent der häufigste Grund für eine Abmahnung ist.“
Deshalb fordert Trusted Shops gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag eine Verbesserung und Aktualisierung des BMJ-Musters, das zahlreiche Gerichte seit der Einführung 2002 als nicht ausreichend bewerteten.
Trotz der beschwichtigenden Statements aus dem Ministerium darf die geplante Verbesserung als Eingeständnis von Mängeln gewertet werden. „Das Wichtigste ist, dass Anwälte das offizielle Muster nicht mehr abmahnen können“, so Trusted-Shops-Geschäftsführer Jean-Marc Noël. Das Muster soll nach einer Optimierung Gesetzescharakter erhalten, damit Ruhe und Klarheit in den E-Commerce einziehen.
Eine derartige Vorgabe hätte zwar auch Nachteile, aber „die Vorteile einer Einheitlichkeit überwiegen ganz klar“, ist Föhlisch sich sicher. Rechtsanwalt Johannes Richard aus Rostock ergänzt: „Eine amtliche Vorlage ist auf jeden Fall wünschenswert, da diese für Internethändler Rechtssicherheit bedeutet.“
Zusätzlich zum angekündigten Engagement des BMJ hatte der Bundesgerichthof im Rahmen eines Verfahrens am 26. September eine Entscheidung zur Muster-Belehrung angekündigt. Diese blieb allerdings aus, weil die involvierte Bertelsmann-Tocher InmediaOne ihre Revision zurückzog.
Aber auch die anderen Punkte, die im E-Commerce-Recht noch nicht geklärt sind, sollten nicht vergessen werden: „Verbesserungen an anderer Stelle sind noch wichtiger. Etwa bei der Frage der Haftung von Anbietern für die Inhalte Dritter und für Hyperlinks. Der Gesetzgeber sollte bei der anstehenden Überarbeitung des Telemediengesetzes klare und wirtschaftsfreundliche Regelungen schaffen“, meint Oliver Süme, Vorstand Recht und Regulierung des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (eco). (nvd)
Quelle: INTERNETHANDEL, Nina von Dahlern. Beitrag als PDF hier zum Download.
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