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BGH lockert Pflicht zum Hinweis auf Umsatzsteuer und Versandkosten

Preisauszeichnung: BGH lockert Pflicht zum Hinweis auf Umsatzsteuer und VersandkostenDie Preisangabenverordnung verpflichtet Online-Händler, darauf hinzuweisen, dass in den genannten Preisen die Umsatzsteuer enthalten ist, und ob Versandkosten anfallen. Strittig war bislang, an welcher Stelle im Online-Shop diese Angaben zu machen sind. Vor allem das OLG Hamburg legte einen sehr strengen Maßstab an und meinte, ein Hinweis müsse unmittelbar neben jedem Preis vorhanden sein. Da viele Shop-Systeme dies technisch nicht hergaben, löste das OLG Hamburg damit mehrere beispiellose und teilweise rechtsmissbräuchliche Abmahnwellen aus. Dem hat der Bundesgerichtshof heute die Grundlage entzogen. Der BGH entschied, dass der Hinweis auf Umsatzsteuer und Versandkosten nicht neben jedem Preis erfolgen muss (Urteil v. 4.10.2007, I ZR 143/04).

Doch was bedeutet dies für die Gestaltung des Online-Shops im Detail?

Im Fernabsatzhandel muss gemäß § 1 Abs. 2 PAngV darauf hingewiesen werden, dass die Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen. Da viele Händler diesen Hinweis nicht unmittelbar neben jeder Preisangabe platzieren, wurden seit Ende 2004 zahlreiche mehr oder weniger seriöse Abmahnwellen gestartet. Alle Abmahnungen basierten auf der strengen Rechtsprechung des OLG Hamburg.

Nach Auffassung des OLG Hamburg müssen die Hinweise auf MWSt und Versandkosten über den Wortlaut der Vorschrift hinaus nicht nur beim Anbieten (1. Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 1 PAngV) sondern auch beim Werben mit Preisen (2. Fall des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV) erfolgen (OLG Hamburg, Urteil v. 23.12.2004 – 5 U 17/04). Zudem müssten sich die Hinweise entweder in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den beworbenen Artikeln befinden, oder der Nutzer muss in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung eindeutig zu dem Preis mit allen seinen Bestandteilen einschließlich der Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV hingeführt werden, z.B. durch einen “sprechenden Link” (OLG Hamburg, Urteil v. 12.8.2004 – 5 U 187/03). Nicht ausreichend ist nach OLG Hamburg, wenn am oberen Bildschirmrand auf die Seiten “Allgemeine Geschäftsbedingungen” und “Service” hingewiesen wird, auf denen sich die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV finden lassen. Auch ein Link mit der Beschriftung “mehr Info” erfülle diese Anforderungen nicht (OLG Hamburg, Urteil v. 3.2.2005 – 5 U 128/04).

Diese Rechtsprechung ist nun Rechtsgeschichte, denn der BGH hat in dem Revisionsverfahren gegen das Urteil des OLG Hamburg v. 12.8.2004 zugunsten der Händler und zu Lasten der Abmahner entschieden. Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer heute verkündeten Entscheidung dazu Stellung genommen, in welcher Weise im Internethandel auf die nach der Preisangabenverordnung vorgeschriebenen Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten hingewiesen werden muss. Diese Entscheidung war eigentlich schon im Juni erwartet worden, wurde aber noch einmal verschoben.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Firma Mindfactory ihren Internetauftritt so gestaltet, dass die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten weder auf der ersten sich öffnenden Internetseite mit der Abbildung und Beschreibung der beworbenen Produkte noch auf einer anderen Seite mit näheren Angaben zu den jeweiligen Produkten zu finden waren, sondern nur unter den Menüpunkten “Allgemeine Geschäftsbedingungen” und “Service” sowie nach dem Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb. Wollte ein Internetnutzer sich vor Einleitung des Bestellvorgangs über die von der Preisangabenverordnung vorgeschriebenen Angaben informieren, musste er von sich aus die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die Angaben unter “Service” durchsuchen. 

Die Elektronikkette Media-Markt hatte dies beanstandet und das Handelsunternehmen auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz verklagt. Landgericht und Oberlandesgericht Hamburg hatten der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Liefer- und Versandkosten müssten auf derselben Internetseite wie der Preis unmittelbar bei der Abbildung oder Beschreibung der angebotenen Waren stehen. Diese Rechtsprechung löste 2004 eine erste Abmahnwelle aus, und auch Media-Markt mahnte regelmäßig eine Vielzahl von Händlern wegen angeblicher Verstöße gegen die Preisangabenverordnung ab.

Der Bundesgerichtshof hat nun zwar bestätigt, dass der beanstandete Internetauftritt von Mindfactory seinerzeit den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprach. Er hat jedoch der Auffassung der Vorinstanzen widersprochen, die Preisangabenverordnung nötige dazu, die zusätzlichen Hinweise auf die Umsatzsteuer und die Liefer- und Versandkosten auf derselben Internetseite zu geben, auf der die Ware angeboten und der Preis genannt werde. In der Pressemeldung des BGH heißt es:

Dem Internetnutzer sei bekannt, dass im Versandhandel neben dem Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfielen. Er gehe auch als selbstverständlich davon aus, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthielten. Es genüge daher, wenn die fraglichen Informationen alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite gegeben würden, die der Internetnutzer bei näherer Befassung mit dem Angebot noch vor Einleitung des Bestellvorgangs aufrufen müsse.

Demnach ist es nun möglich, den Hinweis “inkl. Mwst zzgl. Versandkosten” (“Versandkosten” verlinkt auf die Versandkostentabelle) erst auf einer Produktdetailseite zu platzieren, wenn der Kunde diese Seite aufrufen muss, bevor er ein Produkt in den Warenkorb legt. Es ist nicht mehr zwingend erforderlich, dass die Angaben neben jedem Preis auf jeder Produktübersichtsseite vorhanden sind, wie dies noch vom OLG Hamburg gefordert wurde. Damit setzt der I. Zivilsenat des BGH seine äußerst begrüßenswerte Rechtsprechung zum Internetversandhandel fort. Doch Vorsicht: die Angaben müssen gemacht werden, bevor der Bestellvorgang eingeleitet wird, d.h. bevor Ware in den Warenkorb gelegt wird. Kann der Kunde von einer Übersichtsseite aus direkt bestellen, müssen die Angaben auch hier vorhanden sein. Eine Platzierung auf Produktdetailseiten reicht dann nicht aus, wenn der Kunde diese Seite nicht zunächst aufrufen muss, um einen Artikel in den Warenkorb zu legen.

Unklar ist auch noch, ob der Angaben dem Preis “unmittelbar zugeordnet” sein müssen, wie dies der Wortlaut der Preisangabenvorordnung nahe legt, oder ob es ausreicht, wenn die Angaben “leicht erkennbar und gut wahrnehmbar” sind, wie es in der Pressemeldung des BGH heißt. Dieser Transparenzmaßstab stammt aus der europäischen E-Commerce-Richtlininie, welche die Grundlage für die Pflicht zum Hinweis auf Mwst und Versand im deutschen Recht ist. Würde der letztgenannte Maßstab gelten, könnten die Angaben z.B. auch in einer Fußzeile platziert werden und müssten nicht mehr direkt neben dem Preis vorhanden sein. (cf)

UPDATE: Nach einem weiteren Urteil des I. Zivilsenats des BGH, das ebenfalls am 4. Oktober 2007 verkündet wurde (Az.: I ZR 22/05) ist nun klar, dass der Hinweis auf die Umsatzsteuer auch mittels eines Sternchenverweises in einer Fußzeile erfolgen kann, d.h. nicht neben jedem Preis platziert werden muss. In der Pressemeldung zu diesem Urteil heßt es:

“Der BGH hat zwar die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass nach § 1 Abs. 2 PAngV in der Werbung des Versandhändlers der Hinweis, dass die Umsatzsteuer enthalten ist, der Preisangabe eindeutig zuzuordnen, leicht erkennbar und deutlich lesbar sein muss. Der Hinweis müsse aber – anders als das OLG Hamburg meinte – nicht unmittelbar neben dem angegebenen Preis stehen. Vielmehr reiche es im Falle einer Anzeigenwerbung aus, wenn der Hinweis auf die Umsatzsteuer eindeutig dem Preis zugeordnet sei. Dies könne auch durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchenhinweis geschehen.”

Die Urteilsbegründung der Entscheidung I ZR 143/04 ist hier abrufbar.

Siehe auch:

BGH vertagt Entscheidung über Platzierung des Hinweises auf Mwst und Versandkosten

Falsch platzierter Hinweis auf Mwst und Versandkosten: Bagatelle oder nicht?

BGH entscheidet im Juni über Platzierung von MWSt und Versandkosten

OLG Hamburg: MWSt und Versandkosten bei Sponsored Links

Preisangaben Teil II: Bereits zwei „Abmahnwellen“

MediaMarkt mahnt wegen Fehlern bei Preisangaben ab

OLG Hamburg: Preise mit Hinweis auf MWSt und Versandkosten

Achtung: Massenabmahnung wegen MWSt u. Versandkosten