Gegen den 47jährigen Vorsitzenden des Abmahnvereins "Ehrlich währt am längsten", Peter Wagner, der noch immer in Untersuchungshaft sitzt, und dessen 21jährige Tochter Jasmin hat nun die Staatsanwaltschaft Oldenburg Anklage wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges in 392 Fällen erhoben. "Ehrlich währt am längsten" war vor einiger Zeit wegen einer Vielzahl fragwürdiger Abmahnungen aufgefallen und ist mittlerweile liquidiert.
Der Verein wurde in der Schweiz gegründet, soll aber seinen tatsächlichen Sitz in Sandkrug gehabt haben. Der Abmahnverein hatte in einer bislang beispiellosen Welle vor allem eBay-Händler mit Abmahnungen überzogen, offenbar nur, um Abmahngebühren zu kassieren. Hierzu schreibt die Staatsanwaltschaft Oldenburg:
Den Angeschuldigten wird vorgeworfen, in 392 Fällen Gewerbetreibende, die über das Internet bei eBay Waren veräußerten, wegen eines vermeintlichen oder tatsächlichen Verstoß gegen Informationspflichten abgemahnt und dafür jeweils 146,16 € Abmahngebühren kassiert zu haben.
Dabei sollen die Angeschuldigten, so der Vorwurf, lediglich vorgetäuscht haben, als Verein nach § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Abmahnung berechtigt. Tatsächlich habe der Verein jedoch zu keinem Zeitpunkt über die nach § 8 UWG notwendige Anzahl von unternehmerischen Mitgliedern verfügt. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Vereinsmitglieder vielmehr über Zeitungsinserate für eine Nebentätigkeit in Heimarbeit geworben worden sein, ohne dass sie je ein Gewerbe ausgeübt hätten.
Insgesamt versandte der Verein über 5.000 Abmahnungen. Die Staatsanwaltschaft hat die Anklage auf die 392 Fälle beschränkt, in denen die Abgemahnten die geforderten Gebühren zahlten. Auf diese Weise ist ein Gesamtschaden in Höhe von 54.272,60 € entstanden. Die Zahlungen flossen jeweils auf die Konten der 21jährigen Tochter des Vereinsvorsitzenden, die Schreibarbeiten für den Verein erledigt habe.
Es ist erstaunlich, wie lange der Verein überhaupt agieren konnte. Vor dem Amtsgericht Itzehoe hatte "Ehrlich währt am längsten" sogar eine einstweilige Verfügung zugunsten des Vereins erlassen. Erst der Bundesverband Onlinehandel konnte den Verein stoppen. Dies wirft einmal mehr die Frage auf, ob die Regelungen des deutschen Rechts gegen Abmahnungsmissbrauch ausreichend sind oder vom Gesetzgeber nachgebessert werden muss.
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