Das LG Paderborn hat mit Urteil v. 28.11.2006 (6 O 70/06) entschieden, dass bei Fernabsatzverträgen über die Internetverkaufsplattform eBay der Textform i.S.v. § 126b BGB genügt ist, wenn die notwendigen Informationen für den Verbraucher im Rahmen des Angebots zur Verfügung gestellt werden und der Verbraucher die Möglichkeit hat, sie zu speichern und auszudrucken. Somit besteht nach dieser Entscheidung die Möglichkeit, Wertersatz wegen Ingebrauchnahme der Ware zu verlangen, und die Widerrufsfrist beträgt zwei Wochen. Anders haben jedoch das OLG Hamburg und das Kammergericht Berlin entschieden. Wegen des “fliegenden” Gerichtsstandes bei Internetangeboten können Abmahner also weiterhin nach Hamburg oder Berlin gehen, um auf eine einmonatige Frist hinzuwirken.

In dem Verfahren vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts ging es um den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Ein Händler, der einen Online-Shop betreibt und auch über eBay handelt, mahnte einen Konkurrenten ab, weil dieser angeblich nicht korrekt über das Widerrufsrecht und die Modalitäten der Rückabwicklung informiert habe. Die Verfügungsbeklagte leistete der Abmahnung jedoch nicht Folge und gab keine Unterlassungserklärung mit Vertragsspracheversprechen ab.

Daraufhin beantragte der Verfügungskläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Konkurrenten untersagt werden sollte, bei eBay Waren an Endverbraucher anzubieten, wenn bei der Widerrufs-Information im Internet

„a) nicht auch darüber informiert wird, dass die gesetzliche Frist zur Ausübung des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform und der Ware beginnt,

b) nicht über eine Widerrufsfrist von einem Monat anstatt zwei Wochen belehrt wird, sofern, wie z.B. auf der Handelplattform eBay, bis zum Abschluss der Vertrages die Widerrufsbelehrung nicht in Textform erfolgt,

c) nicht auf eine bestehende Wertersatzpflicht des Käufers hingewiesen wird, die eine Verschlechterung der Sache durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ausnimmt, falls nicht, wie z.B. auf der Handelsplattform eBay, bis zum Abschluss des Vertrages die Belehrung über die Wertersatzpflicht in Textform erfolgt,

d) darüber informiert wird, dass die Rücksendung der gekauften Waren ausreichend frankiert werden muss,

e) diese Informationen lediglich auf der „mich-Seite“ vorgehalten werden, zu der man mittels eines Klicks auf das grafische Symbol „mich“ am Anfang der Angebotsseite unter der Rubrik „Angaben zum Verkäufer“ gelangt.“

Dem hielt die Verfügungsbeklagte entgegen, dass der Verfügungskläger kein Konkurrent sei und darüber hinaus eine missbräuchliche Abmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG vorliege, weil die Abmahnung erfolgte, nachdem die Frist bereits auf 1 Monat angepasst war.

Das Gericht gab dem abgemahnten Händler Recht und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Zum Zeitpunkt der Abmahnung sei diese nicht mehr erforderlich gewesen, weil ein wettbewerbswidriges Handeln nicht mehr zu befürchten war. Vielmehr hatte die Verfügungsbeklagte ihre Widerrufsbelehrung bereits in einer Weise angepasst, die der Verfügungskläger nicht mehr beanstandet. Der Verbraucher werde aktuell über ein Widerrufsrecht von einem Monat belehrt, das nicht vor Erhalt der Belehrung in Textform und er Ware beginne, über die Wertersatzpflicht sowie über eine aktuelle 40-EUR-Klausel.

Darüber hinaus äußert sich das Gericht aber auch zu der Frage, ob nicht schon die Belehrung auf der eBay-Seite dem Textformerfordernis genügt:

„Hiervon abgesehen tritt die Kammer zur Frage der Einhaltung der Textform bei eBay-Verkäufen an Verbraucher der zwischenzeitlich nach Rücknahme der Berufung rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Felnsburg vom 23.8.2006 (MMR 2006, 686) bei, wonach bei Fernabsatzverträgen über die Internetplattform eBay der Textform i.S.d. § 126b BGB genügt sein dürfte, wenn die notwendigen Informationen für den Verbraucher im Rahmen des Angebots zur Verfügung gestellt werden und der Verbraucher die Möglichkeit hat, sie zu speichern und auszudrucken. Dessen Schutzbedürfnis an einer dauerhaften Verfügbarkeit der Informationen wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass er sich die Informationen ohne besonderen Aufwand ausdrucken und abspeichern kann, zumal sie bei einem Zuschlag (Kauf) zusammen mit dem Angebot noch 90 Tage auf der eBay-Plattform gespeichert und für ihn abrufbar bleiben.“

Damit stellt sich nun neben dem LG Flensburg ein weiteres Gericht auf den Standpunkt, dass Internetseiten dem Textformerfordernis genügen können. Wenn man dieser Ansicht folgt, beträgt die Widerrufsfrist bei eBay nicht einen Monat, sondern zwei Wochen, und ein Verzicht auf Wertersatz wegen Benutzung der Ware ist nicht erforderlich. Das Urteil ist im Ergebnis erfreulich, jedoch mit Vorsicht zu genießen. Die höherrangigen Gerichte OLG Hamburg und KG haben hier klar eine andere Position vertreten, und das OLG Schleswig, das wohl ebenfalls die Meinung des LG Flensburg und des LG Paderborn teilt, konnte kein Urteil auf OLG-Ebene sprechen, weil die Berufung in diesem Verfahren zurückgenommen wurde. Die Entscheidungen aus Hamburg und Berlin (schon zwei KG-Beschlüsse) bleiben damit in der Welt und bergen ein hohes Abmahnrisiko. Wer dieses Risiko vermeiden will, muss mindestens die Frist auf 1 Monat verlängern. Unklar ist, wie mit der Belehrung über die Wertersatzpflicht verfahren werden muss. Dieser im amtlichen Muster enthaltene Passus ist in der Sichtweise der Hamburger und Berliner Richter ebenso falsch, wird er aus dem Muster gestrichen, gilt jedoch keine Privilegierung des Musters mehr.

Derzeit hat der Händler also nur die “Wahl zwischen Pest oder Cholera”: entweder wird das fehlerhafte Muster verwendet, und es besteht Abmahngefahr, oder es wird eine eigene Belehrung erstellt, die mangels höchstrichterlicher Klärung wesentlicher Fragen ebenfalls Abmahnrisiken birgt. Trotz alledem lehnt sich die Bundesregierung zurück und lässt die Händler ins Verderben laufen. Ein unerträglicher Zustand. (cf)

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