faz.jpgPressemitteilung des Landgerichts München vom 14.11.2006 – “Abmahnungen gegen Online-Shops”, Beschlüsse des Landgerichts München I vom 29.08.2006, Az. 33 O 14925/06 u.a. (bei Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig) (Pressesprecher: RiLG Marc Huppert) .

Es trifft zu, dass die auf Wettbewerbs- und Markenrecht spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I in sechs Fällen Anträge von Märkten einer großen deutschen Elektromarktkette auf Erlass von einstweiligen Verfügungen gegen verschiedene Online-Händler wegen Rechtsmissbrauchs abgelehnt hat. Bei den Zivilkammern des Gerichts gingen seit dieser Entscheidung keine vergleichbaren Anträge mehr ein. Die Kammern für Handelssachen sind der Entscheidung der 33. Zivilkammer nicht gefolgt und erlassen – sofern ein Wettbewerbsverstoß glaubhaft gemacht wurde – weiterhin einstweilige Verfügungen.

Beim Landgericht München I waren zum Zeitpunkt der jetzt in der Presse diskutierten Entscheidungsserie der 33. Kammer bereits von verschiedenen Märkten der Kette ca. 80 ähnliche Anträge gestellt worden. Gerügt wurden meistens unzutreffende Versandkostenangaben der Online-Händler in Preissuchmaschinen. So findet sich dort häufig für einen Anbieter die – unabhängig vom Produkt – immer gleiche Angabe „Versandkosten ab 3.99 €“, auch wenn bei schwereren Produkten die anfallenden Versandkosten tatsächlich erheblich höher sind. Teilweise werden auch falsche Angaben zum Liefertermin oder zur Energieeffizienz angebotener Elektrogeräte gerügt. 

Die 33. Zivilkammer stützt ihre Auffassung, das Vorgehen der Kette sei bei einer Gesamtwürdigung als rechtsmissbräuchlich einzuordnen, auf die Zusammenschau verschiedener Gesichtspunkte, wie: die Anzahl eingegangener Anträge; die Tatsache, dass durch die abwechselnde Adressierung an Kammern für Handelssachen und Zivilkammern, der Eindruck erweckt wird, die Gesamtzahl der Anträge solle nicht zu offensichtlich werden; die Höhe der Streitwerte; die Tatsache, dass die Antragsschriften textbausteinartig aufgebaut und über große Strecken wortidentisch sind; und die Tatsache, dass in jedenfalls 12 Fällen die Antragstellerin noch vor Abschluss des einstweiligen Verfügungsverfahrens bereits das Hauptsacheverfahren eingeleitet habe. Die Kammer zieht hieraus die Schlussfolgerung, dass das Verhalten insgesamt als rechtsmissbräuchlich einzuordnen sei. Erkennbar dominiere das Gebührenerzielungsinteresse derart, dass etwaige Interessen der äußerst marktstarken Antragsteller an einer widerspruchsfreien Wiedergabe der Versandkosten hier zurückzustehen hätten. Auch die Tatsache, dass auf Seiten der Elektromarktkette verschiedene rechtlich selbständige Märkte als Antragstellerinnen aufträten, ändere hieran nichts, sondern spreche eher für die Missbrauchsabsicht, da angesichts der Tatsache, dass alle Abmahnungen zentral von der selben Kanzlei aus versandt würden, die Verwendung verschiedener Antragstellerinnen erkennbar dazu diene, mit rein formalistischen Mitteln dem Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit entgegenzuwirken.

Die Kammern für Handelssachen des Landgerichts München I sind dieser Argumentation nicht gefolgt, sondern betonen, dass angesichts der Größe der Elektromarktgruppe die Abmahntätigkeit hinsichtlich des Umsatzes von völlig untergeordneter Bedeutung sei. Da die Antragstellerin als Branchenführerin sich auch über ihre Niedrigpreise am Markt positioniere, sei es nachvollziehbar, wenn sie gegen Versandhändler vorgehe, die unter möglicherweise irreführenden Angaben mit niedrigen Preisen würben. Die Zahl der Abmahnungen zeige zunächst nur, dass offenbar in einer Vielzahl von Fällen gegen das Irreführungsgebot verstoßen wurde. (z.B. Urteil der 17. Kammer für Handelssachen vom 21.09.2006, Az. 17HK O 12520/06, Rechtsmittelfrist läuft noch)

Wie das OLG München in der Sache entscheiden wird, ist noch offen. Die Antragstellerin hat alle an den Beschlüssen der 33. Zivilkammer beteiligten Richter wegen angeblicher Befangenheit abgelehnt und gegen die dies zurückweisenden Beschlüsse Beschwerden eingelegt, über die noch nicht entschieden wurde.

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