Der Online-Möbelhandel in Deutschland gibt ein trauriges Bild ab. Denn im Vergleich zu ausländischen Unternehmen kommen die deutschen Händler mit dem digitalen Wandel einfach nicht hinterher, hat UDG in einer Studie identifiziert.
Wurden 2013 nur fünf Prozent des Möbelsortiments über das Internet verkauft, werden es 2020 voraussichtlich schon 20 Prozent sein. Der Möbelmarkt in Deutschland ist zwar 30 Milliarden Euro Jahresumsatz schwer, die deutschen Anbieter bleiben digital jedoch weit hinter internationalen Wettbewerbern zurück.
Wie kann der stationäre Möbelhandel deshalb seine Stärken heute und in Zukunft über alle Kanäle ausspielen? Wie gut gelingt das welchen Händlern? Mit diesen Fragen hat sich die UDG United Digital Group in ihrer Studie „Wie digital ist der deutsche Möbelhandel heute?“ befasst.
Der Fokus der Untersuchung liegt ausschließlich auf Unternehmen, die sowohl auf der Fläche als auch im Web vertreten sind. Keine Berücksichtigung fanden Online-Pure-Player.
Damit lässt sich im Großen und Ganzen die digitale Strategie der meisten Möbelhändler beschreiben. Simon Loebel, Chief Operating Officer der UDG United Digital Group bringt es auf den Punkt:
"Das vorrangige Ziel ist die schnelle Transaktion in der Filiale. Die meisten Möbelhändlern haben keine klare Digitalstrategie und damit auch keine funktionierende Customer Journey über die vielfältigen Kanäle hinweg."
Im UDG Omnichannel-Excellence Index erreichen deutsche Anbieter maximal 35 von hundert Punkten und liegen damit abgeschlagen hinter skandinavischen Anbietern wie IKEA, BoConcept oder Bolia. Diesen gelingt es am besten, mit innovativen Technologien, digitalen Katalogen und kreativen Apps online und offline zu verknüpfen - und so ihre Kunden zu begeistern.
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Interview mit Simon Loebel, Chief Operating Officer der UDG United Digital Group
shopbetreiber-blog: Die deutschen Möbelhändler geben ein schwaches Bild in Ihrer Studie ab. Woran liegt es, dass Online so stiefmütterlich behandelt wird?
Simon Loebel: In den vergangenen Jahren haben gerade die großen Möbelhändlern viel Kapital in den Ausbau ihrer stationären Flächen gesteckt. Damit sich diese Investitionen bezahlt machen, steht dieser Kanal jetzt im Fokus. Zudem ist bei vielen Händlern der Online-Umsatz heute noch gering.
shopbetreiber-blog: Zeigen die Möbelhändler aus Deutschland weniger digitale Weitsicht als die Konkurrenz aus dem Ausland?
Loebel: Die Möbelhändler in Deutschland mit skandinavischen Wurzeln – IKEA, Bolia, BoConcept – sind sicher digital weiter als der typische deutsche Händler. Vielleicht fehlt den deutschen Unternehmen manchmal Mut zur Innovation.
shopbetreiber-blog: Inwieweit fehlt es den Deutschen Möbelunternehmen an Verständnis für die Möglichkeiten des Internets?
Loebel: Bei einigen Händlern ist der Glaube noch verbreitet, man könne gerade Großmöbel nicht online verkaufen. Dabei zeigen Online Pure Player wie Home24, dass dies sehr wohl gut funktioniert, auch in Produktgruppen wie Polstermöbeln. Zudem wird noch zu stark in isolierten Kanälen gedacht. Die Mitarbeiter in der Fläche sehen das Internet häufig als Bedrohung, selbst wenn das Online-Angebot aus dem eigenen Haus kommt. Das liegt auch an den Incentive-Programmen der Möbelhäuser, die kanalübergreifendes Denken nicht belohnen.
shopbetreiber-blog: Welche drei unschlagbaren Argumente sehen Sie, warum auch die Möbelhändler aus Deutschland mehr Digitalstrategien investieren sollten.
Loebel: Erstens: Die Bedürfnisse der Kunden ändern sich. Während es noch gestern in Ordnung war, eine Drei-Meter-Schrankwand anhand eines daumengroßen Fotos aus dem Katalog auszuwählen oder sich mit der Auswahl im Möbelhaus vor Ort zufrieden zu geben, erwarten die Kunden heute digital Inspiration und Information.
Zweitens: Selbst wenn das Möbelhaus noch so groß ist, ist die Fläche begrenzt. Online gibt es diese Einschränkung nicht, das ganze Sortiment kann mit allen Varianten gezeigt und über Augmented-Reality-Anwendungen digital ins eigene Zuhause projiziert werden.
Drittens: Schon im Jahr 2020 werden die „Digital Natives“ in Deutschland die Mehrheit stellen. Für diese Gruppe ist das Bestellen von Produkten und Dienstleistungen übers Web normal.
shopbetreiber-blog: An welchem Möbel-Shop kann sich die Konkurrenz wirklich ein Beispiel nehmen?
Loebel: Den einen besten Möbel-Onlineshop gibt es nicht – aber einzelne Player, die unterschiedliche Features entlang des Kaufprozesses gut und richtig machen. Das eröffnet aber gleichzeitig auch die Chance, es als erster in Deutschland umfassend anzugehen und erfolgreich zu sein.
Um die Online- und Offline-Kanälen erfolgversprechend zu verzahnen, reichen in der Regel wenige Maßnahmen und ein paar neue Funktionen auf der Webseite des Möbelhändlers aus. UDG hat neun Basics einmal zusammengestellt.
Für die Studie hat UDG 22 der umsatzstärksten stationären Möbelanbieter in Deutschland untersucht. Bewertet wurden alle drei Phasen des Kaufprozesses: die Webseite als Informationsmedium vor dem Kauf, die Erfahrungen beim Besuch im Möbelhaus und die After-Sales-Services.