Erst letzte Woche hatten wir hier davon berichtet, dass Abmahnanwalt Torsten Riebe unter anderem wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde. Jetzt wurde ein Urteil gegen einen weiteren Abmahnanwalt bekannt: Rechtsanwalt Sandhage wurde zur Zahlung von Schadenersatz wegen rechtsmissbräuchlicher Abmahnung verurteilt.
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Rechtsanwalt Gereon Sandhage ist einer der bekanntesten Abmahnanwälte Deutschlands. Zahlreiche Unternehmen wurden von ihm schon (rechtsmissbräuchlich) abgemahnt. Auch wurde er schon zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt, z.B. vom AG Berlin-Schöneberg, Urt. v. 1.10.2012 - 6 C 136/12.
Nun traf es den Abmahnanwalt erneut: Weil er im Namen eines Unternehmens abmahnte, welches seine Geschäftstätigkeit schon länger eingestellt hatte, entschied erneut das AG Berlin-Schöneberg, Urt. v. 24.10.2014, 16 C 104/14, dass Rechtsanwalt Gereon Sandhage, Rechtsanwältin Katrin Sandhage und die Rechtsanwaltskanzlei Gereon und Katrin Sandhage GbR gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.351,95 Euro (zzgl. Zinsen) verpflichtet sind.
Vorausgegangen war diesem Prozess eine Abmahnung eben dieser Kanzlei im Namen der Body Point Products GmbH aus dem Jahr. Gegen diese Abmahnung wehrte sich der Abgemahnte. Unter anderem legte er ein Schreiben des Insolvenzverwalters der Body Point AG vor, aus dem sich ergab, dass die abmahnende GmbH bereits im Jahr 2012 den Geschäftsbetrieb vollständig einstellte.
Das interessierte Anwalt Sandhage aber wenig. Vielmehr reichte Rechtsanwalt Sandhage einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht Köln ein, welches die Verfügung zunächst auch so erließ. Gegen diese Verfügung legte der Abgemahnte allerdings Widerspruch ein. Auch das war den Rechtsanwälten Sandhage egal, denn sie beantragten erst einmal, die Kosten des Verfahrens gegen den Abgemahnten festzusetzen.
Letztlich kam es zur mündlichen Verhandlung über den Antrag auf einstweilige Verfügung. Aber weder Rechtsanwalt Sandhage noch Rechtsanwältin Sandhage noch irgendjemand anderes auf Abmahn-Seite erschien in dem Termin. Also wurde die Verfügung mit Versäumnisurteil vom 9.7.2013 aufgehoben und der Antrag als unzulässig abgewiesen.
Das Gericht setzte außerdem die Kosten, die die Body Points Products GmbH an den Abgemahnten zu erstatten habe auf 1.351,95 Euro fest. Genau diese Kosten machte der Abgemahnte nun gegen die Rechtsanwälte Sandhage direkt geltend.
Die Anwälte verteidigten sich damit, dass sie eine Vollmacht gehabt hätten und zu weiteren Prüfungen nicht verpflichtet seien.
"Die Beklagten haben bewusst, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise, einen Schaden bei dem Kläger herbeigeführt."
Durch das betriebene einstweilige Verfügungsverfahren hatte der Abgemahnte einen Vermögensschaden erlitten. Aufgrund der Abmahnung handelten die Anwälte Sandhage auch sittenwidrig.
"Grundsätzlich handelt sittenwidrig, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich einen Schadenzufügt. Die Sittenwidrigkeit ist dann gegeben, wenn sie nach ihrem Gesamtcharakter, der durch Inhalt, Beweggründe und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt."
Die Abmahnung war sittenwidrig, da sie rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG erfolgte, so das Gericht.
Die Abmahnung war sittenwidrig, weil die Rechtsanwälte Sandhage diese aussprachen, obwohl ihre Mandantin, die Body Points Products GmbH schon nicht mehr aktivlegitimiert war und dieser Umstand Rechtsanwalt Sandhage auch bekannt war.
Die Abmahnung diente nur dem Grund, Gebühren zu generieren.
"Den Beklagten als Organ der Rechtspflege oblag es, die tatsächlichen Voraussetzungen eines Wettbewerbsverhältnisses zu dem Kläger zu prüfen. Dabei ist es nicht ausreichend, dass sie auf das Vorliegen einer Vollmacht der Geschäftsführerin der Body Points Products GmbH Bezug nehmen, sowie auf eine bestehende Handelsregistereintragung und das Bestehen einer web-Seite der Body Points Products GmbH."
Denn nur das Vorhandensein dieser Dinge bedeute noch nicht, dass diese GmbH auch tatsächlich am Markt tätig sei.
Da die Anwälte in dem Fall trotz Wissen, dass die Mandantin nicht mehr aktivlegitimiert war, eine Abmahnung aussprachen und auch das Verfügungsverfahren (zunächst) betrieben, handelten sie sittenwidrig und sind daher zum Ersatz des beim Abgemahnten entstandenen Schadens verpflichtet.
Erneut zeigt sich, dass es sich nicht lohnt, rechtsmissbräuchlich abzumahnen. Außerdem sollte das Urteil für alle Abgemahnten von Rechtsanwalt Sandhage und der Body Points Products GmbH Anlass genug sein, um Regressansprüche zu prüfen bzw. prüfen zu lassen. Nur wenn sich Abgemahnte auch aktiv wehren, kann Missbrauch aufgedeckt und Abmahnanwälten wie Gereon Sandhage das Handwerk gelegt werden. Besonders bei Rechtsanwalt Sandhage mutet es dann schon zynisch an, dass sich seine Kanzlei auf der Homepage selbst als "Die Kanzlei für Abmahnschutz" bezeichnet und der Anwalt auch noch einen "Abmahnschutzbrief" verkauft. (mr)