Im Jahr 2011 gab es eine Vielzahl von Entscheidungen, die große Auswirkungen auf den Online-Handel hatten. Wichtige Urteile ergingen zu Themen wie Widerrufsrecht, Gewährleistung, Produktbeschreibungen, Preiswerbung, Datenschutz und auch wieder zum Thema Newsletter-Werbung.
Wir haben die 20 wichtigsten Urteile noch einmal für Sie zusammengestellt.
Ein Händler wollte ein Auto verkaufen und auf dem entsprechenden Produktbild war eine eingebaute Standheizung abgebildet. Diese baute er jedoch nach Vertragsschluss vor Abholung des Fahrzeuges aus. Hier wurde also letztlich etwas anderes geliefert als zuvor im Shop angepriesen.
Dieses Verhalten des Händlers löst beim Kunden Gewährleistungsansprüche aus, entschied der BGH. Im Übrigen kann dies auch wegen Irreführung über die Produkteigenschaften abgemahnt werden.
Um ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu informieren und zu belehren, ist dringend die Verwendung der gesetzlichen Musterbelehrungen zu empfehlen. Diese sind nämlich gesetzlich privilegiert und deren korrekter Einsatz kann nicht abgemahnt werden.
Für diese Privilegierung muss das Muster allerdings eins zu eins übernommen werden. Bereits beim Weglassen der Zwischenüberschriften kann sich der Händler nicht mehr darauf berufen, er nutze das gesetzliche Muster.
Im konkreten Fall hatte das zur Folge, dass dem Verbraucher ein unendliches Widerrufsrecht zustand, da er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde.
Wer als Online-Händler Newsletter zu Werbezwecken verschicken will, benötigt hierfür grundsätzlich eine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers. Aber darf man als Händler zunächst e-Mail-Adressen sammeln und erst Jahre später die erste Werbe-Mail verschicken?
Das LG München I entschied, dass zumindest ein Warten von 1,5 Jahren seit Einholen der Einwilligung zu lange und die Einwilligung dann nicht mehr gültig ist.
Dem Verbraucher stehen umfangreiche Gewährleistungsrechte zu, wenn er mangelhafte Ware geliefert bekommt. Aber wer trägt in einem solchen Fall die Kosten für den Ausbau von mangelhaften Fliesen und die Kosten für den Wiedereinbau der neu gelieferten?
Der EuGH hat hierzu eine klarstellende Entscheidung getroffen, die einem älteren Urteil des BGH widerspricht. Der EuGH entschied, dass sowohl die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Ware als auch die Kosten für den Einbau der neu zu liefernden Ware der Unternehmer zu tragen hat.
Das LG Berlin entschied, dass es keinen Wettbewerbsverstoß darstelle, wenn man den Facebook Like-Button in seiner Website einbindet, aber nicht die erforderlichen Datenschutzhinweise erteilt. Dieser Ansicht schloss sich das Kammergericht in einer in der juristischen Literatur überwiegend auf Ablehnung stoßenden Entscheidung an.
Auch die obersten Datenschützer in Deutschland haben mittlerweile einen Beschluss gefasst, nach der der Einsatz des Like-Buttons in seiner derzeitigen Ausgestaltung unzulässig ist.
Bereits im April 2010 definierte das OLG Jena (Urteil v. 21.04.2010, 2 U 88/10) den Begriff der Ähnlichkeit aus § 7 Abs. 3 UWG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Newsletter auch ohne Einwilligung verschickt werden dürfen.
“Die Ähnlichkeit muss sich auf die bereits gekauften Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen.
Die Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen.
Zum Schutz des Kunden vor unerbetener Werbung ist diese Ausnahmeregelung eng auszulegen.”
Dieser Definition schloss sich im März 2011 das Kammergericht Berlin an.
Sowohl das OLG Hamm als auch das OLG Hamburg sahen es als zwingend notwendig an, dass bei einer Werbung mit einer Garantie (Achtung: NICHT Gewährleistung) sämtliche Bedingungen und der Hinweis, dass Gewährleistungsrechte von der Garantie nicht eingeschränkt werden, bereits innerhalb dieser Werbung angegeben werden müssen. Der BGH hat dieser Auffassung widersprochen, unterschied aber deutlich zwischen klassischen Online-Shops und Angeboten, wie man sie z.B. bei eBay findet:
Handelt es sich bei der Darstellung der Produkte um ein unverbindliches Angebot an den Kunden, müssen die Bedingungen noch nicht genannt werden. Ist die Darstellung dagegen bereits ein verbindliches Angebot, wie z.B. bei eBay, müssen die Anforderungen an eine Garantieerklärung erfüllt werden.
Online-Händler müssen den Verbraucher bereits im Shop klar und deutlich über anfallende Versandkosten informieren. Dabei ist die genaue Höhe dieser Kosten zu beziffern. Häufig bereitet diese Pflicht Schwierigkeiten. Versandkosten muss man aber nicht "nur" für Deutschland angeben. Diese Pflicht bezieht sich nämlich auch auf die Auslandsversandkosten.
Ein Hinweis, dass diese an einer Hotline erfragt werden können, stellt nach Ansicht des OLG Hamm einen Wettbewerbsverstoß dar.
Jedem Verbraucher steht ein Gewährleistungsrecht zu, wenn sich der Kaufgegenstand als mangelhaft herausstellt. In der Praxis ergibt sich aber ein großes Problem: Wo muss der Händler den Nacherfüllungsanspruch erfüllen? Am Sitz des Verbrauchers oder am seinem Unternehmenssitz?
Hinsichtlich eines Werkvertrages hatte der X. Zivilsenat des BGH die Frage bereits 2010 dahingehend beantwortet, dass die Nacherfüllung an dem Ort zu erfolgen hat, an dem sich die Sache bestimmungsgemäß befindet, also regelmäßig am Wohnsitz des Verbrauchers.
Hinsichtlich eines Kaufvertrages sah dies der VIII. Zivilsenat des BGH jedoch anders und entschied, dass der Erfüllungsort der Nacherfüllung der Sitz des Unternehmers ist.
Der BGH hat entschieden, dass eine Werbung mit hervorgehobenen Einführungspreisen, denen höhere durchgestrichene Preise gegenübergestellt werden, nur zulässig ist, wenn sich aus der Werbung ergibt, wie lange die Einführungspreise gelten und ab wann die durchgestrichenen höheren Preisen verlangt werden.
Außerdem verstoße die Werbung gegen das Irreführungsverbot, urteilte der BGH. Wer mit einem höheren durchgestrichenen Preise werbe, müsse deutlich machen, worauf sich dieser Preis bezieht.
Die Zustellung von Paketen beim Nachbarn des eigentlichen Empfängers ist für den Händler mit hohen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken verbunden, weil dies noch keine Erfüllung des Kaufvertrags ist. Logistikunternehmen regeln jedoch häufig gegenüber dem Händler, dass damit die Zustellung erfolgt und eine Haftung ausgeschlossen sei. Das LG Köln sah in erster Instanz die Klauseln zur sog. Nachbarschaftszustellung eines großen Logistikdienstleisters als wirksam an.
In zweiter Instanz hob das OLG Köln dieses Urteil jedoch auf und erklärte die verwendeten Klauseln für unwirksam, wenn sich der Zusteller in der Klausel nicht zugleich verpflichtet, den Empfänger über die Nachbarschaftsabgabe zu informieren.
Die Rechtsprechung zur doppelten Verwendung der 40-Euro-Klausel sorgte bereits für viel Unmut unter den Händlern. Nach dieser reicht es nämlich nicht aus, die Tragung der Rücksendekosten nur in der Widerrufsbelehrung zu erwähnen. Sie muss vielmehr zusätzlich in den AGB vereinbart werden.
Das OLG Brandenburg hat diese Pflicht weiter konkretisiert und entschieden, dass das Wort "regelmäßige" zwingend in der Kostentragungsvereinbarung enthalten sein muss. Dies vergaßen viele Händler, weil das Wort in der Muster-Belehrung bis zum 3.8.2001 ebenfalls irrtümlich nicht vorhanden war. Fehlt das Wort in der Kostentragunsvereinbarung, ist die entsprechende Klausel unwirksam und die Belehrung wird gleichzeitig fehlerhaft.
Sofern es sich um einen Fernabsatzvertrag handelt, aber die verkaufte Ware vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, muss auf das Nichtbestehen des Widerrufsrechtes hingewiesen werden, stellte der BGH klar.
Spätestens seit 5. November 2011 sollten Shopbetreiber die neue Musterwiderrufsbelehrung in ihrem Shop verwenden. Denn die Verwendung der alten Belehrung ist wettbewerbswidrig und kann abgemahnt werden, wie das OLG Hamm zu einer früheren Umstellung der Widerrufsbelehrung entschieden hat.
Die Entscheidung lässt sich aber auch auf die aktuelle Änderung hinsichtlich der Belehrungen übertragen.
Die Zeichenanzahl in Google-AdWords ist beschränkt. Daher werben viele Händler nur schlagwortartig in diesen Anzeigen, z.B. mit der Aussage “Lieferung innerhalb von 24 Stunden”. Ist diese Lieferzeit an Bedingungen geknüpft, ist die Werbung aber nicht irreführend, wenn sich diese Bedingungen in dem Rahmen bewegen, mit dem der Verbraucher rechnet, entschied der BGH.
Jeder Website-Betreiber muss eine Anbieterkennzeichnung bereithalten. Diese Pflicht gilt auch für Angebote bei eBay, amazon oder mobile.de, wie zahlreiche Gerichte bereits entschieden haben. Aber auch der Unternehmensauftritt bei Facebook unterliegt der Impressumspflicht, wie das LG Aschaffenburg nun bestätigt hat.
Dabei genügt es nach Ansicht des Gerichts nicht, die Anbieterkennzeichnung unter dem Punkt "Info" bereit zu halten.
Das Fehlen der Originalverpackung nach Rücksendung der Ware kann für den Händler den Wiederverkauf sehr schwierig machen. Daher findet man oft Klauseln in AGB, mit denen der Kunde darum geben wird, nach erfolgtem Widerruf die Ware in eben dieser Originalverpackung zurückzusenden.
Das LG Hamburg hielt diese und weitere AGB Klauseln für zulässig. Man muss bei der Formulierung einer solchen Klausel allerdings ganz genau auf den Wortlaut und den Gesamtzusammenhang innerhalb der AGB achten.
Das OLG Frankfurt hatte über einige Klauseln zu urteilen, welche ein Händler in seinen AGB verwendete. So waren ein Verfügbarkeitsvorbehalt, die Angabe von “Regel-Lieferzeiten”, eine Salvatorische Klausel und die unterbliebene Angabe von Versandkosten für Lieferungen ins Ausland Gegenstand des Verfahrens.
Positive Kundenbewertungen sind eine gute Werbung für den eigenen Online-Shop. Da möchte man als Händler natürlich so viele wie möglich sammeln. Also kommen manche Händler auf die Idee, den Kunden ein kleines Goodie für die Abgabe von positiven Bewertungen zu versprechen.
Aber darf man das? Diese Frage hatte das OLG Hamm zu beantworten.
Es kommt häufig vor, dass der Händler Ware zum Verbraucher schickt, diese aber entweder gar nicht oder nur zum Teil ankommt. Aber welche Folgen hat das eigentlich für den Händler? Muss er die bestellte Ware noch einmal liefern? Oder muss er den Kaufpreis erstatten? Oder hat der Verbraucher in diesem Fall schlicht Pech gehabt?
Nachdem der BGH diese Frage bereits 2003 beantwortet hatte, musste nun das OLG Hamm erneut hierzu entscheiden und schloss sich der Auffassung des BGH an. Demnach kann der Kunde nicht auf Lieferung bestehen, der Händler muss "nur" den Kaufpreis erstatten.
Das Jahr 2011 hat wieder zahlreiche wichtige Entscheidungen hervorgebracht. Noch immer sind einige Verfahren im Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig. Und es werden sicherlich auch 2012 viele neue Urteile zu erwarten sein. Wir werden Sie hier im Shopbetreiber-Blog auch dieses Jahr wieder über die Entwicklungen im Online-Recht aktuell informieren.