Kundenbewertungen sind ein beliebtes Marketing-Instrument. Negative Bewertungen sind bei Händlern verständlicherweise nicht gern gesehen. Ob ein Kunde einen Vorgang positiv, neutral oder negativ bewertet, kann man allerdings nicht beeinflussen. Aber hat der Händler eigentlich einen Anspruch auf Änderung oder gar Löschung eines negativen Kommentars?
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Es kommt hin und wieder vor, dass sich Händler von negativen Bewertungen der Käufer ungerecht behandelt fühlen und deswegen die Änderung einer negativen Bewertung bzw. Löschung eines in ihren Augen ungerechtfertigten Kundenkommentars wünschen. Dies gerade dann, wenn man als Händler das Gefühl hatte, mit einem evtl. entstandenen Problem professionell umgegangen zu sein.
Um die Frage zu beantworten, ob ein Löschungsanspruch (aus rechtlicher Sicht handelt es sich um einen Unterlassungsanspruch) gegen den Kunden besteht, muss die Bewertung zunächst einer dieser Kategorien zugeordnet werden:
Als Tatsachen werden wahrnehmbare oder feststellbare äußere oder innere Zustände oder Vorgänge bezeichnet, die in der Gegenwart oder Vergangenheit liegen. Diese sind einem Beweis zugänglich und können somit eindeutig als richtig oder falsch eingestuft werden.
So ist der Kommentar
"Hat eine grüne statt einer roten Hose geliefert"
eindeutig als wahr oder falsch zu belegen. Stellt sich heraus, dass die Behauptung falsch ist, hat der Händler einen Anspruch auf Unterlassung der falschen Tatsachenbehauptung.
Stellt sich jedoch heraus, dass der Kunde Recht hat, so kann sich der Händler gegen diesen Kommentar nicht wehren, ob er ihm nun gefällt oder nicht. Er hat auch dann keinen Anspruch auf Löschung, wenn er - nachdem der Kommentar geschrieben wurde - doch noch die rote Hose "nachliefert".
Das LG Köln (Urteil v. 10.06.2009, 28 S 4/09) hat zu dieser Frage entschieden, dass bei der Beurteilung der Korrektheit einer Tatsachenbehauptung immer auf den Zeitpunkt der Abgabe der Bewertung abzustellen ist.
Den Beweis dafür, dass die Behauptung nicht der Wahrheit entspricht, muss der Händler erbringen.
Neben den Tatsachenbehauptungen, die als wahr oder falsch eingestuft werden können, gibt es noch die Kategorie der Werturteile.
Sie sind gekennzeichnet durch Elemente der Stellungnahme und lassen sich deswegen nicht als wahr oder unwahr einstufen.
Auch eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, gilt als Werturteil, wenn sie in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist.
Werturteile sind als Meinungsäußerungen von Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz geschützt und immer zulässig.
Auch scharfe und überzogene Formulierungen sind von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt (BGH, Urteil vom 29. 1. 2002 - VI ZR 20/01) .Solche überspitzten kritischen Äußerungen können nur unter ganz engen Voraussetzungen als unzulässige Schmähkritik angesehen werden.
So wurde die Bewertung
„Bei Reklamation nur unverschämte Antwort, nie wieder“
als zulässig angesehen (AG Koblenz, U. v. 02.04.2004, 142 C 330/04).
Auch die Bewertung
„Vorsicht bei Reklamation! Übelste Abzocke bei Versandkosten!!!“
war zulässig, nachdem der Händler nach Rücksendung der Ware im Rahmen des Widerrufsrechtes nicht die Hinsendekosten erstattet hatte (AG Bremen, Urteil vom 27. 11. 2009, 9 C 412/09).
Viele Bewertungssysteme bieten den Kunden die Möglichkeit, eine erfolgte Transaktion ganz unkompliziert mit Sternen, Smileys oder ähnlichem zu bewerten.
Die Vergabe dieser Sterne stellt immer ein Werturteil dar und ein Anspruch auf Unterlassung (Löschung) besteht niemals.
Wenn ein Kaufvorgang zwar reibungslos ablief, der Kunde dann aber nur z.B. 3 von 5 Sternen vergibt, ist dies zulässig. Und zwar selbst dann, wenn der Kunde in einem zur Verfügung gestellten Kommentarfeld "Alles gut gelaufen" schreibt.
Von einer Schmähkritik kann erst dann gesprochen werden, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht. Klassische Beispiele für unzulässige Schmähkritik bzw. Beleidigungen sind Schimpfwörter, z.B. „Idiot“, „Trottel“ oder ähnliches. Solche Beschimpfungen müssen sich Händler nicht gefallen lassen.
Ein Kunde genießt bei der Abgabe einer Bewertung sehr viele Freiheiten. Diese sind lediglich dann überschritten, wenn der Kunde eine falsche Tatsachenbehauptung aufstellt bzw. eine Beleidigung oder Schmähkritik äußert. Als Händler muss man auch unliebsame Kritik akzeptieren, auch wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, weil man sein Bestes gegeben hat. (mr)