Abmahnungen haben nicht nur den Zweck, dass Unternehmer kleinste Fehler in AGB-Klauseln kostenpflichtig ahnden können. Sie dienen auch der Verteidigung gegen wirkliche Eingriffe in das eigene Unternehmen, wie zum Beispiel einer gezielten Behinderung durch einen Mitbewerber, wenn dieser eine AdWords-Kampagne durch Sperranträge zu stoppen versucht.
Lesen Sie mehr dazu in einem Gastbeitrag von RA Rolf Albrecht.
Das Wettbewerbsrecht kennt vielfältige Möglichkeiten, um seinen Mitbewerber unzulässig zu behindern. Das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) kennt insoweit in § 4 Nr.10 UWG die „gezielte Behinderung“ des Mitbewerbers.
Um das Vorgehen durch die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs untersagen zu können, muss das Vorgehen des Mitbewerbers „zielgerichtet“ sein.
Dies bedeutet, dass sich eine Handlung gegen einen oder mehrere bestimmte Mitbewerber richtet und sich auch nur gegen über diesen auswirkt.
Als Beispiele denkbar sind z.B.
Auch das gezielte Führen einer sog. Markenbeschwerde gegen die Buchung eines KeyWords im Rahmen der Darstellung von bezahlten Werbeanzeigen einer Internetsuchmaschine kann als Marktbehinderung wettbewerbswidrig sein. So entschieden durch das Oberlandesgericht Köln in einem aktuellen Urteil (OLG Köln, Urteil vom 2. Juli 2010, Az.: 6 U 48/10).
Gegen die Sperrung eines KeyWords war ein Online-Händler für Sanitärartikel vorgegangen. Dieser hatte die seitens eines Herstellers für Sanitärartikel geschützte Marke in der Vergangenheit als KeyWord bei einem Internetsuchmaschinenbetreiber gebucht.
Die Nutzung der Marke war ihm ausdrücklich erlaubt worden.
Das Gericht sieht in der durch den Markeninhaber angestrengten Markenbeschwerde und die nachfolgende Sperrung des KeyWords zu Lasten des Online-Shops eine gezielte Markenbehinderung.
„Aufgrund der „Markenbeschwerde“ der Antragsgegnerin ist die Antragstellerin daran gehindert, durch AdWord-Werbung gezielt auf ihr Angebot an Produkten der Antragsgegnerin hinzuweisen. Damit wirkt die Antragsgegnerin auf die wettbewerbsrechtlichen Entfaltungsmöglichkeiten der Antragstellerin in hinreichend konkreter Weise ein.
Denn die Maßnahme ist zu allgemein formuliert, sie wirkt sich aber konkret nur auf die Mitbewerber aus, die Sanitärprodukte über das Internet verkaufen. Die Antragsgegnerin ist der durch die Internetausdrucke belegten Behauptung der Antragstellerin, nur solche Händler nutzen AdWord-Werbung unter Verwendung des fraglichen Zeichens, nicht substantiiert entgegengetreten.
Die Beeinträchtigung entfällt nicht deshalb, weil auch die Mitbewerber der Antragstellerin nicht mehr Ihre Werbung zu dem Suchbegriff „X“ platzieren können und die Antragstellerin weiterhin als Suchergebnis (auf einem der vorderen Plätze) aufgeführt wird.
Dies gilt bereits deshalb, weil es im Rahmen eines freien Wettbewerbs der Antragstellerin unterfällt, ob und in welchen Werbeformen sie Gebrauch machen möchte. Zudem hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass sie in der Vergangenheit nicht unerhebliche Umsätze durch Interessenten erzielt hat, die die AdWord-Anzeige zur Weiterleitung auf das Angebot der Antragstellerin genutzt haben. [...]
Die Behauptung der Antragsgegnerin, der Verweis innerhalb der Suchergebnisse auf die Webseite der Antragsgegnerin sei ebenso wirksam, ist dagegen unsubstantiiert und widerspricht dem Erfahrungssatz, dass eine von derart vielen Unternehmen im großen Maße genutzte Werbeformen für diese Unternehmen auch sinnvoll ist.“
Auch die Abwehr der Werbung von Händlern, die keine Produkte der Antragsgegnerin anbieten, ist kein Argument für die unzulässige Behinderung.
„Es kann unterstellt werden, dass die Antragsgegnerin hilfsweise geltend machen wollte, die Markenbeschwerde diene der Abwehr von Werbung für solche Händler, die ausschließlich Konkurrenzprodukte anbieten. [...]
Dies kann jedoch dahinstehen, denn dieses Interesse kann nicht die Sperrung von Ad-Word-Werbung unter dem Suchbegriff auch zu Lasten solcher Anbieter rechtfertigen, die in keiner Weise in die Rechtssphäre der Antragsgegnerin eingegriffen haben. [...]
Denn zum einen wiegt dieses Interesse nicht besonders schwer. Zum anderen wäre es der Antragsgegnerin möglich und zuzumuten, ihr diesbezügliches Interesse zu verfolgen, ohne die Antragstellerin an der Nutzung des AdWords zu hindern, etwa indem sie die Antragstellerin von der Sperrung ausnimmt.[...]
Dass dies dann zu erheblichen Aufwand führen würde, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. Entgegen Ihrer Auffassung ist insofern nicht darauf abzustellen, dass 50.000 Händler von X- Produkten möglicherweise ein Interesse daran haben könnten, „X“ als AdWord zu nutzen. Vielmehr ist entscheidend, dass nach dem von den Parteien vorgelegten Internetausdrucken nur eine überschaubare Anzahl von Anbietern die Möglichkeit nutzt, AdWord-Werbung zum Suchbegriff „X“ zu schalten; darunter befindet sich nur ein Händler, der keine X-Produkte anbietet. Angesichts der überschaubaren Anzahl von Anbietern, die zum Suchbegriff „X“ AdWord-Werbung geschaltet haben und der klaren Abgrenzbarkeit derjenigen Händler, die keine „X“- Produkte anbieten, ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin durch diese „Freischaltung“ in erheblichen Maße belastet würde.“
Dieses Urteil zeigt, dass eine unzulässige Behinderung von Mitbewerbern auf vielfältige Art und Weise möglich ist. Eine solche ggf. auch ungewollte Behinderung sollten sämtliche Onlinehändler bei ihrem Vorgehen berücksichtigen.
Rolf Albrecht ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz sowie Fachanwalt für Informationstechnologierecht in der Kanzlei volke2.0. Rechtsanwalt Albrecht schreibt regelmäßig als Gastautor Beiträge für den Shopbetreiber-Blog.