Lange hat es nicht gedauert. Die Pressemeldung des BGH, dass auch in Preissuchmaschinen die Versandkosten genannt werden müssen, ist noch keine zwei Wochen alt, da werden die ersten Abmahnungen durchs Land geschickt. Die Aufmachung der Abmahnung lässt aber viele Fragen entstehen.
Rollt jetzt die neue Abmahnwelle? Lesen Sie mehr.
Am 16. Juli 2009 entschied der Bundesgerichtshof (Az: I ZR 140/07), dass auch in Preissuchmaschinen neben dem Preis Angaben zu Versandkosten gemacht werden müssen. Die Entscheidung wurde bisher nur mittels Pressemitteilung bekannt gegeben, das Urteil im Volltext liegt noch gar nicht vor. Aber schon meinen ein paar Anwälte, dass man mit Abmahnungen zu diesem Thema den Wettbewerb fairer gestalten muss (und nebenbei ein gesundes Zubrot verdienen kann).
Heute, am 29.07.2009, erreichte uns eine Mitteilung über eine Abmahnung zu dem Thema. Eine Rechtsanwaltskanzlei aus Gera mahnt im Namen eines Mandanten, welcher mit PC-Systemen, Notebooks, Monitoren, Projektoren etc. handelt, die Nichtangabe von Versandkosten bei Google Base ab. Natürlich beruft man sich dabei auf das BGH-Urteil:
"Der BGH hat am 16.07.2009, Aktenzeichen I ZR 140/07, enschieden, dass bei Preisangaben in Preisvergleichslisten der Verbrauch auf einen Blick erkennen können muss, ob der angegebene Preis die Versandkosten enthalte oder nicht."
Die Kanzlei setzt in Ihrer Abmahnung einen Streitwert von 25.000 Euro an. Das beschert Einnahmen i.H.v. 1.085,04 Euro. Die obergerichtliche Rechtssprechung sieht solche Streitwerte mittlerweile aber als überzogen an.
Das OLG Hamburg (Beschluss v. 13.07.2003, Az: 3 W 113/06) hält für die fehlende Versandkostenangabe einen Streitwert von 10.000 Euro für angemessen. Das KG Berlin (Beschluss v. 14.11.2006, Az: 5 W 254/06) hält sogar nur 5.000 Euro beim fehlenden Versandkostenhinweis für ausreichend und meint, dass schon 20.000 Euro in einem solchen Fall "deutlich übersetzt" sind. Auch das OLG Hamm (Beschluss vom 28.03.2007 - 4 W 19/07) sieht 10.000 Euro als angemessen an.
Die Abmahnung trägt das Datum vom 28.07.2009. Die Frist zur Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung ist auf den 31.07.2009 gesetzt. Ob drei Tage den Vorgaben der BGH-Rechtssprechung zur Angemessenheit von Fristlängen genügt, soll hier nicht bewertet werden.
Dabei vermeidet es der Abmahnanwalt aus Gera, darauf hinzuweisen, dass zur Fristwahrung auch eine Vorabübersendung per Fax genügen würde. Das Abmahn-Opfer hat also gerade mal 2 Tage Zeit, sich anwaltlich beraten zu lassen und eine Antwort zu verfassen, denn spätestens am 30. Juli muss das Schreiben zur Post, damit die Abmahnkanzlei den Brief am 31.07. im Briefkasten hat.
Es fällt natürlich besonders auf, dass die abmahnende Kanzlei nichts mit dem Wettbewerbsrecht oder dem E-Commerce zu tun hat. Auf der Homepage der Kanzlei finden sich die Schwerpunkte Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, Strafrecht und Versicherungsrecht.
Gerade in den letzten Monaten wurden sehr viele Entscheidungen zu rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen gefällt. Fast in all diesen Urteilen spielte auch ein überhöhter Streitwert eine Rolle. Auch eine zu kurze Frist dürfte ein Indiz dafür sein, dass hier nicht die Herstellung eines fairen Wettbewerbs die eigentliche Triebfeder der Abmahnung war. Der Abgemahnte sollte wohl vielmehr unter Zeitdruck gesetzt werden.
Aber natürlich kann eine Abmahnung nicht pauschal als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden, sondern dies muss immer am Einzelfall geprüft werden. Shopbetreiber, die eine Abmahnung erhalten haben, sollten sich daher dringend anwaltlich beraten lassen.
Auch wenn das BGH-Urteil in der Sache richtig und verständlich ist, ist dies noch lange kein Grund, dass jetzt jeder Anwalt dieses Urteil ausnutzt, um sich kleine Extra-Einnahmen zu bescheren.
Shopbetreiber sollten Preissuchmaschinen, die die Versandkosten nicht mit ausweisen, wohl komplett meiden, da auch sie sonst von Abmahnungen bedroht sind. (mr)
Siehe auch die Diskussion im Google-Base Forum.