Der VgU Verein gegen Unwesen in Handel & Gewerbe Köln e.V. ist das, was man landläufig einen „Abmahnverein“ nennt. Formell handelt es sich um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Einer dieser Abmahnvereine ist der VgU Verein gegen Unwesen in Handel & Gewerbe Köln e.V.. Der VgU mahnt umfangreich ab und darf dies auch, da er unter anderem in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt der Justiz eingetragen ist.

Die Abmahnung eines Abmahnvereins wird durch den Abgemahnten nach meiner langjährigen Erfahrung häufig nicht ernst genommen. Der allererste Blick bei einer Abmahnung fällt bei den Abgemahnten häufig auf die geltend gemachten Kosten. Ein Abmahnverein darf immer nur die tatsächlichen Kosten, die für eine Abmahnung anfallen, geltend machen, anders als bei Abmahnkosten eines Rechtsanwaltes, der seine Kosten nach dem Streitwert berechnet. Insofern ist eine Abmahnung des VgU mit aktuell 245,18 Euro relativ „preiswert“. Aus diesem Grund werden derartige Abmahnungen häufig nicht ernst genommen und es wird vorschnell die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

Warum dies ein großes Problem darstellt, erläutere ich in dem Beitrag „Preiswert aber genauso gefährlich: Abmahnung eines Abmahnvereins“.

Unterlassungserklärung häufig sehr viel weitgehender als gedacht

Der VgU mahnt häufig unzulässige Werbeaussagen beim Angebot von Lebensmitteln bzw. Nahrungsergänzungsmitteln ab, fehlende Grundpreise, Fehler in der Widerrufsbelehrung oder einen fehlenden Link auf die OS-Plattform, aber auch das Angebot von Türstoppern in Tierform oder fehlende Informationen beim Angebot von Lebensmitteln, die nach LMIV vorgeschrieben sind. In der Regel bezieht sich der VgU auf ein bestimmtes Angebot auf einer bestimmten Plattform, häufig eBay.

Die Unterlassungserklärung ist jedoch sehr viel weitgehender: Es gibt – zurecht – keine Beschränkung in der Unterlassungserklärung auf die abgemahnte Plattform. Vielmehr gilt die Unterlassungserklärung ganz grundsätzlich für alle Internetangebote. Wer somit z.B. wegen eines Verstoßes bei eBay abgemahnt wurde, muss auch gewährleisten, dass seine Angebote z.B. im Internetshop oder bei Amazon nicht gegen die Unterlassungserklärung verstoßen. Soweit Aussagen bzw. die Werbung von Lebensmitteln gerügt wird, beschränkt sich die Unterlassungserklärung ebenfalls nicht auf das konkret abgemahnte Lebensmittel, nicht einmal auf die konkrete Aussage. Vielmehr können auch ähnliche Aussagen von der Unterlassungserklärung umfasst sein. Man spricht hier von einem sogenannten kerngleichen Verstoß.

Verein gegen Unwesen in Handel & Gewerbe Köln e.V. macht Vertragsstrafe geltend

Mutmaßlich zum Finanzierungskonzept eines Abmahnvereins gehört die Geltendmachung von Vertragsstrafen. Die Motivation, eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung zu überprüfen, ist hoch, da es in diesen Fällen direkt Geld in die Kasse des Abmahners gibt. Eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung ist zudem sehr lange wirksam. Es kann somit passieren, dass zum Teil Jahre später eine in der Vergangenheit abgegebene Unterlassungserklärung überprüft wird und eine Vertragsstrafe geltend gemacht wird.

Auch der VgU macht, wie mir aus meiner Beratungspraxis bekannt ist, Vertragsstrafen geltend. Hier weiß der VgU offensichtlich zum Teil sehr genau, wo er nachhaken kann. Soweit es um unzulässige Werbeaussagen im Zusammenhang mit Lebensmitteln geht, kann ein Verstoß gegen die Unterlassungserklärung auch dadurch vorliegen, dass die Verpackung des Lebensmittels diese unzulässige Werbeaussage enthält. Wenn Produktbilder oder Aussagen im Internet abgeändert wurden, kann es immer noch ein Problem mit den Produkten selbst geben. Gerade bei einem Verstoß gegen die Health-Claim-VO ist mir aus der Beratungspraxis bekannt, dass es auch deutsche Hersteller von Lebensmitteln gibt, die unzulässige Aussagen auf der Verpackung haben. Es geht hier um „normale“ Lebensmittel und nicht um Nahrungsergänzungsprodukte.

Wie hoch ist die Vertragsstrafe?

Der VgU legt der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung bei. In der Unterlassungserklärung soll der Abgemahnte sich auf der einen Seite verpflichten, etwas zu unterlassen. Eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Abmahnverein ist jedoch nur dann ausreichend, wenn für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe eingeräumt wird. In einer Unterlassungserklärung des VgU heißt es, dass für jeden Fall künftiger schuldhafter Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen ist, deren Höhe vom Verein gegen Unwesen in Handel & Gewerbe Köln e.V. angemessen festzusetzen ist und die im Streitfall hinsichtlich der Angemessenheit durch das zuständige Gericht überprüft werden kann.

Zunächst sollte geklärt werden, ob überhaupt ein Verstoß vorliegt. Dann geht es als nächstes um die Frage, ob die Vertragsstrafe, die der VgU fordert, angemessen ist. Die Frage der Angemessenheit einer Vertragsstrafe ist schwer zu beantworten. Es kommt immer auf die Art des Verstoßes an, eine Rolle können auch die finanziellen Verhältnisse des Abgemahnten spielen. Wenn es jedenfalls keine außergerichtliche Einigung über die Höhe der Vertragsstrafe gibt, kann der VgU die Vertragsstrafe einklagen. Zuständig ist hierbei das Gericht am Ort des Abgemahnten, was ebenfalls einen Einfluss auf die Höhe der Vertragsstrafe haben kann.

Ggf. kann über die Höhe der Vertragsstrafe verhandelt werden. Im Vordergrund sollte jedoch bei einer Abmahnung immer stehen, keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Beratung eine Unterlassungserklärung abzugeben. Wenn eine Unterlassungserklärung abgegeben wurde, sollte auf jeden Fall durch organisatorische Maßnahmen gewährleistet sein, dass gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung nicht verstoßen wird.

Über Johannes Richard

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke. Er betreibt die Seite www.internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Abgemahnte.

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