Die Europäische Kommission hat ihre geplanten Änderungen der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL; RL 2011/83/EU) und der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL; RL 2005/29/EG) vorgestellt. Vorgesehen sind u.a. neue Informationspflichten hinsichtlich Lebensdauer und Reparierbarkeit von Produkten und ein Verbot von Greenwashing. Mit der Aktualisierung der Verbraucherschutzvorschriften sollen zudem das Bewusstsein für den ökologischen Wandel gestärkt und die Verbraucher vor falschen Umweltaussagen geschützt werden.

Hintergrund

Der Vorschlag der Kommission ist eine Folgemaßnahme des europäischen „Green Deals“. Durch den Richtlinienentwurf sollen für eine nachhaltige Produktpolitik die Position der Verbraucher gestärkt und Möglichkeiten zur Kosteneinsparung geschaffen werden. Verbraucher sollen besser an der Kreislaufwirtschaft beteiligt werden, insbesondere durch bessere Informationen über die Haltbarkeit und Reparierbarkeit bestimmter Produkte vor Vertragsschluss und Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken wie Greenwashing, Praktiken hinsichtlich eines frühzeitigen Ausfallens der Produkte (sog. Obsoleszenz) und der Verwendung intransparenter Nachhaltigkeitssiegel. Zudem möchte die Kommission Anreize schaffen, durch verpflichtende Informationen (längere) Haltbarkeitsgarantien anzubieten.

Neue Begriffe in der VRRL

Zunächst sollen in Art. 2 VRRL neue Begriffe eingeführt werden, u.a. der Begriff der „energiebetriebenen Ware“, der „gewerblichen Haltbarkeitsgarantie“ und der „Reparaturkennzahl“.

Folgende Nummer 3a wird eingefügt:

3a. „energiebetriebene Ware“ jede Ware, die auf Energiezufuhr (Elektrizität, fossile Treibstoffe oder erneuerbare Energiequellen) angewiesen ist, um bestimmungsgemäß zu funktionieren;

Folgende Nummern 14a bis 14e werden eingefügt:

14a. „gewerbliche Haltbarkeitsgarantie“ eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie des Herstellers im Sinne des Artikels 17 der Richtlinie (EU) 2019/771, nach der ein Hersteller während der gesamten Laufzeit dieser Garantie direkt gegenüber dem Verbraucher für Reparaturen und den Ersatz von Waren haftet;

14b. „Haltbarkeit“ die Haltbarkeit im Sinne des Artikels 2 Nummer 13 der Richtlinie (EU) 2019/771;

14c. „Hersteller“ den Hersteller im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2019/771;

14d. „Reparaturkennzahl“ eine Kennzahl, die die Reparierbarkeit einer Ware auf der Grundlage einer nach Unionsrecht festgelegten Methode ausdrückt;

14e. „Software-Aktualisierung“ eine kostenfreie Aktualisierung, einschließlich einer Sicherheitsaktualisierung, die erforderlich ist, um die Vertragsmäßigkeit der Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen nach den Richtlinien (EU) 2019/770 und (EU) 2019/771 aufrechtzuerhalten;

Neue Informationspflichten

Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass die vorvertraglichen Informationspflichten sowohl für den stationären als auch für den Online-Handel ausgeweitet werden.

Verpflichtende Information über Lebensdauer

Die Änderungen hinsichtlich Fernabsatzverträgen sehen vor, dass Unternehmer künftig darüber informieren müssen, ob und wie lange gewerbliche Haltbarkeitsgarantien des Herstellers für die Warenarten bestehen, wenn diese Informationen vom Hersteller zur Verfügung gestellt wurden. Bei energiebetriebenen Waren soll zudem eine Negativinformation erforderlich sein, falls der Hersteller keine Informationen über das Bestehen einer Haltbarkeitsgarantie vorgelegt hat. In diesem Fall soll diese Information ebenso hervorgehoben werden wie die übrigen Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen nach dem Verkauf und gewerblichen Garantien.

Folgende Buchstaben ma bis md werden eingefügt:

1.ma) für alle Warenarten die Information, dass für die Waren eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie gilt, sowie deren Laufzeit in Zeiteinheiten, wenn diese Garantie für die gesamte Ware gilt und eine Laufzeit von mehr als zwei Jahren hat, sofern der Hersteller diese bereitstellt;

2.mb) für energiebetriebene Waren die Information, dass der Hersteller keine Informationen über das Bestehen einer gewerblichen Haltbarkeitsgarantie mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren bereitgestellt hat, wenn der Hersteller die in Buchstabe ma genannten Informationen nicht bereitstellt. Diese Informationen sind mindestens ebenso hervorzuheben wie andere Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen nach dem Verkauf und gewerblichen Garantien nach Buchstabe m;

Diese beiden Informationen sollen auch in Art. 8 Abs. 2 VRRL aufgenommen werden. Das bedeutet, dass dem Verbraucher die Informationen über das Bestehen und die Laufzeit der gewerblichen Haltbarkeitsgarantie des Herstellers oder im Falle energiebetriebener Waren die Angabe, dass keine entsprechenden Informationen bereitgestellt wurden, unmittelbar vor Abgabe seiner Bestellung zur Verfügung gestellt werden müssen.

Verpflichtende Informationen über Updates

Ebenfalls sollen die Unternehmer dazu verpflichtet werden, bei Waren mit digitalen Elementen, digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen darüber zu informieren, ob und wie lange der Hersteller bzw. der Anbieter sich dazu verpflichtet, Software-Aktualisierungen bereitzustellen.

Folgende Buchstaben ma bis md werden eingefügt:

1.mc) für Waren mit digitalen Elementen den Mindestzeitraum in Zeiteinheiten, in dem der Hersteller Software-Aktualisierungen bereitstellt, sofern im Vertrag nicht die fortlaufende Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen über einen Zeitraum vorgesehen ist, sofern der Hersteller diese Informationen bereitstellt. Werden Informationen über das Bestehen einer gewerblichen Haltbarkeitsgarantie nach Buchstabe ma bereitgestellt, werden die Informationen über die Aktualisierungen bereitgestellt, wenn diese Aktualisierungen über einen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden, der länger ist als die gewerbliche Haltbarkeitsgarantie;

2.md) für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen den Mindestzeitraum in Zeiteinheiten, in dem der Anbieter Software-Aktualisierungen bereitstellt, sofern im Vertrag nicht die fortlaufende Bereitstellung der digitalen Inhalte und digitalen Dienstleistungen über einen Zeitraum vorgesehen ist, sofern der Anbieter nicht der Unternehmer ist und diese Informationen bereitstellt;

Informationen über Reparaturkennzahl und Reparierbarkeit

Ergänzt werden sollen die vorvertraglichen Informationspflichten um Angaben hinsichtlich der Reparaturkennzahl und anderer Reparaturinformationen, falls keine Reparaturkennzahl verfügbar sein sollte, z.B. Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Reparaturanleitungen.

Die folgenden Buchstaben u und v werden angefügt:

1.u) gegebenenfalls die Reparaturkennzahl der Waren;

2.v) wenn Buchstabe u nicht anwendbar ist, vom Hersteller bereitgestellte Informationen über die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, einschließlich des Bestellverfahrens, und über die Verfügbarkeit von Benutzerhandbüchern und Reparaturanleitungen.

Änderungen der UGP-RL

Zudem soll die UGP-RL mehrere Änderungen hinsichtlich Umweltwerbung erfahren.

Erweiterung der Irreführungstatbestände

Die Liste der Produktmerkmale in Art. 6 Abs. 1 UGP-RL, über die ein Gewerbetreibender einen Verbraucher nicht täuschen darf, soll dahingehend geändert werden, dass „ökologische und soziale Folgen“, „Haltbarkeit“ und „Reparierbarkeit“ aufgenommen werden. Weitere Anpassungen sind für Art. 6 Abs. 2 UGP-RL vorgesehen. In Bezug auf die Geschäftspraktiken, die als irreführende Handlungen anzusehen sind, wenn sie den durchschnittlichen Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen oder geeignet sind, ihn dazu zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, sollen zwei zusätzliche Praktiken aufgenommen werden:

1.d) Treffen einer Umweltaussage über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive und überprüfbare Verpflichtungen und Ziele sowie ohne ein unabhängiges Überwachungssystem;

2.e) Werbung mit Vorteilen für Verbraucher, die in dem betreffenden Markt als gängige Praxis gelten.

Irreführung durch Unterlassen

Zudem soll die Liste mit Informationen in Art. 7 UGP-RL, die bei spezifischen Geschäftspraktiken als wesentlich angesehen werden und deren Unterlassung dazu führen kann, dass die betreffende Geschäftspraxis als irreführend gilt, um einen Absatz 7 erweitert werden:

(7) Bietet ein Gewerbetreibender eine Leistung an, die Produkte vergleicht, auch durch die Verwendung eines Nachhaltigkeitsinformationsinstruments, werden Informationen über die Vergleichsmethode, die betreffenden Produkte und die Lieferanten dieser Produkte sowie die bestehenden Maßnahmen, um die Informationen auf dem neuesten Stand zu halten, als wesentlich angesehen.

Erweiterung der Schwarzen Liste

Auch sollen zehn weitere Per-se-Verbote, die unter allen Umständen als unlauter anzusehen sind, im Anhang I UGP-RL (der sog. „schwarze Liste“) ergänzt werden.

Die geplanten Nr. 2a, 4a und 4b betreffen Umweltaussagen:

2a. Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde.

4a. Treffen einer allgemeinen Umweltaussage, bei der der Gewerbetreibende für die anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezieht, keine Nachweise erbringen kann.

4b. Treffen einer Umweltaussage zum gesamten Produkt, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts bezieht.

Die übrigen geplanten Tatbestände betreffen u.a. Irreführungen hinsichtlich eines geplanten Ausfallens des Produkts und Irreführungen hinsichtlich negativer Auswirkungen eines Software-Updates bei Waren mit digitalen Elementen.

10a. Präsentation von Anforderungen, die kraft Gesetzes für alle Produkte in der betreffenden Produktkategorie auf dem Unionsmarkt gelten, als Besonderheit des Angebots des Gewerbetreibenden.

23d. Unterlassung der Information des Verbrauchers, dass sich eine Software-Aktualisierung negativ auf die Verwendung von Waren mit digitalen Elementen oder bestimmte Merkmale dieser Waren auswirkt, selbst wenn die Software-Aktualisierung die Funktionsweise anderer Merkmale verbessert.

23e. Unterlassung der Information des Verbrauchers, dass ein Merkmal einer Ware vorliegt, das eingeführt wurde, um ihre Haltbarkeit zu beschränken.

23f. Behauptung, dass eine Ware eine gewisse Haltbarkeit hinsichtlich der Nutzungszeit oder -intensität hat, wenn dies nicht der Fall ist.

23g. Präsentation von Waren als reparierbar, wenn sie es nicht sind, oder Unterlassung der Information des Verbrauchers, dass die Ware nicht im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen repariert werden kann.

23h. Veranlassen des Verbrauchers, Betriebsstoffe einer Ware früher zu ersetzen, als dies aus technischen Gründen notwendig ist.

23i. Unterlassung der Information, dass eine Ware so konzipiert wurde, dass ihre Funktionalität durch die Verwendung von Betriebsstoffen, Ersatzteilen oder Zubehör, die nicht vom ursprünglichen Hersteller bereitgestellt wurden, beschränkt wird.

Fazit

Noch handelt es sich bei den geplanten Änderungen um einen Vorschlag der Kommission. Dieser wird nun im Rat und im Europäischen Parlament erörtert. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen in dem nun anlaufenden Gesetzgebungsverfahren selbstverständlich auf dem Laufenden.

Den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen können Sie hier abrufen.

Andrey_Popov/Shutterstock.com

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