Das Thema außergerichtliche Streitschlichtung findet kein Ende. Aber nicht etwa, weil es ein so erfolgreiches Modell ist, was sich der Gesetzgeber da ausgedacht hat. Nein, das Thema bleibt präsent, weil es zum Abmahngrund Nummer 1 aufgestiegen ist. Leider.
Seit 1. Februar 2017 müssen Online-Händler gemäß § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich davon in Kenntnis zu setzen, inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Ist der Händler zur Teilnahme verpflichtet, muss er dazu die zuständige Schlichtungsstelle nennen sowie eine Erklärung abgeben, dass er auch an Schlichtungsverfahren teilnehmen wird.
Diese Pflicht trifft alle Online-Händler, die am 31.12. des Vorjahres mindestens 11 Personen beschäftigt hatten (dabei zählen alle Mitarbeiter, also vom Praktikanten bis zur Führungskraft).
Abmahnungen wegen fehlender Information
Informieren Händler nicht nach diesen Vorgaben, drohen Abmahnungen. Aktuell liegen uns Abmahnungen von vzbv sowie vom Abmahnverein IDO vor.
Verbraucherschutzvereine können diesen Verstoß abmahnen, weil § 36 VSBG ein Verbraucherschutzgesetz gemäß dem Unterlassungsklagengesetz ist.
Zusätzlicher Hinweis auf OS-Plattform
Seit 9. Januar 2016 müssen Online-Händler bereits auf die von der EU-Kommission bereitgestellte OS-Plattform hinweisen.
Achtung:
Beide Informationspflichten bestehen nebeneinander! Wird nur der Hinweis auf die OS-Plattform gegeben, aber nicht die Information nach § 36 VSBG erfüllt, kann dies abgemahnt werden.
Ebenso, wenn nur die Information nach § 36 VSBG erteilt wird, nicht aber der Hinweis auf die OS-Plattform.
Hinweis zur Teilnahmebereitschaft
Online-Händler müssen nach § 36 VSBG darüber informieren, inwieweit sie bereit sind, an Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Teilnahme gibt es für “normale” Online-Händler nicht. Lediglich vereinzelte Branchen sind verpflichtet.
Händler können also frei entscheiden, ob sie bereit sind, an solchen Verfahren teilzunehmen.
Es würde also schon reichen, wenn man schreibt
“Zur Teilnahme an Streitschlichtungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle sind wir weder bereit noch verpflichtet.”
Da das Verfahren äußerst unfair ausgestaltet ist, werden sich wohl die meisten Händler gegen die Teilnahme an Schlichtungsverfahren entscheiden. Denn: Die Kosten dieses Verfahrens trägt der Händler, selbst wenn er am Ende zu 100 Prozent Recht bekommt.
[hubspotform whitepaper=”true” title=”Kostenloses Whitepaper – Streitschlichtung: Muster für Ihren Online-Shop” image_path=”” image_text=”Damit Sie nicht wegen fehlenden oder falschen Informationen zur Teilnahmebereitschaft an Streitschlichtungsverfahren abgemahnt werden können, haben wir für Sie kostenlose Mustertexte für den Einsatz in Ihrem Shop erstellt, die Sie in unserem kostenlosen Whitepaper finden.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”1cb2bb7e-616a-4db8-b390-0bc158d9902a” css=””]
Informationspflicht nach Entstehen einer Streitigkeit
Ist ein Streit mit einem Verbraucher entstanden, treffen alle Online-Händler (unabhängig von der Mitarbeiteranzahl) weitere Pflichten. Dann ist der Verbraucher in Textform (also z.B. per Mail) über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinzuweisen.
Außerdem muss der Händler dann erneut darauf hinweisen, ob er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Diese Informationspflicht ist völlig absurd. Was nutzt dem Verbraucher die Information über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle, wenn der Unternehmer gleichzeitig erklärt, nicht an einem Verfahren vor dieser Stelle teilzunehmen?
Aber auch das Fehlen dieser Information kann abgemahnt werden.
Fazit
Der Gesetzgeber hat mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz ein neues, großes Abmahnthema geschaffen. Das ist etwas zynisch, denn eigentlich soll dieses Gesetz ja dazu beitragen, dass Streitigkeiten beigelegt werden können. Tatsächlich führt es aber zu massiven Rechtsstreitigkeiten. Händler sollten darauf achten, die Informationspflichten zu erfüllen, am besten sowohl im Impressum wie auch zusätzlich in den AGB.
Wurden Sie bereits aus diesem oder anderen Gründen abgemahnt? Wir helfen Ihnen in unserem Abmahnschutzpaket gerne weiter. Sprechen Sie uns gerne an.
Bildnachweis: Sebastian Duda/shutterstock.com
Sehr eehrter Herr Rätze,
erst einmal vielen Dank für diese Darstellung. Allerdings verbleiben immer noch einige Fragen:
Ist es richtig, dass kleinere Händler (weniger als 11 Mitarbeiter) nur den link veröffentlichen müssen?
Im Fall von Streitigkeiten mit einem Verbraucher:
Schreiben alle Händler dem Verbraucher dass sie ggfls. nicht teilnehmen und die Adresse der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle?
Wie findet der Händler denn heraus welche zuständig ist? Gibt es da eine Datenbank? Gilt der Ort des Händlers oder der des Verbrauchers?
Über Ihre Antworten würde ich mich sehr freuen.
Schöne Grüße!
Peter
Hallo Peter,
gerne möchte ich Ihre Fragen beantworten.
“Ist es richtig, dass kleinere Händler (weniger als 11 Mitarbeiter) nur den link veröffentlichen müssen?” – Ja, alle Online-Händler müssen unabhängig von der Anzahl der beschäftigten den Link auf die OS-Plattform bereitstellen.
“Im Fall von Streitigkeiten mit einem Verbraucher:
Schreiben alle Händler dem Verbraucher dass sie ggfls. nicht teilnehmen und die Adresse der zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle?” – Genau, richtig.
“Wie findet der Händler denn heraus welche zuständig ist? Gibt es da eine Datenbank? Gilt der Ort des Händlers oder der des Verbrauchers?” – Es gibt in Deutschland aktuell nur eine Verbraucherschlichtungsstelle für “normale” Online-Händler: https://www.verbraucher-schlichter.de/
Guten Tag Herr Rätze,
die Frage stellt sich nur, wann denn ein “Streitfall” überhaupt einer ist und ab welchem Zeitpunkt.
Wohl fast jeder Online-Händler wird ja zunächst versuchen, eine Beschwerde, welcher Art auch immer, mit dem Kunden zu lösen.
Würden wir vorsorglich der Möglichkeit eines sich anbahnenden Streites unsere Kunden mit diesen Informationen überschütten, wird er sie in aller Regel nicht oder schlimmstenfalls als ablehnend verstehen, was dann eher zur einer Verschlimmerung des “Streitfalles” führt.
Und wer soll das abmahnen, es sei denn der Verbraucher beschwert sich an geeigneter Stelle über das Fehlen dieses Hinweises in einem email ?
Das ist eine sehr gute Frage, auf die ich leider auch keine Antwort weiß. Das Gesetz lässt völlig offen, wann ein Streit entstanden ist. Ist das schon der Fall, wenn der Kunde eine Beschwerdemail schreibt, der Shop antwortet, der Kunde sich dann aber nicht mehr meldet? So richtig weiß das aktuell leider niemand.
Sie haben absolut Recht damit, dass es wohl eher kontraproduktiv wäre, den Kunden mit diesen Infos zubombardieren zu wollen.
Abmahnen könnten das Verbraucherschutzvereine, wenn sich der Kunde beschwert. Oder aber es handelt sich um einen Testkauf eines Mitbewerbers.
“Es gibt in Deutschland aktuell nur eine Verbraucherschlichtungsstelle für „normale“ Online-Händler: https://www.verbraucher-schlichter.de/”
Nun bin ich etwas verwirrt, ich dachte, es handelt sich um diesen Link:
http://ec.europa.eu/consumers/odr/
Oder gibt es hier schon wieder eine neue Stelle/Pflicht?
Vielen Dank!
@Jörg,
wenn man sich über die EU-Site zu D durchhangelt, wird die verbraucher-schlichter.de als erste Schlichtungsstelle genannt, zuständig für sehr viele Güter, siehe Information > Verfahren.
Andere betreffen nur Banken, Bahn, Versicherungen usw.
Also keine neue Stelle …
@Autor:
vielen Dank für diesesn guten Artikel
VG