Viele Online-Händler betreiben neben dem Web-Shop auch ein stationäres Geschäft. Doch wie lassen sich die beiden Kanäle nachhaltig miteinander zu einem einheitlichen Einkaufserlebnis verbinden: Multichannel, Crosschannel oder Omnichannel? Was bedeuten die Begrifflichkeiten und worin unterscheiden sie sich?
Flexibilität und Mobilität zeichnen schon heute den internetaffinen Verbraucher aus. Er möchte bedarfsgerecht frei wählen können, ob er seine Ware online oder offline kauft und im Internet oder Geschäft bezahlt – und dies individuell kombinierbar. Komfortable Bezahl- und Check-out-Optionen sowie Logistikkonzepte wie Click & Collect unterstützen die effiziente Kombination der Online- und Offline-Welten. Die tagesaktuelle Lieferung rundet das Einkaufserlebnis ab. All diese Strategien miteinander verbunden bieten den größtmöglichen Kundenkomfort. Aber welchen Namen trägt das Kind denn nun?
Multichannel – die Parallelwelten
Als älteste und gängigste Bezeichnung des so genannten Mehrkanalhandels gilt Multichannel. Der Name spricht für sich und impliziert „mehrere Wege“ im Verkauf. Multichannel steht jedoch für einen siloartigen Ansatz mit mehreren parallel zueinander existierenden Vertriebslinien. Diese interagieren nicht, d.h. sie sind nicht miteinander verbunden.
Die für den Kunden wichtigen Kanäle wie beispielsweise stationäres Ladengeschäft und Onlineshop existieren zwar, sind aber losgelöst voneinander. Der Kunde hat nicht die Möglichkeit, kanalübergreifend zu agieren und sich beispielsweise im Geschäft zu informieren, aber online zu bestellen bzw. zu bezahlen und umgekehrt. Dieses Prinzip der unabhängigen, nebeneinander existierenden Kanäle hat sich weiterentwickelt zum Crosschannel.
Crosschannel – quer durch mehrere Kanäle
Im Gegensatz zum Multichannel zeigt sich Crosschannel als integratives Konzept. Auch hier existieren alle Kanäle, aber nicht autark, sondern sie sind miteinander verknüpft. Der Kunde kann kanalübergreifend agieren. Er besitzt beispielsweise ein Kundenkonto, das alle relevanten Daten beinhaltet und sowohl online als auch offline verfügbar ist. So kann er sich entscheiden, ob er sich zuvor im Geschäft informiert und später online bestellt und zahlt – oder umgekehrt. Der Kaufvorgang kann somit bedarfsgerecht vorgenommen werden.
Die Geschäftsprozesse, die quer durch alle Kanäle verknüpft sind, entsprechen den Anforderungen vieler Händler. Jedoch wünschen sich Kunden oftmals einen noch größeren Komfort. Denn die Übergänge zwischen den einzelnen Kanälen sind im Crosschannel „spürbar“ – beispielsweise durch die erforderliche wiederholte Eingabe von Login-Daten etc. Omnichannel macht es den Käufern hingegen so einfach wie möglich.
Omnichannel – alle Kanäle nahtlos vernetzt
Nach Multichannel und Crosschannel wird Omnichannel als neuer Standard des Handels zur Verbindung der Online- und Offline-Welt gehandelt. Hierbei existieren alle möglichen verfügbaren Kanäle und ein nahtloser Übergang. Der Kunde kann sich auf sämtlichen Wegen informieren und einkaufen, ohne dass seine bisherigen Daten und Informationen verloren gehen.
Im Detail bedeutet dies beispielsweise: Der moderne Verbraucher möchte vom breiteren Online-Sortiment profitieren, aber gleichzeitig die Möglichkeit haben, online erworbene Produkte in der Filiale zurückgeben bzw. umtauschen können.
Neben dem Instore-Return-Prinzip ist gleichzeitig Instore-Order für den Verbraucher interessant, da das Geschäft als verlängerter Arm zum Online-Gesamtsortiment fungiert. Es ergibt sich eine sinnvolle Erweiterung des Filialwarenbestands. Virtuelle Regalverlängerungen durch digitale Displays und Polytouch-Oberflächen geben den Weg zum Gesamtangebot frei.
Verschiedene Smartphone-Konzepte unterstützen das Prinzip. Schnell ist ein Artikel über das Mobiltelefon reserviert und kann im Geschäft abgeholt werden – dies birgt den Vorteil, dass der Händler im Geschäft beratend tätig werden und weitere Kaufimpulse auslösen kann.
Fanden umgekehrt Beratung und Test des Produktes im Geschäft statt und der Kunde benötigt Bedenkzeit, so kann die Bestellung nach reiflicher Überlegung online erfolgen. Hier gibt es die Möglichkeit, für den Kunden bereits einen vorgefertigten Warenkorb einzurichten, so dass er die Bestellung mit einem Klick auslösen kann. Mit einem Express-Checkout wird der automatische Bestell- und Zahlvorgang erleichtert.
Autoreninfo
Hans-Peter Weber ist seit mehr als 15 Jahren Experte im Bereich elektronische Zahlungssysteme für den Online- und Offlinehandel. Er ist Vorstand der secupay AG sowie Geschäftsführer der POS-Cash KG und secucard KG. Zu seinem Spezialgebiet zählen unter anderem Themen wie bargeldlose Zahlungsabwicklung für Online-Commerce, Marktplätze und Multichannel/Omnichannel.
Omnichannel? Schon wieder treiben Berater eine neue Sau durchs Dorf. Omni ist lateinisch und heißt bekanntlich “alle”. Auf Deutsch würde man also von einem “Allkanal”-Vertrieb reden. Allein schon dieser Begriff zeigt die Absurdität des Konzepts: Es ist unmöglich wirklich alle Kanäle zu bedienen. Würde man es ernst meinen mit “omni”, dürfte man ja auch den Vertrieb über TV-Shopping-Sender und über klingenputzende Vertreter, die von Haus zu Haus ziehen, als Vertriebsweg nicht auslassen.
Allein schon am Einstieg in den Verkauf über Onlineshops werden sich viele stationäre Händler einen Bruch heben: Sie werden es kaum schaffen, ihre Investitionen wieder hereinzuholen und Gewinn zu erzielen. Alexander Graf von Kassenzone.de schätzt aus (meiner Sicht völlig zutreffend), dass es eines Euro Invests für einen Euro Zielumsatz bedarf: http://www.kassenzone.de/2014/12/13/ein-euro-invest-fuer-einen-euro-zielumsatz/
Praxisbeispiel Globetrotter: Der Outdooranbieter befindet sich online im Rückwärtsgang und im Onlinebereich Mitarbeiter entlassen: http://www.abendblatt.de/hamburg/article124538024/Schon-100-Arbeitsplaetze-bei-Globetrotter-gestrichen.html Selbiges hat das Shopbetreiber-Blog erst vor 2 Tagen über die Onlineaktivitäten von Karstadt berichtet: http://www.shopbetreiber-blog.de/2015/08/17/karstadt-kapituliert-vor-dem-e-commerce/ Und auch Media Saturn, das so tolle Konzepte wie “Click & Collect” anbietet, gesteht ein, dass das Online-Wachstum den Frequenzrückgang in den stationären Geschäften noch nicht kompensieren kann: http://www.channelpartner.de/a/media-saturn-soll-bis-2020-zur-digital-company-werden,3045421
Ich bin von jeder Firma im Kreise unserer Wettbewerber begeistert, die sich an Multi- oder Omnichannel-Konzepten versucht: Das kostet eine Menge Geld, bindet Managementkapazitäten und liefert oft doch nur ein fragwürdiges Ergebnis. Am Ende haben nur neunmalkluge Unternehmensberater am ganzen Projekt verdient.
@Christian Rothe: Volle Zustimmung! Supermultiomnicrosschannel können sich eh nur die leisten, die von Investorengeldern leben. Mir reichen Ladengeschäft und Onlineshop völlig aus, wobei die Umsätze im Laden stark zulegen, während die Onlineumsätze stark rückläufig sind, letzteres stört mich aber recht wenig. Ich höre inzwischen immer öfter von Kunden, dass sie doch lieber im Geschäft einkaufen gehen, weil sie keine Lust haben, Zeugs immer hin- und herzuschicken. Omnichannel sorgt nur für ein Überangebot, bei dem irgendwann kein Kunde mehr durchsieht, vor allem, wenn es um verschiedene Plattformen mit verschiedenen Konditionen und Funktionen geht, theoretisch muss der Kunde nun nämlich auch noch das Angebet eines einzelnen Händlers auf all seinen Omnichannels vergleichen.
@Dunkelwelt Gothicshop Bis Omnichannel-Vertrieb bei den Unternehmen, die es sich (werden) leisten können, wirklich Früchte trägt, werden sicherlich noch einige Jahre ins Land gehen. Wir befinden uns im Augenblick noch vielfach in einer Terra Incognita. Ich vergleiche es gerne mit den frühen 60er Jahren, als in Deutschland die ersten Supermärkte mit Selbstbedienung eröffneten. Auch damals haben sicherlich nur wenige geahnt, dass dies die Zukunft des Handels werden wird. Vielleicht wird Omnichannel zukünftig nur ein Nischenkanal für einige wenige Big Player und in der Masse setzen sich andere Strategien durch. Es wird interessant dies mitzuverfolgen.
@Dunkelwelt Gothicshop: Ich denke, es ist branchenabhängig und richtet sich nach der Größe des jeweiligen Anbieters, ob ein Omnichannel-Konzept für ihn Sinn ergibt oder nicht. Ich gehe aber nicht konform mit Ihrer Meinung, dass ein Überangebot entsteht, das die Menschen überfordert – im Gegenteil: es eröffnet nur weitere Möglichkeiten und einen größeren Handlungsspielraum für die Käufer. Wie Herr Groß auch schreibt, konnten wir uns vor einigen Jahren beispielsweise die Selbstbedienungsbäckereien, Bestellung von Lebensmitteln über das Internet etc. auch nicht vorstellen. Es ist alles eine Frage der Zeit, der Digitalisierung und der damit wie selbstverständlich aufwachsenden nachfolgenden Generationen …
Beispielsweise ist derzeit das Bezahlen im Geschäft via Handy für viele noch unvorstellbar, aber bereits jetzt wird täglich über Mobile Payment diskutiert. Die ersten Konzepte befinden sich auf dem Markt – auch, wenn sie noch hinken …
Fakt ist, dass die Menschen heute einen möglichst hohen Komfort in vielen Bereichen geboten bekommen möchten und vieles annehmen, was das Leben erleichtert. Und dies bedient das Omnichannel-Prinzip. Der Käufer möchte frei entscheiden, wann und wo er kauft, umtauscht und wie er bezahlt.
Es ist noch ein langer Weg dahin und es wird sich zeigen, für welche Anbieter es sich durchsetzen wird (hier muss man sicher differenzieren) – aber der Kunde wird es über kurz oder lang dankbar annehmen, da bin ich sicher ;).
In der Tat ist es so, dass nicht jede Sau, die durch das Dorf getrieben wird, am Ende auch im Schweinestall landet. Manche enden auch auf der Schlachtbank des Metzgers. Unternehmen, die alle Kanäle bedienen wollen und es auch können, gibt es momentan nicht viele. Und es werden wahrscheinlich auch nicht sehr viele werden. Aber diejenigen, die Omnichannel umsetzen können, die müssen sich schon heute damit beschäftigen. Eine anschauliche Analogie sind die Discount-Märkte. Trotz der Erfolgsgeschichten von Aldi und Lidl ist die Anzahl der Discountmärkte in Deutschland auf wenige Marken beschränkt. Denn der Discountmarkt lebt einzig und allein von der Massenabnahme von Produkten, ohne die er die günstigen Preise nicht anbieten kann. Und eine solche Massenabnahme bei den Lieferanten ist nur bei flächendeckender Ausdehnung möglich. Und dies können nur wenige Unternehmen überhaupt umsetzen.
Zitat Ulrike Peter:”Fakt ist, dass die Menschen heute einen möglichst hohen Komfort in vielen Bereichen geboten bekommen möchten und vieles annehmen, was das Leben erleichtert.”
Und genau dieser Fakt bereitet mir schon lange Kopfschmerzen, die Menschen werden immer bequemer und lassen sich alles auf dem “Silbertablett” servieren und vergessen / verlernen dabei, dass “Selbstdenken”.
Aber genau dies, dürfte ja das Ziel vieler, vor allem großer Unternehmen sein, denn der Verbraucher soll nicht selbst denken, er soll nur bei ihnen kaufen, kaufen, kaufen.
Zitat Olaf Groß: “Unternehmen, die alle Kanäle bedienen wollen und es auch können, gibt es momentan nicht viele. Und es werden wahrscheinlich auch nicht sehr viele werden.”
Eben und genau dies in Verbindung mit dem vorherigen Zitat, empfinde ich als eine “gefährliche” Mischung.
Denn genau diese wenigen Unternehmen werden irgendwann die letzten “Überlebenden” sein und die Preise dürften dann ordentlich in die Höhe schießen. Ob dies dem Verbraucher gefällt?! Ich glaube nicht, nur dann ist es zu spät.
Es ist ja heute schon kaum noch durchzublicken, welche Firmen alle so zusammengehören, Muttergesellschaften mit zig Töchtern und Schwesterfirmen und was weiß ich noch.
Der Verbraucher glaubt bei einem anderem Unternehmen zu kaufen, dabei gehört es möglicherweise zu dem selben Konzern, wie der Laden in dem er evtl. nicht mehr kaufen möchte aus verschiedenen Gründen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen bei z. B. Saturn kaufen, weil sie nicht zum Media Markt wollen und umgekehrt und nicht wissen, dass die doch irgendwie zusammengehören, über den Metro-Konzern.
Hallo zusammen,
wir können verstehen, dass gerade kleine und mittelständige Händler verunsichert sind und sich vor hohen Investitionskosten scheuen. Wichtig ist aus unserer Sicht den Fokus auf die Bedürfnisse der Kunden zu richten. Mit einer wohlüberlegten Strategie und einem Partner, der bei der Umsetzung der gewünschten Ziele hilft, gelingt auch der Einstieg bei der Vernetzung von stationärem Geschäft und Onlineshop.
Einige Dienstleister haben bereits Omnichannel-Konzepte mit secupay umgesetzt. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an einem Baukasten, um Händlern und Dienstleistern einen kostengünstigen und variablen Einstieg in die Welt des Omnichannels zu ermöglichen.
Gern können sich alle Interessierten mit uns in Verbindung setzen, um an einer optimalen Lösung für das eigene Geschäft zu arbeiten.
Omnichannel wird ja nicht nur von den ganz Großen betrieben. Es gibt schon einige schöne Beispiele von kleineren Händlern.
Den kleinen Tante Emma Laden um die Ecke kennt vermutlich jeder noch. Inzwischen gibt es Emmas Enkel, die sowohl online als auch stationär das Einkaufen zu einem Erlebnis machen. Ganz gleich, ob man dort online kauft und die Sachen später im Laden abholt oder sich nach Hause schicken lässt. Oder aber auch im Laden kauft und sich dabei den Kaffee dazu über ein zur Verfügung gestelltes iPad bestellt – die Verküpfung aller Kanäle ist optimal.
Gut vorstellbar sind solche Konzepte auch im Bereich Bekleidung. Man bestellt online, die Ware passt aber leider nicht, also nehme ich das Kleidungsstück und springe in der Mittagspause in das Ladengeschäft und tausche einfach um. Im besten Fall gefällt mir noch ein weiteres Teil und kaufe dies auch noch.
Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt und auch für kleinere Händler realisierbar.