Hatten Sie Ärger mit der Agentur, Probleme mit Ihrer Shopsoftware, Bugs in vermeintlichen Standardlösungen? Ja – dann sind Sie nicht allein. Die Qualität im Netz lässt an allen Ecken und Enden nach, die Skalierbarkeit scheitert und die Rechnung geht an den Shopbetreiber.
Eine Rechnung, die bald nicht mehr aufgehen kann.
Lieber Shopbetreiber,
fast haben Sie es wieder geschafft – noch das Weihnachtsgeschäft abwickeln und dann ist Zeit, um über das Jahr 2012 rückwirkend mal nachzudenken. Meine drei Erkenntnisse aus schlaflosen Nächten und Ideen, die Ihnen helfen könnten.
Kompetenz ist nicht skalierbar!
Kleine Agenturen sind schnell, kreativ und günstig. Die Themen werden vom Chef erfasst, realisiert und anschließend umgesetzt. Sobald die Agentur wächst, telefonieren Sie nicht mehr mit dem Chef sondern mit dem Entwickler. Das klappt für die Agentur nicht lange und sie bekommen einen Projektmanager an die Leitung. Die Effizienz ist für Sie damit dahin. Themen werden nur noch erfasst – nicht mehr diskutiert.
Sie müssen besser vorbereitet sein, sollten kleine Fachkonzepte schreiben und sind verpflichtet selbst nachzudenken und zu planen. Sie können Möglichkeiten nur noch selbst abwägen und sollten das auch tun. Wenige Agenturen schaffen es, dass die Kompetenz des Gründers skaliert. Meistens bleibt die Kompetenz durch Wachstum auf der Strecke.
Kernkompetenz – das Fremdwort!
Den Agenturen und Dienstleistern geht es gut, die Geschäfte laufen hervorragend. Trotzdem will kein Schuster bei seinen Leisten bleiben. Jede Agentur versteht sich als Social Media Marketing Agentur, versteht sich als SEO oder Usability Experte und hat selbstverständlich Kompetenz bei der Conversion Optimierung und will auch selbst hosten. Es entsteht ein unübersichtlicher Brei von Leistungen, die in alle Richtungen gehen.
Die E-Commerce Welt ist aber deutlich komplexer geworden. In allen Bereichen haben sich Spezialisten entwickelt. Sie haben ein Recht auf Spezialisten und sollten die Kompetenz mit Erfahrungen und Referenzen genau erfragen. Verabschieden Sie sich vom Gedanken “alles aus einer Hand”. Sie wollen kein Fertighaus, sie wollen Individualität.
Qualität als Erfolgsfaktor
Module funktionieren nicht wie gedacht, das neuste Shop Update bringt weitere Bugs und die letzte Implementierung der Agentur war ein Desaster. Immer mehr Qualitätssicherung wird zum Kunden verschoben. Sie erhalten die 80%-Lösung und können den Rest selbst erledigen.
Definieren Sie bei jedem Auftrag klare Ziele. Was soll erreicht werden, wann soll es fertig sein und welcher Preis ist anschließend fällig. Beim Kauf eines Moduls muss Ihr Implementierungspartner anbieten, dass das Modul anschließend auch funktioniert. Laufen Sie nicht in die Falle, dass keiner verantwortlich ist und die Korrektur auf Ihre Kosten läuft. Ihr Implementierungspartner muss gegebenenfalls prüfen, ob das Modul für den Shop auch geeignet ist.
Die Branche hat sich die letzten zehn Jahre von Innovationstreibern, Kreativen, Gründen und Pionieren zu einer großen Schlamperwerkstatt entwickelt. Die Qualität leidet unter dem Wachstum. Im nächsten Level der Professionalität sollte jeder sich über die Qualität seiner Arbeit Gedanken machen, damit wir Usern weiterhin ein schönes Einkaufserlebnis bieten können.
Über den Autor
Johannes Altmann ist Gründer und Geschäftsführer der Shoplupe GmbH. Er berät mit seinem Team Online-Shops wie Herrenausstatter.de. Dallmayr, Jako-o oder Strenesse. Johannes Altmann ist Dozent an der Akademie des Deutschen Buchhandels und Initiator der Branchenauszeichnung “Shop Usability Award“. Laut exciting commerce ist Johannes Altmann Deutschlands bester Shopberater.
Herr Altmann,
vielen Dank für diese Ausformulierung 2er Probleme die mich 2012 auf Trab gehalten haben. Doch hier gilt leider ausnahmsweise der Grundsatz “Ein erkannter Feind ist kein Feind” leider nicht.
1. Die “Wir machen und können alles” Agenturen, sind heute leider der de-facto Standard. Finden Sie mal eine Agentur, die sagt: “Ja, Adwords können wir. Was Facebook angeht müssen Sie jemand anders fragen.” Man findet doch gar niemanden mehr, der seine echte Kernkompetenz nach aussen hin kommuniziert.
2. Das selbe gilt für verbuggte Standardsoftware. Hier wird auch m.E. gezielt der Endkunde als Betatester benutzt. Hier hilft nur ein Appell an die Softwarehersteller oder ein Wechsel. So schmerzhaft es auch ist. 2012 habe ich es noch nicht über der Herz gebracht…
Probleme die die Welt nicht braucht. Deswegen lösen wir all diese Probleme selber. Keine Mittelsmänner für Marketing und Software. In dieser schnelllebigen Welt lohnt es schon bei einer geringen Größe Angestellte für diese Aufgaben zu haben. Das macht einen deutlich flexibler.
Wo er Recht hat, hat er Recht, der Herr Altmann. Wobei man natürlich nicht alle Agenturen über einen Kamm scheren darf!
Herr Altmann hat mir aus der Seele gesprochen,
und genau diese Erfahrung habe ich in dieses Jahr auch gemacht.
Leider ist es soweit gekommen.
Kommentar vom Eric
Hi Hannes,
deine neue “E-Mail vom Altmann” habe ich mit einem lachenden un einem weinenden Auge gelesen.
Du hast nicht unrecht, aber (ich hasse das Wort “aber”) Du lässt Dinge weg. Und “Dinge weglassen”, das funktioniert in der Politik, aber nicht in der Wirtschaft.
Zu 1) Kompetenz ist nicht skalierbar!
>>Kleine Agenturen sind schnell, kreativ und günstig.
richtig
>>Die Themen werden vom Chef erfasst, realisiert und anschließend umgesetzt.
richtig
>>Sobald die Agentur wächst, telefonieren Sie nicht mehr mit dem Chef sondern mit dem Entwickler.
richtig
>>Das klappt für die Agentur nicht lange und sie bekommen einen Projektmanager an die Leitung.
Auch das ist richtig. Natürlich. Denn der Kunde möchte ja auch gerne, dass seine Themen schnell umgesetzt werden. Und wenn “der” Entwickler telefoniert, kann er nicht Entwickeln. Da beisst sich die Katze in den Schwanz.
>>Die Effizienz ist für Sie damit dahin. Themen werden nur noch erfasst – nicht mehr diskutiert.
Auch das ist richtig, auch wenn es anders sein sollte. Der PM sollte die nötige Fachkompetenz mitbringen, auf der einen Seite die fachlichen Themen mit dem Kunden, auf der anderen Seite die technischen Themen mit den Entwicklern zu diskutieren.
Sollte.
Das Dumme an der Sache ist, dass Menschen, die beides können, in den seltensten Fällen als angestellt sein wollen.
Menschen die dieses Know How haben, und sowohl kaufmännisch als auch technisch versiert sind, die haben in der Regel einen eigenen Laden und lassen sich nicht anstellen. (Sollte es jemanden geben der sich angesprochen fühlt, und doch als Angestellter an spannenden Projekten mitarbeiten will, bitte gleich mal bei mir melden)
Gleichzeitig ist es aber so, dass diese Form der Arbeitsweise eben auch dazu führt, dass in Projekte die nötige Struktur (welche bei kleinen Agenturen eben oft fehlt) Einzug hält. Und das ist Wichtig. Vollkommen egal ob XT, Gambio, Magento, Cosmo, OXID, Omeco, Hybris oder Intershop, die Ecommerce Systeme sind heute alle megakomplex. Ein kleines Rädchen, das ganz oben links gedreht wird, hat unten rechts “nebenwirkungen”. Du brauchst eine ordentliche Struktur im Projekt.
>>Sie müssen besser vorbereitet sein, sollten kleine Fachkonzepte schreiben und sind verpflichtet selbst nachzudenken und zu planen.
Naja, also Bitte. Vordenken ist immer besser als nachdenken. Ein jeder Shopbetreiber sollte sich schon selbst Gedanken machen, und sich vom Dienstleister nicht jedes neue coole technisch möglich Gadget aufschwatzen lassen.
>>Sie können Möglichkeiten nur noch selbst abwägen und sollten das auch tun. Wenige Agenturen schaffen es, dass die Kompetenz des Gründers skaliert. Meistens bleibt die Kompetenz durch Wachstum auf der Strecke.
Leider ja. Die letzten zwei Jahre meines Lebens gehören zu den anstrengendsten. Die grosse Herausforderung ist es die Thematik “wie kann ich wachsen ohne zu verblöden” zu bewältigen. Das gelingt mir oft, aber eben nicht immer. Ich glaube, das kann auch jeder Shopbetreiber nachvollziehen.
Wenn alle angestellten im Shop so gut wären wie der Shopbetreiber selbst, dann wäre die Welt rosig (oder vielleicht auch doch nicht so ganz, denn dann gäbe es ja keinen Grund für die Angestellten, für den Shopbetreiber zu arbeiten, und sie würden selbst einen Shop aufmachen)
Ich glaube, jeder der schon einmal Angestellte geführt hat, kennt den Spruch: “nicht ärgern, wundern”
Das ist manchmal unangenehm, und doch bin ich mir sicher, das im direkten Dialog zwischen Kunde und Dienstleister die meisten Themen doch recht schnell gelöst werden können.
Betrachten wir aber jetzt doch mal die Kehrseite der Medaille. Die kleine Agentur arbeitet schnell und zuverlässig und der Chef macht noch alles selber, alle sind glücklich bis… .. ja bis.
– Bis sich der Ldaen für die Agentur nicht mehr lohnt, und der Laden dicht gemacht wird.
– Bis eine andere Geschäftsidee gefunden ist, die einschlägt und die Agentur nicht mehr als Agentur arbeiten will.
– Bis die eine wichtige Person, die einzige Person die sich überhaupt im System auskennt an einen Baum fährt, oder 8 Wochen wegen Bandscheibenvorfall nicht mehr arbeiten kann oder oder oder
Die grosse Frage, die sich jeder (egal ob Shopbetreiber oder was anderes) Gewerbetreibende heute stellen muss, ist:
Worauf muss ich bei der Auswahl meiner technischen Dienstleister achten. Diese Dienstleister sind heute weit mehr als ein paar Tekkies, die dann, wenn ich sie brauche halt auch kommen. Die falsche Wahl des Dienstleisters kann heute über Wohl und Wehe, über Erfolg und Misserfolg des eigenen Geschäfts entscheiden. Setze ich hier auf ein paar “Vollpfosten mit Marketinggebrüll”, dann habe ich gegenüber dem Mitbewerb einen massiven Wettbewerbsnachteil.
Von Kundenseite muss aber auch verstanden werden, dass das in der Branche seit Jahren mantraartig gepredigte “wir arbeiten partnerschaftlich auf Augenhöhe zusammen” nicht funktionieren kann.
Der Kunde, der Shopbetreiber muss akzeptieren, dass er, um seine Problem zu lösen, einen Fachmann ins Haus holt. Und dieser Fachmann muss dann die Eier in der Hose haben, dem Kunden zu sagen, was er tun muss und was er bleiben lassen muss um sein Problem zu lösen. Und wenn der Kunde dann diskutieren will, dann geht das nicht.
Ich geh doch auch nicht zum Arzt und sage: He lieber Doktor, ich fühle mich nicht so wohl. Ich habe mir das selber schon angesehen, und denke, dass ist eine XYZ. Ich habe da auch schon viel im Internet zu gelesen, Bitte behandeln Sie mich daher nach der Methode Schnuffelpuffel”
Das geht beim Arzt nicht und das geht auch nicht in der IT.
Zu 2) Kernkompetenz – das Fremdwort!
>>Den Agenturen und Dienstleistern geht es gut, die Geschäfte laufen hervorragend. Trotzdem will kein Schuster bei seinen Leisten bleiben. Jede Agentur versteht sich als Social Media Marketing Agentur,
Ich nicht. Ich habe bisher keinen einzigen Kollegen, von dem ich sagen kann: “Jawoll, der ist super in social”. Ich kann viel, aber das nicht.
>> versteht sich als SEO oder Usability Experte
SEO: ja
Usability: – … … da gibts bessere
>>und hat selbstverständlich Kompetenz bei der Conversion Optimierung
Also in all den Jahren der Zusammenarbeit mit dem Altmann bleibt halt ein bisschen was hängen, wenns komplexer wird -> ab damit zu den experten.
>> und will auch selbst hosten.
Auch so ein Thema.
Andersherum. Was passiert, wenn Du als Agentur all diese Dinge nicht anbietest? (da bei mir genau, bis auf den Betrieb, genau das der Fall ist weiss ich das genau)
Der Kunde hat den Bedarf. Der Shopbetreiber wendet sich an irgendeinen (meist eben doch nicht so tollen) Superdupersocialseoconversionguru – (arbeitet dort leider auch nicht mit dem Chef, nicht mit dem Entwickler und nicht mit dem PM, sondern mit der Praktikantin) und bekommt jede Menge superinput, welcher Dir als technischem Dienstleister das Leben schwer macht.
Schlägt jetzt eine (oder mehrere Massnahmen) nicht so ein, wie der Guru das dachte, dann …. ja was glaubst Du was dann… Klar, dann hat der technische Dienstleister hier nicht sauber gearbeitet. Kann ja auch gar nicht anders sein (obwohl – doch – die technische Basis kann es natürlich sein, das ist ja von Haus aus schon die ganz falsche Wahl gewesen, da muss ein neues System eingeführt werden
3) zum Rest
bis auf den allerletzten Satz 100% agree”!
Den allerletzten Satz “damit wir Usern weiterhin ein schönes Einkaufserlebnis bieten können.” würde ich in “damit wir Usern weiterhin ein professionelles Einkaufserlebnis bieten können.” ändern.
Da gehört weit mehr als Schönheit dazu.
eric
Hallo Eric,
vielen Dank für die andere Seite der Medaille. Und um genau das Gegenteil zu beweisen, hast du ja Deine eigene Agentur gegründet. Wir teilen die Erfahrung. Ich kann es nur sagen, du kannst es beweisen. Weiterhin viel Erfolg dabei! Hannes
Leider wollen es die Kunden aber so. Eine kleine Agentur macht eben nix her und dann bekommt man ja nicht “alles aus einer Hand”. Wir haben den Markt, den wir verdienen…