Die Angabe von Lieferzeiten stellt Online-Händler immer wieder vor besondere Herausforderungen. Verkündet dann auch noch der Transportdienstleister, dass er die Ware des Händlers nicht mehr ausliefern werde, wie dies kürzlich im Fall Neckermann war, muss sich dies auch im Online-Shop widerspiegeln. Denn das Angebot von Ware, die man – z.B. mangels Dienstleister – nicht liefern kann, ist wettbewerbswidrig.
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Zu den Informationspflichten im Fernabsatz gehören gemäß Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB
die Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfüllung.
Zu diesen Einzelheiten wiederum gehört die Angabe der Lieferzeit. Wird auf keine Lieferzeit hingewiesen, geht der Verbraucher davon aus, dass die Ware unverzüglich versandt werden kann, entschied der BGH bereits im Jahr 2005 (U. v. 7.4.2005 – I ZR 314/02).
“Der Verkehr erwartet bei Angeboten im Internet, die anders als Angebote in einem Versandhauskatalog ständig aktualisiert werden können, mangels anderslautender Angaben die sofortige Verfügbarkeit der beworbenen Ware.
Die Rücksichtnahme auf diese Erwartung des Verkehrs belastet den Unternehmer, der einen Versandhandel betreibt und sein Warenangebot im Internet bewirbt, nicht in unzumutbarer Weise.
Es bleibt ihm unbenommen, durch geeignete Zusätze auf einen bestimmten Angebotszeitraum oder Lieferfristen hinzuweisen, wenn er nicht in der Lage ist, eine Nachfrage tagesaktuell zu erfüllen.”
Information auf der Produktseite
Die Informationen zu einer längeren Lieferzeit müssen dabei zwingend auf der Produktseite aufgeführt sein. Die Aufnahme von Lieferzeiten in die AGB ist unzureichend, wie das LG Koblenz (U. v. 7.2.2006 – 4 HK O 165/05) aus dem Urteil des BGH schloss.
“Ein solcher Hinweis muss dabei unmissverständlich auf der Produktseite des Unternehmers erfolgen.
Denn es ist nicht davon auszugehen, dass der Verkehr alle Seiten des Internetauftritts eines im Internet werbenden Unternehmens als eine in sich geschlossene Darstellung auffasst und als zusammengehörig wahrnimmt und alle Seiten des Internet-Auftritts zur Kenntnis nimmt.
Ein Kaufinteressent wird vielmehr erfahrungsgemäß nur diejenigen Seiten aufrufen, die er zur Information über die von ihm ins Auge gefasste Ware benötigt oder zu denen er durch Links auf Grund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg bis hin zum Vertragsschluss geführt wird.
Erhält er auf diese Weise die aus seiner Sicht erforderlichen Angaben, hat er keine Veranlassung, noch weitere Seiten des betreffenden Internet-Auftritts darauf zu untersuchen, ob sie für ihn zusätzliche brauchbare Informationen enthalten.”
Angekündigter Auslieferungsstopp
Kündigt der vom Online-Händler zur Auslieferung beauftragte Dienstleister an, die Auslieferung vorerst nicht mehr durchzuführen, wie das DHL im Fall neckermann.de machte (siehe z.B. Meldung bei FOCUS), bedeutet dies, dass der Händler sofort seine Lieferzeit-Angaben auf den Produktseiten entsprechend ändern muss.
Steht bei den Produkten dann noch immer die Angabe “sofort lieferbar” oder findet sich dort gar keine Angabe zu Lieferzeiten, stellt dies eine Irreführung dar und kann abgemahnt werden.
Denn damit ist die angebotene Ware für den Verbraucher nicht mehr verfügbar. Ein solches Angebot ist aber ebenfalls wettbewerbswidrig, wie das LG Hamburg mehrfach festgestellt hat.
Korrekte Angabe der Lieferzeiten
Kennt man als Händler die Lieferzeiten seiner Produkte, steht noch die Frage im Raum, wie diese konkret anzugeben sind. Oft liest man entsprechende Angaben, die durch die Worte “in der Regel” eingeleitet werden.
Genau dieser einleitende Zusatz ist aber unzulässig und kann abgemahnt werden. Hintergrund: Der Verbraucher wird nicht darüber informiert, welche Lieferzeit “außerhalb der Regel” gelte. Dies ist ständige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte.
Circa-Angaben sind dagegen zulässig. Denn diese besagen, dass die Lieferzeit zwar z.B. 4 Tage beträgt, aber auch immer einmal eine Auslieferschwierigkeit (LKW steht im Stau o.Ä.) dazwischen kommen kann.
Fazit
Ist die Ware nicht sofort lieferbar, wie dies im Fall eines Auslieferungsstopps eintritt, muss dies im Online-Shop entsprechend gekennzeichnet werden. Werden die Waren dagegen weiterhin mit der Angabe “sofort lieferbar” im Shop angeboten, so ist dies wettbewerbswidrig und kann abgemahnt werden.
Werden Lieferzeiten angegeben, müssen diese auf der Produktseite selbst stehen. Eine Aufnahme der Lieferzeiten in AGB ist nicht ausreichend.
Und letztlich müssen die angegebenen Lieferzeiten vom Händler auch eingehalten werden.
Übrigens: DHL hat den Auslieferungsstopp bei Neckermann beendet und liefert nun wieder alle Bestellungen an die Kunden. Es kann allerdings noch etwas dauern, bis der Lieferstau abgebaut ist. Die Verbraucherzentrale Sachsen rät Kunden zur Geduld. (mr)
Lesen Sie mehr zur Angabe von Lieferzeiten:
- BGH: Verfügbarkeit von online angebotenen Waren
- LG Koblenz: Angabe der Lieferzeiten auf der Produktseite, nicht in AGB
- Angabe von Lieferzeiten: Die Unterschiede in der Rechtsprechung
- Wie konkret müssen Lieferzeiten im Online-Shop genannt werden?
- LG Hamburg: Angegebene Lieferzeiten sind einzuhalten
- LG Hamburg entscheidet erneut: Der Verkauf nicht verfügbarer Ware ist wettbewerbswidrig!
Sehr guter Beitrag besonders mit dem ironischen Bezug auf Neckermann.
Leider lügt Neckermann hier schon länger / scheinbar steht es schon länger sehr schlecht.
Wir hatten letzten November ein Produkt 5x dort bestellt, welches auf “sofort lieferbar” stand (auch nach unserer 5x Bestellung). Überall sonst war es vergriffen.
Wartezeit beim Hersteller für uns war damals 4 Wochen. Neckermann lieferte das “sofort lieferbare” Produkt nach ca. 5-6 Wochen. Wir hatten nach 1 Woche per Telefon bei Neckermann erfahren, dass das Produkt beim Hersteller nachbestellt wurde.
Guter Beitrag. Was mir aber nicht klar ist, wenn ein Shop generell z.Z. nicht liefert, weil er z.B. Inventur oder Betriebsurlaub hat, dann reicht doch auch einen Hinweis im Warenkorb, wie z.B. “… die Auslieferung erfolgt erst ab XX.XX”. Es muss nicht auf jeder Produktseite stehen, oder?
Denn Warenkorb-Seite wird der Kunden auf jedem Fall vom Vertragsabschluss aufrufen.
Naja doch. Der Kunde muss beim Klick auf “Warenkorb” schon wissen mit welcher Lieferzeit er beim Artikel rechnen muss.
Klar ist aber auch, dass z.B. bei einer Inventur nicht jeder Händler sich an diese Vorgaben hält.
Meines Wissens nach ging es Neckermann seit ihrer ersten Insolvenz noch nie gut. Das “Zwischenhoch” kam von der Quelle-Pleite.
Ich frage mich ob man die Angabe der Lieferzeit in der AGB auch aussparen kann mit dem Hinweis “Lieferzeit steht auf der Produktseite” oder so. Denn eigentlich sind die Lieferzeiten bei uns so zwischen 1-14 Tage, je nach Produkt.
Zu den Lieferzeiten muss innerhalb des Dokumentes AGB gar nichts gesagt werden. Ein entsprechender Verweis auf die Produktseite ist aber unschädlich.
Hallo eine dumme Frage,
ich betreibe einen Drop-Shipping-Onlineshop sprich der Kunde bestellt bei mir und ich bestelle beim Großhändler und der schickt die Ware an kunden – aber ich kann doch nicht 500 Artikel jeden tag auf Lieferbarkeit prüfen?
Manchmal merkt man erst wenn ein Kunde bestellt hat dass der Artikel ausverkauft ist beim großhändler und ich teile es halt dann dem Kunden mit und ändere dann die Lieferzeit im Shop.
Kann ich trotzdem abgemahnt werden?!
Danke für die Info
500 Artikel?
Wir führen > 10.000 Artikel.
Die meisten Artikel sind ständig im Zulauf und wir verlassen uns auf die Daten der Vorlieferanten. Eine ständige fehler- und lückenlose Kontrolle ist nicht möglich.
Aber umgekehrt… wo ist das Problem? Wenn die Daten mal nicht stimmen wir dem Kunden einfach abgesagt. Die meisten Händler arbeiten doch sicher nach dem Prinzip, dass die Bestellung nur ein für den Kunden verbindliches Angebot ist aber keinen Kaufvertrag darstellt.
Der Händler der eine abweichende Lieferzeit bemerkt sagt dem Kunden dann halt nur noch kommentarlos ab und fertig ist die Geschichte.
Ist dass dann jetzt wie mit den Bewerbungen? Wegen dem Gleichstellungsgesetz sagt man Bewerbern nicht mehr warum man sie nicht nimmt weil man damit gegen das Gleichstellungsgesetz verstossen könnte und Händler sagen Kaufvertragen ohne Grund ab weil sie sonst – wenn der Grund die Lieferzeit war – auch verklagt werden können.
Verrückte Welt.
@michael
Es geht hier nicht um die lieferzeit vom lieferanten, sondern vom dienstleister
@michael
Wenn ich richtig verstanden habe hast Du nciht alle 10tsd in ausreichender Menge am lager, bei artikeln die nciht vorrätig sind solltest du also Lieferzeiten angeben und nicht einfach den Vermerk ” Sofort Lieferbar” oder eben gar nichts angeben weil sonst davon ausgegangen wird dass auch sofort gelifert wird.
Was bitte ist mit der Angabe “Lieferzeit: 2-4 Tage”? Ist diese Angabe zu unkonkret oder OK? Oder sollte eben “Lieferzeit: ca. 4 Tage” stehen?
Schon jetzt besten Dank für die Antwort.
@markus: Kein Händler hat alle seine Artikel am Lager und dennoch diese Artikel als “sofort lieferbar” da die gängige Praxis zeigt, dass dieses möglich ist. Automatisch über das WWS bestellt sind die Artikel selbst wenn sie nicht im ständigen Zulauf sind am nächsten Tag da. Zudem hat man die Erläuterung “1 bis 3 Tage nach Zahlungseingang” bei den Lieferzeiten stehen da kein größerer Händler jede Bestellung sofort bearbeiten kann sondern dieses chronologisch macht. So oder so kann es also zu Verzögerungen kommen.
Zudem geht es auch nicht um die Lieferzeit… die kann kein Händler beeinflussen. Oder bringt ihr die Pakete selbst zum Kunden? Es kann immer nur die Rede von “Versandfertig” sein.
Die Rechtssprechung hier ist überzogen und wird in der Praxis nicht angewendet.
@Michael
Es ist hier ganz klar die Rede von “Lieferzeit” und nicht von “versandfertig”. Die Angabe, wann die Ware “versandfertig” ist, ist unzureichend.
Die Rechtsprechung wird auch in der Praxis angewendet und fehlende oder fehlerhafte Angaben werden sehr häufig abgemahnt.
Bei uns besteht das Problem, dass unsere Kunden von einem Artikel mehrere Stück einer Farbe (in der Regel zwischen 1 und 15, aber auch mal mehr) bestellen. Zusätzlich zu der Farbe gibt es noch eine Farbpartie. Die Hersteller liefern laufend neue Farbpartien, da nur rel. kleine Mengen auf einmal produziert werden können und die Partien schnell verbraucht sind.
Alle Stücke eines Artikels müssen aus der gleichen Farbpartie stammen, sonst kann es zu Farbabweichungen kommen. D.h. auch wenn wir z.B. 30 Stück einer Farbe vorrätig haben, können wir trotzdem nicht garantiert 15 Stück mit gleicher Farbpartie liefern.
Man kann dieses Problem am Artikel nur mit einem “Roman” erläutern.
Wie kann man die Verfügbarkeit rechtssicher darstellen?
Die Rechtsprechung scheint dieses Problem überhaupt nicht zu berücksichtigen.
Inwiefern ist die Angabe “Zwischenverkauf vorbehalten” rechtssicher, wenn sie im Zusammenhang mit einem Produktangebot verwendet wird, das als “vorrätige und sofort lieferbare Einzelpaare” angeboten wird. Es handelt sich um Einzelpaare in einer bestimmten Größe.
Was, wenn:
– man über den Onlineshop eines großen Computerherstellers einen Laptop im Wert von knapp 3000 € gekauft hat und bei Bestellung dort folgendes angezeigt wurde: “Vorläufiges Versanddatum: xx.xx.xxxx” (wobei es sich hier um innerhalb 4 Tagen handelt)
– Zahlbar per Vorkasse, das Geld ist also bereits beim Händler eingetroffen
– nach 4 Wochen storniert der Händler den gesamten Auftrag plötzlich ohne den Kunden irgendwie davon zu informieren
– auf Nachfrage des Kunden wird der stornierte Auftrag in einen neuen Auftrag mit neuer Auftragsnummer geändert und die Lieferzeit (wieder “vorläufig”) auf ein Datum in weiteren 4 Wochen festgesetzt…
Welche Rechte hat der Kunde da, den Händler ggf. in Lieferverzug zu setzen bzw. Zinsen zu verlangen (denn das Geld liegt ja bereits seit Wochen auf dem Konto des Händlers!)?
Laut AGB geht sofort mit vollständiger Zahlung des Kaufpreises das Eigentum an der Ware an den Käufer über… wie also kommt man nun (schneller!) an sein Eigentum???