Abmahnungen bedrohen viele Online-Händler. Diese sind nicht nur ärgerlich, sondern verursachen auch wirtschaftliche Schäden. Gerade wenn eine Abmahnung unberechtigt erfolgt, bleibt man dennoch auf den eigenen Rechtsanwaltskosten sitzen. Nun wurde vorgeschlagen, den Abgemahnten zumindest bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen explizit einen Erstattungsanspruch zuzugestehen.
Lesen Sie mehr über den Vorschlag.
Der Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken soll das teilweise ausufernde Abmahnwesen durch einen Anspruch auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten einschränken.
Hierdurch sollen rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen die finanzielle Attraktivität genommen und Waffengleichheit geschaffen werden.
In § 8 Abs. 4 Satz UWG soll explizit ein Anspruch auf Erstattung der eigenen Rechtsverteidigungskosten im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung verankert werden.
"Die Geltendmachung der in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
In diesen Fällen kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt."
In der Begründung zu dem Entwurf wird hierzu ausgeführt:
"Mit einem dem geltenden § 8 Absatz 4 UWG anzufügenden Satz 2 soll zugunsten des missbräuchlich Abgemahnten ein Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen geschaffen werden, auch wenn es nicht zu einem Prozess kommt.
Der Anspruch in Satz 2 entspricht dem Umfang nach dem Aufwendungsersatzanspruch des berechtigt Abmahnenden nach § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG. Damit sollen Abgemahnte ermuntert werden, bei dem Verdacht einer missbräuchlichen Abmahnung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
So soll mehr Waffengleichheit zwischen Abmahnendem und Abgemahnten hergestellt werden. Nach verschiedenen Berichten aus der Praxis geht die Initiative für missbräuchliche Abmahnungen häufig von Rechtsanwälten selbst aus, die ihrerseits von ihren Mandanten kein Honorar verlangen, wenn dieses nicht als Aufwendungsersatz von dem Abgemahnten erstattet wird.
In diesem Fall trifft den Abmahnenden kein Kostenrisiko, solange er es nicht auf einen Prozess ankommen lässt. Mit der Einführung des Gegenanspruchs auf Aufwendungsersatz entsteht bei missbräuchlichen Abmahnungen für den Abmahnenden ein Kostenrisiko, das das wirtschaftliche Interesse an missbräuchlichen Abmahnungen erheblich senkt.
Für die Neuregelung gibt es ein zivilprozessrechtliches Vorbild. Wenn sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder die angeordnete Maßregel aufgrund des § 926 Absatz 2 oder § 942 Absatz 3 ZPO aufgehoben wird, ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken.
Dabei geht dieser Anspruch auf Schadensersatz weiter als die Neuregelung, die nur einen Aufwendungsersatzanspruch vorsieht."
Ob eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich erfolgte oder nicht, lässt sich endgültig nur in einem Prozess feststellen.
Bereits heute stehen dem rechtsmissbräuchlich Abgemahnten ein Anspruch auf Erstattung seiner Rechtsverteidigungskosten zu. Auch entsteht - entgegen der Entwurfsbegründung - nicht erst durch die Neueinführung dieser Vorschrift ein Kostenrisiko für den Abmahnenden. Denn das Kostenrisiko entsteht bereits mit Ausspruch der Abmahnung.
Zu dem bereits jetzt bestehenden Erstattungsanspruch heißt es in der Begründung:
"Nach der geltenden Rechtslage können Abgemahnte ihre Aufwendungen für Rechtsanwaltskosten im Regelfall nur verlangen, wenn sie in einem Prozess obsiegen."
Dies mag zwar richtig sein, aber die Neureglung ändert hieran nichts. Der Abgemahnte, der das Gefühl hat, rechtsmissbräuchlich abgemahnt worden zu sein, trägt nun das Prozesskostenrisiko. Denn er wird in einem Prozess feststellen lassen müssen, dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war.
Einen Erstattungsanspruch hinsichtlich unberechtigter Abmahnungen im Allgemeinen ist im Entwurf nicht vorgesehen.
Es ist ein richtiger Schritt, dass der Anspruch auf Erstattung der Rechtsverteidigungskosten bei rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen explizit in das UWG aufgenommen werden soll. Dadurch wird zumindest Klarheit geschaffen, auch wenn sich an der tatsächlichen Rechtslage nichts ändert. Hinsichtlich der Änderungen zum Wettbewerbsrecht aus dem Gesetzentwurf, ist dies wohl der einzige Vorschlag, der den Abgemahnten tatsächlich zu Gute kommen wird. Die anderen Regelungsvorschläge bedürfen einer grundsätzlichen Überarbeitung. (mr)
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