Am 4. August 2011 trat das neue Widerrufsrecht in Kraft, welches auch zur Folge hatte, dass die Musterbelehrungen geändert wurden. Häufig erreichten uns Fragen, was genau sich eigentlich im Vergleich zur “alten” Belehrung geändert habe. Wir möchten diese Frage hier aufgreifen und gerne beantworten.
Lesen Sie mehr zu den geänderten Musterbelehrungen.
Neue Belehrung über den Wertersatz
Die wohl größte Änderung fand in der Rechtsfolgen-Belehrung statt. Dort wurde bis zum 4.8.2011 wie folgt über den Wertersatzanspruch des Händlers belehrt:
“[…] Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Bei der Ãœberlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung – wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre – zurückzuführen ist. Im Ãœbrigen können Sie die Pflicht zum Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie Ihr Eigentum in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. […]”
Nach den Änderungen lautet dieser Teil der Widerrufsbelehrung jetzt (Änderungen sind fett geschrieben):
“[…] Können Sie uns die empfangene Leistung sowie Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren beziehungsweise herausgeben, müssen Sie uns insoweit Wertersatz leisten. Für die Verschlechterung der Sache und für gezogene Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Unter “Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise” versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist. […]”
Neue Regelungen zum Fristbeginn
Da der Gesetzgeber den “neuen” Wertersatzanspruch für die Nutzung der Ware in § 312e BGB geregelt und auch einen neuen § 312f BGB eingeführt hat, kam es dazu, dass die bisherigen §§ 312e bis 312g verschoben wurden und nunmehr die §§ 312g bis 312i sind.
In dem alten § 312e BGB (und jetzt neuem § 312g BGB) sind allerdings Bedingungen für den Fristbeginn genannt, worüber in der Widerrufsbelehrung zu informieren ist. Diese Verschiebung ändert also die Paragraphenkette in der Widerrufsbelehrung. Diese lautet jetzt (Neuerungen fett geschrieben):
“[…] Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. […]”
Klarstellung zur Ausübung des Widerrufsrechtes
Durch das Einfügen des kleinen Wörtchens “auch” wird in der Belehrung klargestellt, dass der Verbraucher – sofern er die Ware bereits erhalten hat – sein Widerrufsrecht sowohl in Textform als auch durch Rücksendung ausüben kann. Das war zwar bisher nicht streitig, die Belehrung allerdings etwas missverständlich formuliert. Der Satz lautet nun:
“Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache widerrufen. […]”
40-Euro-Klausel
Innerhalb der Widerrufsbelehrung wurde der Verbraucher bisher darüber informiert, dass er “die Kosten der Rücksendung” bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zu tragen habe. Dies ist so nicht korrekt, da dem Verbraucher gemäß § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB lediglich die “regelmäßigen Kosten” der Rücksendung auferlegt werden dürfen. In der separaten Kostentragungsvereinbarung, die von der obergerichtlichen Rechtsprechung gefordert wird, muss das Wörtchen “regelmäßig” zwingend enthalten sein (OLG Brandenburg, Urteil v. 22.02.2011, 6 U 80/10).
Hierdurch gab es bisher Unterschiede zwischen Belehrung und Kostentragungsvereinbarung. Der Gesetzgeber nutzte die Chance der Gesetzesänderung, um hier eine Angleichung vorzunehmen und fügte das Wort “regelmäßig” in die Widerrufsbelehrung mit ein. Die entsprechende Passage (aus der Belehrung) lautet nun:
“Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Andernfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.”
Diese Änderung bedeutet aber nicht, dass man auf die separate Vereinbarung der Rücksendekosten in den AGB verzichten kann. Diese ist noch immer erforderlich.
Ãœberschrift “Finanzierte Geschäfte”
Wer in seinem Shop eine Finanzierung anbietet, muss den Verbraucher in spezieller Weise auf die Widerrufsmöglichkeit dieses Finanzierungsgeschäftes hinweisen. Bisher gab es zu Gestaltungshinweis 11 die Ãœberschrift “Finanzierte Geschäfte”, nach welcher dieser Hinweis erteilt werden musste. Der entsprechende Hinweis findet sich nun in Gestaltungshinweis 12. Die Ãœberschrift “Finanzierte Geschäfte” wurde aber aus dem Muster vollständig entfernt, er steht nun unter der allgemein gehaltenen Ãœberschrift “Besondere Hinweise”.
Warum der Gesetzgeber diese Überschrift aus der Musterwiderrufsbelehrung gestrichen hat, sie aber noch immer in der Musterrückgabebelehrung enthalten ist, kann nicht gesagt werden.
Eigenständig sollte diese Überschrift allerdings nicht in die Belehrung eingefügt werden, da dann die gesetzliche Privilegierung des Musters nicht mehr greift. Damit diese verloren geht, reicht es nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 01.12.2010, VIII ZR 82/10) bereits, wenn man Zwischenüberschriften entfernt. Gleiches dürfte gelten, wenn man eigene Zwischenüberschriften einfügt.
Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Eine weitere häufige Frage war, weshalb die Ausnahmen vom Widerrufsrecht aus der Musterbelehrung entfernt wurden. Die Antwort ist ganz einfach: Die Ausnahmen waren noch nie Bestandteil der Musterbelehrung. Eine Änderung an diesen fand nicht statt. Die Ausnahmen sind abschließend in § 312d Abs. 4 BGB aufgeführt. Dieser lautet:
“Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen
1. zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde,
2. zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind,
3. zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat,
4. zur Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat,
5. die in der Form von Versteigerungen (§ 156) geschlossen werden,
6. die die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, Anteilsscheinen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden, und anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten, oder
7. zur Erbringung telekommunikationsgestützter Dienste, die auf Veranlassung des Verbrauchers unmittelbar per Telefon oder Telefax in einem Mal erbracht werden, sofern es sich nicht um Finanzdienstleistungen handelt.”
Fazit
Der Gesetzgeber hat mit der Änderungen der Vorschriften über den Wertersatz auch die Belehrungsmuster angepasst. Jeder Händler sollte unbedingt die gesetzlichen Muster verwenden, da er hier eine gesetzliche Privilegierung genießt und für den richtigen Einsatz dieser Muster nicht abgemahnt werden kann. Trusted Shops stellt Shopbetreibern ein kostenloses Whitepaper zum Download zur Verfügung, in welchen die Gestaltungshinweise der gesetzlichen Belehrung bereits für den Verkauf von Waren im Online-Shop umgesetzt wurden. (mr)
Für Trusted Shops Mitglieder
Trusted Shops Mitglieder finden im Mitgliederforum eine PDF-Datei der aktuellen Musterbelehrung, in welcher die Änderungen noch einmal farbig markiert sind.
Wenn dem Käufer die “regelmäßigen Kosten” der Rücksendung auferlegt werden können, der Verkäufer aber eine günstigere Rücksendemöglichkeit anbietet, kann er dann die Differenz zu den regelmäßigen Kosten vom Käufer verlangen? Oder auch wenn der Kunde eine günstigere Rücksendemöglichkeit als die “regelmäßige” wählt?
Beispiel 1: Rücksendung mit DHL-Paket würde 6,90 EUR kosten. Verkäufer bietet Rücksendelabel an, dass ihn nur 4 EUR kostet.
Beispiel 2: Kunde sendet als Warensendung für 1,65 EUR zurück, obwohl Brief oder Paket teurer gewesen wären.
Mir ist klar, dass ein kundenfreundlicher Verkäufer das nicht so handhaben würde, aber wäre dies rechtlich zulässig?
Wenn man kostenlosen Rückversand anbieten möchte, kann man dann einfach die 2 Sätze der 40 Euro Klausel löschen?
Oder muss man dafür speziell was Anderes an diese Stelle einfügen?
Hier scheint der Gesetzgeber aber mal wieder nur halbherzig zur Sache gegangen zu sein. Was ist denn nun mit Belehrung über die Erstattung von Hinsendekosten? Seit 15.04.2010 liegt das Urteil des BGH dazu nun vor und es wurde immer noch nicht berücksichtigt. Besser und eindeutiger wäre es doch allemal gewesen, die Hinsendekosten mit aufzunehmen und die 40,-€ Klausel dafür ganz zu streichen. Warum fällt es dem Gesetzgeber bloß so schwer, sinnvolle, gerechte un in sich schlüssige Gesetze zu verfassen. Stattdessen betreibt man lediglich Textkosmetik und bastelt nur an einzelnen Worten herum.
Guten Tag,
da ich erst jetzt Zeit habe mich mit dem neuen Widerrufsrecht zu beschäftigen habe ich eine Frage:
Ich fertige Sachen auf Kunden Spezifischen Wunsch an, diese haben ja kein Widerrufsrecht, meine Frage ist nun kommt “Ausnahmen vom Widerrufsrecht” nun in den Wiederuf hinein oder darf dieses erst nach dem Satz “Ende der Widerrufsbelehrung” kommen?
Des weiteren habe ich von den “Rücksendekosten” gelesen ist die nun in Kraft oder nciht?
Geht es wenn man die so schreibt? ” Kosten der Rücksendung bei Widerruf
Im Falle des Widerrufs nach Ziff. 2 haben Sie die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn der Kaufpreis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von Euro 40 nicht übersteigt oder Sie bei einem höheren Kaufpreis im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht den Kaufpreis oder eine vereinbarte Teilzahlung erbracht haben, es sei denn, dass die gelieferte Sache nicht der bestellten entspricht. “
@Wagner:
Bitte beachten Sie, dass wir hier im Blog keine Rechtsberatung im Einzelfall leisten dürfen, sondern lediglich allgemein über die Rechtslage im Allgemeinen informieren können. Bitte wenden Sie sich daher mit Ihren konkreten Fragen an einen spezialisierten Rechtsanwalt.
Allgemeine Informationen zu Ihren Fragen finden Sie bei uns im Blog unter anderem in den folgenden Beiträgen:
http://www.shopbetreiber-blog.de/2011/11/07/neues-widerrufsrecht-2011-morgen-lauft-die-ubergangsfrist-ab/
http://www.shopbetreiber-blog.de/2011/12/12/bgh-informationspflicht-nichtbestehen-widerrufsrecht/
http://www.shopbetreiber-blog.de/2011/07/12/eu-verbraucherrechterichtlinie-das-ende-der-40-euro-klausel/
http://www.shopbetreiber-blog.de/2011/03/02/das-wort-regelmasige-ist-pflicht-bei-doppelter-40-euro-klausel/