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Zwei gegensätzliche Urteile zur Werbung mit Garantien

olg-hamburg1Das Gesetz setzt hohe Ansprüche an eine Garantie-Erklärung. Die entscheidende Frage dabei ist: Müssen die Einzelheiten der Garantie bereits bei der Werbung im Online-Shop mitgeteilt werden oder reicht es, wenn diese spätestens mit Lieferung der Ware dem Kunden genannt werden?

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Im Ausgangsfall vor dem OLG Hamburg ging es um zwei Wettbewerber, die sich gegenseitig abgemahnt hatten. Die Klägerin in diesem Fall sprach eine Gegenabmahnung gegen die Beklagte aus, weil dieser in seinem Online-Shop mit folgender Aussage warb:

“Das etwas andere Gartenhaus:

…Die Gartenhäuser werden aus qualitativ hochwertigstem Fichtenholz hergestellt. Dies bietet Ihnen nicht nur eine Langlebigkeit der Produkte, sondern auch eine Garantiezeit von 5 Jahren.”

Gegenabmahnung rechtsmissbräuchlich?

Das abgemahnte Unternehmen wandte unter Anderem ein, dass es sich bei der Abmahnung nur um eine “Retourkutsche” handelt, da die Klägerin zuvor bereits zweimal von der Beklagten abgemahnt worden sei und berief sich dabei auf ein Urteil des LG München (1HK O 8475/07).

Diesem Vortrag schloss sich das LG Hamburg (Urteil v. 15.01.2009, Az: 315 O 389/08) nicht an:

“Wer wie die Beklagte sich dem Schutz des Wettbewerbs verschreibt und konkurrierende Unternehmen abmahnt, darf sich grundsätzlich nicht darüber beschweren, wenn die derart Abgemahnte dies zum Anlass nimmt, sich ihrerseits mit den Werbemethoden der Abmahnenden zu beschäftigen und darin enthaltene Wettbewerbsverstöße abzumahnen (so auch der Beschluss des OLG Bremen vom 08. August 2008, 2 U 69/08).

Ähnlich entschied auch schon das OLG Frankfurt (Beschluss vom 05.12.2008, Az: 6 W 157/08).

Werbung mit Garantien

Das Landgericht äußerste sich dann umfassend zur Werbung mit Garantien. Gemäß § 477 BGB müsse die Beklagte bei der Werbung mit einer Garantie auch auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinweisen sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt würden.

“Dieser Hinweis muss nach Auffassung der Kammer vor Vertragsschluss erteilt werden.”

Gegensätzliche Meinung des KG Berlin

Bereits im November 2007 hatte das Kammergericht Berlin (5 W 306/07) das Gegenteil entschieden. Dieser Meinung wollte sich jedoch das LG Hamburg nicht anschließen.

“Soweit die Beklagte – mit dem Kammergericht Berlin in dem Beschluss vom 02.11.2007 – 5 W 306/07 – der Ansicht ist, dass die Werbung mit Garantien ohne die angeforderten Angaben nicht wettbewerbswidrig sein könne, da weder in § 477 BGB noch in § 443 BGB eine Verpflichtung des Verkäufers enthalten sei, über die angeforderten Daten vor Vertragsschluss hinzuweisen, tritt die Kammer dem nicht bei.

Vielmehr ist ein Hinweis gem. § 477 BGB schon vor Vertragsschluss notwendig.”

Beklagte muss Abmahnkosten zahlen

Das Gericht verurteilte die Beklagte daher zur Zahlung der Abmahnkosten aus einem Streitwert von 15.000 Euro. In der Abmahnung wurde noch ein Streitwert von 30.000 Euro angesetzt, diesen hielt das Gericht jedoch nicht für angemessen.

Hinweis des OLG Hamburg

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung vor dem OLG Hamburg ein. Die Richter wiesen beide Parteien mittels Hinweisbeschluss v. 09.07.2009, Az: 3 U 23/09 darauf hin, dass die Berufung Aussicht auf Erfolg haben wird.

Einen solchen Hinweisbeschluss nutzen Gerichte manchmal, um Kosten und Zeit zu sparen. Über einen solchen Beschluss kann das Gericht den Parteien – in diesem Fall der Klägerin – nahe legen, die Klage komplett zurückzuziehen, da sie in der Berufung unterliegen würde.

Es liegt kein Verstoß vor

Das OLG wies daraufhin, dass es in der beanstandeten Werbung keinen Verstoß gegen § 477 darstelle.

“Schon nach dem Wortlaut unterfällt die Werbung mit einer Garantie nicht dem Anwendungsbereich des § 477 BGB. Diese Vorschrift verlangt ihrem Wortlaut nach nicht einen werblichen Hinweis auf den Inhalt der Garantie, sondern bestimmte inhaltliche Anforderung an die ‘Garantieerklärung’.”

Nach einer umfangreichen, richtlinienkonformen Auslegung der Vorschrift, kommt das Gericht dann zu dem Ergebnis, dass sich keine vorvertraglichen Informationspflichten aus § 477 BGB ergeben.

“Hieraus wird deutlich, dass der mit § 477 BGB bezweckte Schutz vor Irreführung nicht dahin zielt, den Verbraucher vor Vertragsschluss über den Inhalt der Garantie und ihre Konkurrenz mit gesetzlichen Ansprüchen aufzuklären, dass also diese Vorschrift das ‘Marketing’ regelt.

Vielmehr dient sie dem Zweck zu verhindern, dass der Verbraucher nach Vertragsschluss aufgrund einer unklaren Fassung der Garantieerklärung davon abgehalten wird, die ihm zustehenden gesetzlichen Rechte geltend zu machen.”

Der Senat legte der Klägerin dann nahe, die Klage zurückzuziehen.

OLG Hamm entschied anders

Anders dagegen entschied in einem früheren Fall das OLG Hamm mit Urteil v. 16.12.2008, Az: 4 U 173/08, dass eine pauschale Werbung mit “24 Monate Herstellergarantie” wettbewerbswidrig sei und begründet dies so:

“Da die Garantie Bestandteil des abzuschließenden Kaufvertrages ist, versteht es sich von selbst, dass die Information dem Verbraucher bereits bei Vertragsschluss vorliegen muss, damit er weiß, auf welchen Vertragsinhalt er sich einlässt.”

Es liegt auch kein Bagatellfall i.S.d. § 3 UWG vor, weil es sich bei § 477 BGB um eine wesentliche Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher handelt.”

Fazit

Zwei Gerichte – zwei Meinungen. Dies ist wieder einmal eine äußerst unglückliche Situation für Shopbetreiber, da man nicht weiß, welches Gericht nun Recht hat. Der abmahnende Mitbewerber wird also im Zweifel vor das OLG Hamm ziehen und dort Recht bekommen. Bis die Frage einmal vom BGH geklärt sein wird, werden wohl noch viele Shopbetreiber wegen einer vermeintlich falschen Werbung mit Garantien Post von Mitbewerbern erhalten. (mr)

Update: BGH-Entscheidung liegt vor

Am 14. April 2011 entschied der BGH, dass die in § 477 BGB aufgestellten Voraussetzungen an eine Garantieerklärung noch nicht in der Werbung erfüllt sein müssen. Denn unter eine Garantieerklärung falle nur eine Willenserklärung, die zum Abschluss eines Kaufvertrages oder eines eigenständigen Garantievertrages führt, nicht dagegen die Werbung, die den Verbraucher lediglich zur Warenbestellung auffordere und in diesem Zusammenhang eine Garantie ankündigt, ohne sie bereits rechtsverbindlich zu versprechen.

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