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Social Commerce – das gemeinsame Shopping-Erlebnis

social-commerceEinkaufen soll wieder Spaß machen. Und am meisten Spaß machen Beschäftigungen, die man mit anderen zusammen tun kann. Dieser Grundsatz ist bei der klassischen Form des Online-Shoppings für viele etwas verloren gegangen. Jeder sitzt an seinem PC und shoppt vor sich dahin.

Wie aber bringt man die Online-Shopper dazu, aktiv zu werden?

Der folgende Artikel von Ulrich Hafenbradl ist am 2. März auch in der Ausgabe 15 der Zeitschrift t3n Open Source & Web erschienen.

Abgesehen von gelegentlichen Empfehlungen über „Tell-a-friend“-Funktionen gibt es kaum einen Austausch mit anderen Shoppern. Was liegt näher, als die soziales Komponente des Einkaufsbummels wieder mehr in den Vordergrund zu holen und so den Spaßfaktor für Shopper und den Umsatzfaktor für Shopbetreiber zu erhöhen? Dies ist ein Ziel, den der aktuelle Trend des Social Commerce mit wachsendem Erfolg verfolgt.
Ein Blick in die Wikipedia verrät:

„Unter Social Commerce wird eine konkrete Ausprägung des elektronischen Handels verstanden, bei der die aktive Beteiligung der Kunden und die persönliche Beziehung sowie die Kommunikation der Kunden untereinander im Vordergrund stehen.“

Oder anders formuliert: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet zum Berg gehen. Social Commerce stellt nicht den Shop, sondern den Konsumenten und seine Meinung ins Zentrum des Universums.

Soweit die Theorie, aber wie weit ist die Praxis?

Social Commerce bietet Platz für jede Menge neuer Ideen. Wir stehen bei der Entwicklung noch am Anfang. Aber schon heute bekommen Kunden auf einige Webseiten die Möglichkeit, selbst zu gestalten, zu empfehlen, zu beraten und nicht zuletzt: zu verkaufen.

Das Feld ist weit, die verschiedensten Ansätze sind teilweise erst auf den zweiten Blick als Social Commerce zu erkennen. Allen gemein ist, dass Nutzer sich sich aktiv einbringen und untereinander austauschen können. Bei manchen Ansätzen können Nutzer mit ihren Empfehlungen auch Geld verdienen. Am besten wir schauen uns zunächst einige Beispiele an, die gleichzeit die Verschiedenartigkeit der Social Commerce Umsetzungen verdeutlichen werden:

Beispiel Produktlisten

Bei Amazon kann man sich schon seit langem einen Wunschzettel anlegen, indem man anstelle des Buttons „In den Warenkorb legen” den Button ” Auf meinen Wunschzettel ” nutzt. Die so entstandene Liste kann man dann per E-Mail an Freunde oder Bekannte weitergeben. So kurbelt man automatisch den Umsatz von Amazon an. Diese einfachen Wunschzettel sind sozusagen ein Urgestein des Social Commerce.

Beispiel Mass Customization

Gemeint ist die individualisierten Massenfertigung im Kundenauftrag: Nutzer können dabei selbst Produkte gestalten und sogar über private Homepages vertreiben. Das wohl bekannteste deutsche Beispiel ist Spreadshirt. Spreadshirt ermöglicht es privaten wie kommerziellen Betreibern von Internetseiten, einen Onlineshop mit selbst gestalteten Artikeln einzurichten und in die eigene Homepage einzubinden.

Im Falle von Spreadshirt handelt es sich um Kleidung, Tassen und Accessoires. Nahezu alle notwendigen Funktionen wie Lagerhaltung, Produktion, Versand und Zahlungsabwicklung werden von Spreadshirt übernommen und die Nutzer müssen lediglich die Motive und Produkttypen selbst festlegen. Auch A better tomorrow ist eine moderne Mischung aus Design-Wettbewerben, Community und T-Shirt-Shop.

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Beispiel Social Commerce Portale

Alle Anbieter und Produkte können auf speziellen Portalen bewertet und empfohlen werden. Auf diese Weise wird anderen Nutzern Hilfestellung bei der Suche nach Waren und Dienstleistungen gegeben. Ein recht neuer Vertreter dieser Gattung ist die Design- und Innenarchitektur-Plattform mydeco.com. Interessant wird mydeco durch interaktive Planungs- und Visualisierungs-Tools wie den 3D-Raumplaners für ein individuelles Raumdesign, sowie die Social-Network-Fähigkeiten.

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Durch die Nutzung aktueller Web-Technologien fördert mydeco Inspiration und Ideenaustausch. Content, Shopping und Community werden zusammen gebracht, verbunden mit der Hoffnung, dass in diesem kreativen Umfeld mehr gekauft wird, als in traditionellen Shops.

Andere oft genannte Beispiele sind Edelight oder sosmart.de für Geschenke, Stylefeeder, Polyvore oder Smatch für Mode-, Wohn- und Lifestyletipps, Kaboodle, Thisnext, handeln.de oder Dealjäger für die Angebotssuche. Auch wenn der Beweis der Rentability noch aussteht, gibt es erste Erfolgsmeldungen, die hoffnungsfroh stimmen. So hat Etsy seinen monatlichen Umsatz Laufe des vergangenen Jahres verdreifacht.

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Etsy ist ein amerikanischer Onlineshop-Marktplatz für alle, die Handgemachtes verkaufen oder kaufen wollen. Funktionen wie die Suche nach Produkten anhand einer vordefinierten Farbe, eines Materials oder Kategorie fördern wie bei mydeco.com das Stöbern im großen Angebot.

Zusammenspiel von sozialen und technischen Faktoren

Der Clou dabei: Der Shopbetreiber bietet eine technische Basis an und seine Kunden beteiligen sich aus eigenem Antrieb an den Wertschöpfungsprozessen des Unternehmens. Aber erst die aktive Beteiligung der Konsumenten und die persönliche Beziehung untereinander führt zu einem funktionierenden Social Commerce. Diese Faktoren sind die Basis für eine vertrauensvolle Kommunikation unter den Marktteilnehmern.

Produktbewertungen, persönliche Empfehlungen, Vorschläge, Blogs und Wunschlisten sind die heute typische Grundausstattung einer Social Commerce Plattform, Produktsuche über eine Farbmatrix oder die Materialien sind reizvolle Erweiterungen. Händler können die Unterhaltungen zu ihren Produkten durch gute Produktbeschreibungen, Bilder, Anwendungsbeispiele und vielleicht auch durch originelle “virale” Marketingansätze unterstützen.

Lohnt es sich für Shopbetreiber?

Bislang war E-Commerce stark dadurch geprägt, dass sich der Kaufinteressent auf die Webseiten des Online-Shops begab und dort ein Produkte kaufte. Doch dies beginnt sich zu ändern: Nicht mehr der Shop ist oftmals der zentrale Punkt für den Verkauf, sondern viele verschiedene Internetseiten, Portale oder Blogs, die oftmals eine viel persönlichere Beziehung zu den Konsumenten aufgebauen können.

Die Angebote müssen sich also näher zum Interessenten hinbewegen, ohne diesen zu sehr zu bombardieren oder zu langweilen. Hier spielen Empfehlungen von anderen Konsumenten eine große Rolle. Auf Bewertungs- und Empfehlungsportalen oder direkt in Sozialen Netzwerken wie Facebook berichten Käufer über Produkte und ihre persönlichen Erfahrungen damit, positive wie negative. Wenn man als Anbieter hier offen und transparent an den “Marktgesprächen” teilnimmt, lohnt es sich langfristig. Denn begeisterte Kunden sind die besten Verkäufer, wie man spätestens seit Tupperparties weiß.

So reizvoll die technischen Möglichkeiten auch sind: Im Hinterkopf sollte Sie immer das Überangebot an Information haben. Setzen Sie also eher auf ungewöhnliche Geschichten und Ansätze, die sich vom stets vorhandenen „Grundrauschen“ absetzen. Und vergessen Sie nicht, Ihre Verdienstmöglichkeiten frühzeitig einzuplanen.

Weitere interessante Artikel zu diesem und anderen Themen lesen Sie im Magazin t3n Nr.15. Die Ausgabe steht unter dem Titel “Agil & Effektiv” und beleuchtet Themen wie Cloud Computing, Enterprise 2.0, CSS-Frameworks und Usability-Testing. Darüber hinaus beinhaltet die Ausgabe viele weitere spannende Themen wie Tipps zur TYPO3-Sicherheit, ein Workshop zum Shop-System Oxid eShop sowie Microblogging-Strategien für Unternehmen.

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