Am Freitag, den 13. Juni 2014, ist das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in Kraft getreten. Einige Shops haben die Umstellung ihrer Informationen im Shop (noch) nicht vorgenommen. Auch alte Widerrufsbelehrungen sind noch zu finden. Wie zu erwarten war, werden nun die ersten Abmahnungen verschickt.
Update: Weitere Abmahnungen bekannt geworden
Die ersten Abmahnungen erreichten so machen Händler bereits am Montag, den 16. Juni, also nur ein Wochenende nach dem Inkrafttreten der neuen Regeln.
Herr Rechtsanwalt und Notar Wilfried Jaenecke schickte am 14. Juni einige Abmahnungen im Namen der eboxu UG (haftungsbeschränkt) los.
Diese Gesellschaft wurde kurz vor Inkrafttreten der neuen Regelungen, nämlich am 5. Juni 2014 erst gegründet. Praktischerweise ist der Gegenstand des Unternehmens laut Handelsregister derart weit gefasst, dass diese Gesellschaft so ziemlich in jeder Branche Abmahnungen verschicken kann:
"Gegenstand des Unternehmens: ist der Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Kraftfahrzeugteilen, Sportausrüstung, Fernseh-, Computer- und sonstigen Elektronikartikeln insbesondere auch im Kommunikationsbereich, Foto- und Videogeräten, Uhren, Schmuck, Antiquitäten, sonstigen Kunstgegenständen, Babysachen, Spaß- und Spielzeugartikeln, Ton- und Bildträgern, Musikinstrumenten, Möbeln, Beauty- und Gesundheitsartikeln, Briefmarken, Büchern, Büro- und Schreibwaren, Haushaltsgeräten, Modellbau, Haustierbedarf, Heimwerkerartikeln, Tabakwaren, Töpferwaren, Dekorationsartikeln sowie Kleidung und Accessoires."
Besonders auffällig an den Abmahnungen ist, dass teilweise der Poststempel auf dem Briefumschlag als Datum den 13. Juni aufweist, die Abmahnung selbst aber das Datum 14. Juni trägt. Äußerst merkwürdig ist auch der Vorwurf des Rechtsverstoßes, denn Herr Jaenecke in der Abmahnung erhebt. Dieser lautet:
"Wie meine Mandantin nunmehr feststellen musste, verstoßen Sie mit dem Angebot dieser Produkte auf Ihrer Internetseite gegen die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Oktober 2011. Insbesondere verstoßen Sie gegen Kapitel III Artikel 6 Absatz 1 i)."
In der zugehörigen Unterlassungserklärung soll sich der Abgemahnte dann verpflichten, es zu unterlassen,
"Produkte in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, welche gegen die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Oktober 2011 verstoßen."
Was genau das bedeuten soll, bleibt das Geheimnis von Herrn RA Jaenecke. Denn Produkte können nicht gegen die Richtlinie 2011/83/EU (das ist die amtliche Bezeichnung der Verbraucherrechterichtlinie) verstoßen, da diese Richtlinie gar keine Vorgaben für Produkte macht, sondern lediglich Vorschriften über die Informationspflichten und das Widerrufsrecht.
Außerdem ist für den deutschen Händler auch nur das deutsche Umsetzungsgesetz maßgeblich, da Richtlinien keine unmittelbare Wirkung haben.
Die Chancen, sich gegen diese Abmahnungen der eboxu UG erfolgreich zu wehren, stehen sehr gut. Sollten auch Sie Opfer dieser Abmahnungen geworden sein, lassen Sie sich unbedingt von einem im Wettbewerbsrecht erfahrenen Anwalt beraten.
Einige Händler wurden von Herrn RA Christoph Dittrich im Namen der Werfo Ltd. aus Bischofsmais abgemahnt. Die uns zur Kenntnis gebrachten Abmahnungen tragen als Datum den 13. bzw. 14. Juni 2014.
Die eine Abmahnung wurde also genau am Tag des Inkrafttretens geschrieben, die andere einen Tag später, also am Samstag.
Das Besondere an diesen Abmahnungen des RA Dittrich im Namen der Werfo Ltd: Laut Auskunft aus dem Companies House weist die Werfo Ltd. den Status "Company Dissolved" auf und zwar seit dem 20.5.2014.
Ob hier also überhaupt noch eine Berechtigung zur Abmahnung vorliegt, kann bezweifelt werden.
Auch Frau RA Lachenmann berichtet über Abmahnungen der Werfo Ltd. Es scheint sich also nicht um Einzelfälle zu handeln.
Außerdem haben wir noch Abmahnungen der CODE.AG GmbH aus Hammelburg zur Kenntnis erhalten. Abmahnender Anwalt ist hier Herr RA Matthias Hußlein aus Bergtheim. Diese Abmahnungen tragen das Datum 16. Juni 2014.
Weshalb sich die CODE.AG GmbH hier zu einer Abmahnung berechtigt ansieht, erscheint schleierhaft. Laut Handelsregistereintrag ist der Gegenstand des Unternehmens:
"Erbringung von EDV Dienstleistungen und EDV-Beratungen aller Art."
Die Abmahnungen, die uns von dieser Firma vorliegen, wurden gegenüber Weinhändlern ausgesprochen. Warum jetzt aber ein Unternehmen, welches EDV-Dienstleistungen und -Beratungen erbringt, mit einem Weinhändler im Wettbewerb stehen soll, erschließt sich mir jedenfalls nicht. Zum Wettbewerbsverhältnis schweigt Herr RA Hußlein in seiner Abmahnung leider.
Umso ausführlicher erklärt RA Hußlein dafür, weshalb der von ihm in Ansatz gebrachte Streitwert von 3.500 Euro noch äußerst niedrig ist. Hierzu führt er eine lange Rechtsprechungsliste mit verschiedenen (älteren) Entscheidungen einiger Oberlandesgerichte auf. Die Fristen zur Abgabe der Unterlassungserklärung und zur Zahlung der Anwaltskosten sind beide auf den 30. Juni festgesetzt.
Abschließend wird noch "ausdrücklich" auf die Geltendmachung von Verzugszinsen hingewiesen.
Jetzt ist auch klar, weshalb die Code.AG GmbH Weinhändler abmahnt: Sie betreibt einen eigenen Weinshop, obwohl dies gar nicht vom Gesellschaftszweck abgedeckt ist. RA Hußlein ist dort im Impressum sogar mit Foto vertreten.
Frau RAin Lachenmann weist in Ihrem Blog darauf hin, dass die CODE.AG GmbH einen weiteren Shop betreibt: blueconnect.de
Dort werden immerhin 11 Produkte angeboten, wobei zwei als vergriffen markiert sind. Mit dabei sind so besondere "Schnäppchen" wie ein Nimm2 BonBon zum Preis von 49,99 Euro oder ein KitKat Chunky Peanut Butter 4er Pack für nur 149,99 Euro.
Es ist wirklich unglaublich, wie dreist dieses Unternehmen vorgeht. Der Shop dient ganz offensichtlich nur dazu, ein Wettbewerbsverhältnis vorzutäuschen. Noch offensichtlicher geht es kaum noch.
Allen Abgemahnten sei geraten, sich unbedingt von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lasen.
Durch eine Rechtsänderung im letzten Jahr haben Abgemahnte auch einen entscheidenden Vorteil: Stellt sich heraus, dass eine Abmahnung rechtsmissbräuchlich ausgesprochen wurde, dann hat der Abgemahnte einen Anspruch auf Erstattung seiner eigenen Verteidigungskosten gegen den Abmahner.
Herr RA Dr. Walter Felling hat sogar schon mehrfach erfolgreich die Verteidigungskosten gegen eine rechtsmissbräuchliche Abmahnungen beim abmahnenden Rechtsanwalt direkt eingeklagt. Denn bei so manchem Abmahn-Unternehmen ist am Ende eines Prozesses nichts mehr zu holen. Da ist es gut, wenn man den Abmahnanwalt direkt in Regress nehmen kann.
Heute erreichten uns weitere Abmahnungen wegen (angeblich) fehlender Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, insbesondere des neuen Widerrufsrechtes im Shop. Bei diesen lässt Bernd Habermehl, der einen Shop unter http://shop.3d-cubeworld.com/ betreibt, von Herrn RA Hendrik Schoon aus Fehrbellin abmahen.
Die Abmahnungen tragen das Datum 20. Juni 2014. Abgemahnt werden Online-Shops, die Gravuren anbieten.
Zwar erfolgen diese Abmahnungen jetzt schon "deutlich" später, als die ersten, dennoch sollte man sich auch hier unbedingt anwaltlichen Rat einholen und die Unterlassungserklärung nicht ungeprüft unterschreiben.
Es war vorauszusehen, dass so mancher Anwalt nach dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften über das Widerrufsrecht den Drucker anwirft und Abmahnungen durch das Land schickt. Für alle Shopbetreiber sind zwei Dinge besonders wichtig:
Ein Anwalt kann Ihnen die optimale Verteidigungsstrategie darlegen und Sie umfassend in dem Fall beraten. (mr)
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