Wenn Internethändler und Shopbetreiber ein Bußgeldverfahren droht, geht es in der Regel um produktbezogene Verstöße. Drei Behörden können für Internethändler in der Praxis zu einem Problem werden:
Das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg verfolgt Verstöße wegen des Feilbietens von nicht genehmigten Fahrzeugteilen gemäß § 24 Abs. 1 StVG. Gemäß § 22 a Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) müssen verschiedene Fahrzeugteile in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein. In der Praxis wird dies zu einem Problem z.B. beim Angebot von Leuchtmitteln (Glühbirnen) für Fahrzeuge, Auspuffanlagen, Spiegeln oder Warnleuchten. Auch die Beleuchtung für Fahrräder muss in Deutschland in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein, was häufig übersehen wird. Es ist im Übrigen auch nicht zulässig, derartige Produkte anzubieten und in der Artikelbeschreibung darauf hinzuweisen, dass diese keine Zulassung haben oder dass die Produkte im Bereich der StVO nicht verwendet werden dürfen.
Es droht ein Bußgeld von bis zu 2.000,00 Euro.
Eine weitere Behörde, die Internethändlern Probleme bereiten kann, ist das Umweltbundesamt. Das Umweltbundesamt verfolgt Verstöße gegen die Registrierungspflichten für Elektrogeräte nach Elektrogesetz oder für Batterien oder Akkus nach Batteriegesetz. Wenn für Elektrogeräte oder Batterien keine Herstellerregistrierung vorliegt, dürfen diese Produkte nicht vertrieben werden. Verkäufer, die derartige Produkte vertreiben, sind dann im Rechtssinne Hersteller und können mit einem Bußgeld belegt werden. In diesen Fällen sieht das Gesetz ein Bußgeld bis zu 100.000,00 Euro vor.
Die Bundesnetzagentur, Bußgeldstelle Hannover, verfolgt unter anderem Verstöße nach dem Funkanlagengesetz (FuAG) oder dem Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG).
Es geht häufig um eine fehlerhafte Kennzeichnung von Produkten. In diesen Fällen droht in der Regel ein Bußgeld von bis zu 10.000,00 Euro.
Die Festsetzung der Höhe des Bußgeldes ist keine Willkür, sondern folgt festgelegten Regeln. Die häufigste und berechtigte Frage von Betroffenen in einem Bußgeldverfahren ist daher, welches Bußgeld zu erwarten ist, immer unter der Voraussetzung, dass auch tatsächlich ein Verstoß vorliegt. Es gibt verschiedene Aspekte, die bei der Berechnung des Bußgeldes eine Rolle spielen. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 17 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) wieder.
Im Einzelnen:
Gemäß § 17 Abs. 4 OWiG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.
Dies ist eigentlich die wichtigste Norm bei der Berechnung eines Bußgeldes:
Der wirtschaftliche Vorteil besteht darin, was der betroffene Händler durch den Vertrieb der Produkte verdient hat. Weder Kfz-Teile ohne Bauartgenehmigung noch Akkus oder Batterien ohne Herstellerregistrierung etc. dürfen verkauft werden. Der wirtschaftliche Vorteil ist der Verdienst, den der Internethändler mit diesen eigentlich „verbotenen“ Produkten gemacht hat. Das Bußgeld soll, so die Norm, auf jeden Fall höher sein als der wirtschaftliche Vorteil (Gewinn).
Nicht außer Acht gelassen werden sollte die Formulierung aus § 17 Abs. 4 OWiG: „Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so dass es überschritten werden.“
Dies bedeutet, dass in der Praxis ein Bußgeld sogar höher sein kann als der Bußgeldrahmen (z.B. bei einem Bußgeldverfahren des KBA), wenn der Behörde bekannt ist, dass mehr als der Bußgeldrahmen mit den „verbotenen Produkten“ verdient wurde. Dieser Grundsatz ist eigentlich der wichtigste bei der Bemessung eines Bußgeldes, da gemäß § 17 Abs. 2 OWiG bei einem fahrlässigen Handeln (was in diesen Fällen in der Regel der Fall ist bzw. die Behörde kann ein vorsätzliches Handeln in der Regel nicht nachweisen) das Höchstmaß die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages des Bußgeldes beträgt. Wenn man es genau nimmt, spielt der Höchstbetrag der Geldbuße, so wie sie geregelt ist, eigentlich kaum eine Rolle, da das Bußgeld den wirtschaftlichen Vorteil (Gewinn) übersteigen soll.
Eine Rolle kann auch die objektive Bedeutung der Ordnungswidrigkeit spielen. Die Bedeutung und damit die Höhe des Bußgeldes kann davon abhängen, wie lange und mit welcher Intensität der Verstoß begangen wurde. Insbesondere können in diesem Zusammenhang ersparte Kosten eine Rolle spielen, wie z.B. ersparte Entsorgungskosten bei Elektrogeräten.
Wirtschaftliche Verhältnisse sind durch die Behörden ebenfalls zu berücksichtigen. Es kann hinsichtlich der Bemessung der Bußgeldhöhe durchaus einen Einfluss haben, wenn der betroffene Einzelunternehmer nachweisen kann, dass seine aktuelle finanzielle Situation nicht gut ist oder sich eine juristische Person in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Sinnvoll ist es, in einem Bußgeldverfahren dies auch mit den entsprechenden Unterlagen nachzuweisen.
Regelmäßig wird in Bußgeldbescheiden positiv erwähnt, wenn der Betroffene sich zum Tatvorwurf geständig einlässt und zur Aufklärung des Sachverhaltes beiträgt. Darauf zu beharren, es läge kein Verstoß vor, wenn dies rein tatsächlich doch der Fall ist, ist somit kontraproduktiv. Zur Sachverhaltsaufklärung kann es beitragen, wenn z.B. gegenüber der Bundesnetzagentur deutlich gemacht wird, dass z.B. Kennzeichnungsverstöße beseitigt werden oder bei Verstößen gegen das Elektrogesetz eine Anmeldung bei der Stiftung EAR nachgeholt wurde.
Es versteht sich von selbst, dass ein „Geständnis“ nur abgegeben werden sollte, wenn der Tatvorwurf auch tatsächlich zutreffend ist. Häufig sind die Vorwürfe der Behörden jedoch nach meiner Erfahrung berechtigt.
Als Betroffener oder Nebenbeteiligter in einem Bußgeldverfahren haben Sie das Recht, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Eine anwaltliche Vertretung wird durch eine Behörde auch nicht als Schuldeingeständnis gewertet. Keinesfalls sollte ohne anwaltliche Beratung ein Anhörungsschreiben der Behörden mit den geforderten Informationen zurückgeschickt werden. Auch auf eine Anhörung gar nicht zu reagieren, ist keine Alternative.
Vielmehr bietet es sich an, dass im Rahmen einer anwaltlichen Vertretung Akteneinsicht beantragt wird. Damit ist klar, welche Informationen der Behörde in dem Bußgeldverfahren vorliegen. Darauf abgestimmt kann dann eine entsprechende Einlassung abgegeben werden. Wichtig in diesem Zusammenhang, weil es der wichtigste Faktor bei der Berechnung eines Bußgeldes ist, ist dabei die Frage nach dem erzielten Gewinn und der Anzahl der verkauften Produkte.
Ausführliche Informationen, wie auf eine Anhörung einer Behörde bei Einleitung eines Bußgeldverfahrens reagiert werden sollte, finden Sie in diesem Beitrag.
Ebenfalls wichtig ist es, innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist zu reagieren. Es sollte daher nicht zu lange gewartet werden.
Über Rechtsanwalt Johannes Richard
Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke.
Er betreibt die Internetseite internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Gewerbetreibende unter anderem auch bei Bußgeldverfahren gegenüber Behörden.
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