Wann es sich lohnt, eine polnische Rechtswahl zu treffen

Mit ausländischen Verbrauchern müssen die Besonderheiten des Rechts des Verbraucherstaates beachten werden, auch wenn in den AGB eine Rechtswahl getroffen wurde. Im B2B Handel nach Polen kann es sich jedoch für deutsche Online-Händler lohnen, eine polnische Rechtswahl zu treffen. Grund dafür: die nach polnischem Recht bestehende Möglichkeit des Ausschlusses vom Gewährleistungsrecht im B2B Handel.

Rechtswahl beim grenzüberschreitenden Handel mit Verbrauchern

„Es gilt deutsches Recht.” – ist eine von deutschen Online-Händlern sehr oft verwendete Klausel. Angesichts der Rechtsprechung des EuGH, ist eine solche Klausel beim Verkauf an ausländische Verbraucher missbräuchlich und unzulässig.

Der EuGH hat im Urteil vom 28.7.2016, C-191/15 bestätigt, dass im Handel gegenüber Verbrauchern in dem Fall, in dem ein Unternehmer auf einen anderen EU-Staat ausgerichtet ist, grundsätzlich das Recht des Staates gilt, in dem der Verbraucher seinen Sitz hat. Zwar kann eine Rechtswahl vereinbart werden, diese darf aber nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz des Rechts seines Heimatlandes entzogen wird. Ein deutscher Online-Shop muss also beim grenzüberschreitenden Handel immer die Besonderheiten des ausländischen Rechts des Verbraucherstaates im Auge behalten.

Eine Rechtswahlklausel darf den Verbraucher nicht irreführen. Sie muss transparent sein, d.h. aus ihrer Formulierung muss sich klar und verständlich ergeben, dass die Wahl deutschen Rechts, die Anwendung der zwingenden Vorschriften des Verbraucherstaates nicht ausschließt.

Die Klausel muss also den Verbraucher deutlich und transparent darauf hinweisen, dass er sich auf die zwingenden Rechtsvorschriften seines Landes berufen kann und diese – trotzt der Rechtswahl, anwendbar bleiben.

Rechtswahl beim grenzüberschreitenden B2B Handel

Im Vergleich zum Verbrauchsgüterhandel ist es beim Handel mit anderen Unternehmern (B2B) viel einfacher in den AGB eine Rechtswahlklausel wirksam und rechtskonform zu treffen. B2B Geschäfte unterliegen generell breiter Vertragsfreiheit, welche die Vertragsparteien grundsätzlich zu freien Vereinbarungen berechtigt.

Dieses Prinzip der Vertragsfreiheit geht im B2B Bereich in Polen sehr weit. So ist es zum Beispiel für den Händler im B2B Geschäft möglich, die gesetzliche Mängelhaftung des Verkäufers in den AGB zu modifizieren. Konsequenz ist, dass die Gewährleistungshaftung des deutschen Online-Händlers bei polnischer Rechtswahl in B2B Verkaufsverträgen weitgehend beschränkt oder sogar gänzlich ausgeschlossen werden kann (mit Ausnahme arglistig verschwiegener Mängel). Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur deutschen Rechtslage. Für den deutschen Online-Händler ist dies sehr vorteilhaft, denn besonders beim grenzüberschreitenden Handel ist die Prüfung von Reklamationen teuer und zeitaufwändig.

Möchte der Händler die Gewährleistungsrechte nicht völlig ausschließen, so hat er die Möglichkeit, diese erheblich zu beschränken. So ist es z.B. möglich sog. Rügefristen zu vereinbaren, die den polnischen B2B Kunden verpflichten, innerhalb einer in den AGB bestimmten Frist, Mängel anzuzeigen.

Fazit

Im Handel gegenüber ausländischen Verbrauchern kann der deutsche Online-Händler nicht völlig ausschließen, dass auch die fremden Vorschriften des ausländischen Rechts des Verbraucherstaates Anwendung finden, auch wenn in den AGB eine deutsche Rechtswahl getroffen wurde.

Vereinbart ein deutscher Online-Händler, der sich mit seinem Angebot auf den polnischen Markt ausrichtet, polnisches Recht in seinen AGB, würde es ihm im Handel gegenüber Verbraucher nicht schaden, denn die zwingenden Vorschriften und Besonderheiten des polnischen Rechts muss er ohnehin beachten.

Im Handel gegenüber anderen Unternehmern hingegen würden dem deutschen Online-Händler interessante Möglichkeiten eröffnet, die ihm nach der deutschen Rechtslage nicht zustehen würden. Der Händler könnte dann nämlich mittels einer AGB-Klausel das gesetzliche Gewährleistungsrecht gemäß polnischen Zivilgesetzbuchvorschriften gänzlich ausschließen. Dies ist insbesondere für Händler, die ihre Produkte an polnische B2B Kunden liefern, überlegenswert.

Brauchen Sie Hilfe bei der rechtssicheren Formulierung der AGB Klauseln für Ihren internationalen Online-Shop? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wir unterstützen Sie gerne im Cross-Border-Handel. (mj)

[hubspotform whitepaper="true" title="Gratis Whitepaper-Download 'Der internationale Online-Shop'" image_path="http://shopbetreiber-blog.de/wp-content/uploads/2016/10/shutterstock_105520049_300x200.jpg" image_text="Unsere Experten Madeleine Pilous und Frieder Schelle haben die wichtigsten rechtlichen Fragen zum Cross-Border E-Commerce beantwortet: Welches Recht gilt bei Verkäufen ins Ausland? Das deutsche Recht oder das des Ziellandes? Wo unterscheidet sich das Recht in der EU? Was bedeutet das für AGB und Datenschutz?" copy_text="" portal_id="603347" form_id="a9f3c307-0128-47ac-88c4-e7c2febb4c8a" css=""]

Bildnachweis: ruskpp/shutterstock.com

10.08.16
Marcin Jedrzejak

Marcin Jedrzejak