Kennzeichnung der Ware mit geografischer Herkunftsangabe

Kennzeichnung und Bewerbung von Waren mit geografischen Angaben haben große Bedeutung für die Vermarktung regionaler Produkte. Kunden verbinden mit solchen Angaben positive Vorstellungen, deren Marketingkraft Händler für sich nutzen können. Ein spannendes Thema – sowohl aus geschäftlicher als auch rechtlicher Sicht.    Auf der europäischen Ebene erfolgt der Schutz der geografischen Herkunftsangaben durch die EU-Verordnung Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Die Verordnung enthält strenge Qualitätsregelungen für Lebensmittel, die nach genauen Spezifikationen hergestellt werden. Geschützt sind unter anderem „Ursprungsbezeichnungen“, „geografische Angaben“ und „garantiert traditionelle Spezialitäten“.

Ähnliche Gesetze, andere Rechtsprechungslinien

Die oben erwähnte EU-Verordnung hat die deutschen und polnischen Marken- und Wettbewerbsvorschriften in gleicher Weise beeinflusst. Dazu differenziert man in beiden Ländern zwischen „einfachen“ und „qualifizierten“ geografischen Herkunftsangaben. Diese können für den durchschnittlichen Verbraucher nicht irreführend sein, wobei hier in beiden Ländern das aus dem EU-Recht stammendes Leitbild des durchschnittlichen, verständigen und rationalen Verbrauchers gilt.

Trotzt der sehr ähnlichen nationalen Vorschriften gehen jedoch interessanterweise die Rechtsprechungslinien der Gerichte in Deutschland und Polen bezüglich der Kennzeichnung der Ware mit dem Namen eines anderen Ortes als des Herstellungsortes auseinander.

Das „Himalaya Salz” Urteil des Bundesgerichtshofs vom 31. März 2016., Az. I ZR 86/13 bestätigt eine relativ strenge Rechtsprechungslinie der deutschen Gerichte in Bezug auf die Anwendung der geografischen Herkunftsangaben. Dagegen ist in einem ähnlichen Sachverhalt das Appellationsgericht Bialystok im Urteil vom 19. März 2015, Az. I ACa 923/14 in dem Rechtsstreit zwischen zwei Herstellern von Mineralwasser zu einer deutlich milderen Entscheidung gekommen. Mehr dazu in dem folgenden Blog-Beitrag.

Bevor die beiden Urteile in dem nächsten Blog-Beitrag verglichen werden, sollen hier zuerst die wichtigsten Grundlagen zum Thema Kennzeichnung der Ware mit geografischer Herkunftsangabe analysiert werden.

Einfache und qualifizierte geografische Herkunftsangaben

Sowohl nach den deutschen (§ 127 I und II MarkenG) als auch polnischen (Art. 8 und 9 des Gesetzes über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs) Regelungen erfordert die einfache geografische Angabe nicht, dass zwischen der Herkunft und dem Produkt Zusammenhänge bestehen oder der Verkehr mit ihr eine besondere, auf regionale oder örtliche Eigenheiten zurückzuführende Qualitätsvorstellung verbindet. Bei qualifizierten Herkunftsangaben muss hingegen mit der geografischen Herkunft eine objektiv feststellbare Qualität oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung verbunden sein.

Nach beiden nationalen Rechtslagen können diese geografischen Herkunftsangaben für den Verbraucher nicht irreführend sein. Die Herkunftsangabe darf also insbesondere nicht wahrheitswidrig sein.

Unionsrechtlicher Schutz und Wirkung der EU- Gütezeichen

Die erwähnte EU-Verordnung über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gilt für die im Anhang XI der Durchführungsverordnung klassifizierte Agrarerzeugnisse und Lebensmittel wie z.B. Käse, Fisch, Fleisch und Fleischerzeugnisse, Obst, Gemüse, Backwaren. Für Weine und alkoholische Getränke bestehen Sonderregelungen. So fallen z.B. Mineralwässer unter die EU-Richtlinie 2009/54/EG über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern.

Der unionsrechtliche Schutz wird erst durch die Eintragung in ein von der Kommission geführtes „EU-Qualitätsregister“ erlangt. Den Antrag auf Eintragung können nach Art. 49 Abs. I Vereinigungen einreichen, die mit den Erzeugnissen arbeiten, deren Namen eingetragen werden sollen. Zu dem Eintragungsantrag muss eine Produktspezifikation beigefügt werden, die genau angibt, unter welchen Voraussetzungen die Ursprungsbezeichnung oder geografische Angabe geführt werden darf. Nach der Eintragung werden sie vor jeder direkter oder indirekter kommerzieller Verwendung umfassend geschützt.

Gefördert wird das mit den vorgesehenen Unionszeichen, die in der Etikettierung der geschützten Erzeugnisse erscheinen. Die drei EU-Gütezeichen – geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.), geschützte geografische Angabe (g. g. A.) und garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S) sollen gegen Missbrauch und Nachahmung schützen und die europäischen Verbraucher über die besonderen Merkmale der Erzeugnisse informieren.

Geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)

Im Sinne der EU-Verordnung über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel ist mit dem Ausdruck „Ursprungsbezeichnung (g. U.)“, der auf dem ersten roten Zeichen erkennbar ist, eine Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Erzeugnisses in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren gemeint.

Insoweit  müssen also alle Produktionsschritte in dem fraglichen Gebiet stattfinden. Hierzu zählt beispielsweise der Allgäuer Emmentaler, Parmigiano Reggiano, ein Murano-Kunstglas, das auf der italienischen Insel Murano hergestellt wird oder Parmaschinken, der nach einem Urteil des EuGH (C-108/01 vom 20.05.2003) aufgrund der registrierten Produktspezifikation sogar in der Region Parma geschnitten und verpackt werden muss.

Geschützte geografische Angabe (g. g. A.)

Bei der „geschützten geografischen Angabe (g. g. A.)“ aus dem zweiten Gütezeichen reicht es hingegen aus, wenn einer der Produktionsschritte, etwa die Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung, in dem Herkunftsgebiet stattfindet und sich eine bestimmte Qualität oder eine andere Eigenschaft des Erzeugnisses aus seiner geografischen Herkunft ergibt.

Hierzu zahlt z.B. Schwarzwälder Schinken, Schwäbische Maultaschen oder das nicht nur in Köln hoch geschätzte helle, blanke und obergärige Vollbier „Kölsch“, das nach den verbindlichen Voraussetzungen der Kölsch-Konvention hergestellt wird.

Garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.)

Das dritte EU-Gütezeichen, das jedoch überhaupt keine Aussage über die Herkunft des Produktes trifft, ist die „garantiert traditionelle Spezialität (g. t. S.)“. Das Siegel steht für die traditionelle Zusammensetzung des Produkts oder ein traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren.

Zu den Produkten aus dieser Kategorie gehören z.B. Serrano-Schinken, der holländische Bauernkäse oder Mozzarella. Die Produktion dieser Erzeugnisse kann an jedem beliebigen Ort der Welt stattfinden. Die Hersteller sind jedoch verpflichtet, das festgelegte Rezept und Herstellungsverfahren einzuhalten.

Hinweis: Informationen über als „g. U.“, „g. g. A.“, oder „g. t. S.“ eingetragene Produktbezeichnungen kann man in der DOOR-Datenbank („Database Of Origin & Registration") finden.

Fazit

Der Schutz eingetragener geographischer Angaben ist auf der EU-Ebene höher anzusehen als der nach nationalen inländischen Marken- und Wettbewerbsvorschriften. Nur die in dem EU-Qualitätsregister eingetragenen geographischen Angaben können nach ihrer Registrierung nie mehr Gattungsbezeichnungen und auch nicht als Marken eingetragen werden. Es lohnt sich also frühzeitig einen entsprechenden Antrag auf Registrierung als geographische Angabe zu stellen.

Die Eintragung als geschützte geografische Angabe (g.g.A.) oder geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) bringt einen EU-weit umfassenden Schutz für die eingetragenen Bezeichnungen mit sich und funktioniert wie das Recht des geistigen Eigentums für Erzeugnisse mit einem besonderen geografischen Ursprung sowie Eigenschaften oder Ansehen, die auf diesen Ursprung zurückzuführen sind.

Eingetragene Bezeichnungen genießen den Schutz gegen jede widerrechtliche Aneignung oder Nachahmung. Die Bezeichnungen sowie die EU-Gütezeichen stellen dazu auch eine wichtige Marketingkraft dar, da viele Verbraucher mit diesen eine bestimmte positive Qualitätsvorstellung verknüpfen.

Haben Sie Fragen zum Cross-Border-Handel? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wir unterstützen Sie gerne im Cross-Border-Verkauf. (mj)

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20.07.16
Marcin Jedrzejak

Marcin Jedrzejak