Stellt die Nutzung einer eingetragenen Marke als AdWord eine Markenrechtsverletzung dar? Die spanische Justiz hat sich jahrelang mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Nun hat der spanische Gerichtshof ein grundlegendes Urteil über die Zulässigkeit der Anwendung von eingetragenen Marken als AdWords getroffen.

Ausgangsverfahren

Die Firma Maherlo Ibérica S.L., Inhaber der eingetragenen Gemeinschaftsmarken “masaltos” und “masaltos.com” ging gegen den Mitbewerber Charlet, S.A.M. wegen der Nutzung der Schlüsselwörter “masaltos” und “masaltos.com” zur Generierung von Werbeanzeigen im Rahmen von Googles Referenzierungsdienst AdWords vor.

Maherlo Ibérica ist im stationären Handel und im Online-Verkauf von Schuhen tätig, die durch die Verwendung von Einlagen die Körpergröße der Kunden steigern.

Bei der Angabe der genannten Schlüsselwörter in einer Google-Suchanfrage erschien ein Werbelink im oberen Teil des Bildschirms mit folgendem Text: 

“Steigern Sie Ihre Größe um 7 cm / bertulli-zapatos.es. Schuhe mit Einlagen, um Ihre Größe zu steigern www.bertulli-zapatos.es “

Das Gericht zweiter Instanz (Audiencia Provincial) bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz, dass die Verwendung der von der Antragstellerin eingetragenen Marken als Schlüsselwörter für AdWords in diesem Falle die Funktionen der Marke nicht beeinträchtigt. Auch der spanische Oberste Gerichtshof (Tribunal Supremo) stimmte dem mit Urteil vom 26.2.2016 zu.

Der spanische Oberste Gerichtshof folgt dem EuGH

In seiner Entscheidung verweist der spanische Oberste Gerichtshof auf die Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 23.3.2010, Rs. C-236/08 bis C-238/08) und Urt. v. 22.9.2011, Rs. C-323/09.

Nach dem europäischen Markenrecht ist der Markeninhaber berechtigt, es Dritten zu untersagen, ohne seine Zustimmung ein mit der Marke identisches Zeichen zu verwenden, wenn diese Verwendung im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen erfolgt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist. Dadurch müssten letztlich die Funktionen der Marke beeinträchtigt werden.

Entscheidend war somit hier die Frage, ob durch die Nutzung einer eingetragenen Marke als AdWord die Funktionen der Marke beeinträchtigt werden.

Bei der Bewertung der Beeinträchtigung der Markenfunktionen verweist der spanische Oberste Gerichtshof auf die Rechtsprechung des EuGH im Fall Interflora vs. Marks & Spencer (Urt. v. 22.9.2011, Rs. C-323/09):

“Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke es einem Mitbewerber verbieten kann, anhand eines mit dieser Marke identischen Schlüsselworts, das der Mitbewerber ohne Zustimmung des Markeninhabers im Rahmen eines Internetreferenzierungsdienstes ausgewählt hat, für Waren oder Dienstleistungen zu werben, die mit denen, für die die Marke eingetragen ist, identisch sind, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Eine solche Benutzung

– beeinträchtigt die herkunftshinweisende Funktion der Marke, wenn aus der anhand des genannten Schlüsselworts gezeigten Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke bzw. einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen;

– beeinträchtigt im Rahmen eines Referenzierungsdienstes mit den Merkmalen des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht die Werbefunktion der Marke;

– beeinträchtigt die Investitionsfunktion der Marke, wenn sie es dem Markeninhaber wesentlich erschwert, seine Marke zum Erwerb oder zur Wahrung eines Rufs einzusetzen, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden.“

Weiterhin zitiert der spanische Oberste Gerichtshof die Entscheidung des EuGH Interflora vs. Marks & Spencer:

“der Inhaber einer bekannten Marke (darf) es u. a. nicht verbieten, dass Mitbewerber anhand von dieser Marke entsprechenden Schlüsselwörtern eine Werbung erscheinen lassen, mit der, ohne eine bloße Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen des Inhabers dieser Marke anzubieten, ohne eine Verwässerung oder Verunglimpfung herbeizuführen und ohne im Übrigen die Funktionen der bekannten Marke zu beeinträchtigen, eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers vorgeschlagen wird.”

Keine Verletzung der Markenfunktionen

Der spanische Oberste Gerichtshof bewertete die gesamten Bedingungen der Darstellung der Werbeanzeige. Dabei stellte er fest, dass die Werbeanzeige auf eine Website verlinkte, auf der weder die Marken “masaltos” noch “masaltos.com” erschienen. Durch das Fehlen dieser Begriffe auf der verlinkten Seite sei es für den Verbaucher klar, dass es sich lediglich um ähnliche Produkte eines Mitbewerbers und gerade nicht um solche der Klägerin handele. Somit wurde die herkunftshinweisende Funktion der Marke nicht beeinträchtigt.

Zudem weist der spanische Oberste Gerichtshof darauf hin, dass die Schlüsselwörter nicht genau mit den Wortbildmarken “masaltos” und “masaltos.com” des Markeninhabers übereinstimmen. Die einzelnen Buchstaben der Wortbildmarken werden in graphisch aufsteigender Weise dargestellt, um so die Eigenschaft der Schuhe, die Steigerung der Körpergöße, zu suggerieren. Dies sei bei den verwendeten AdWords gerade nicht der Fall.

Fazit

Die Nutzung von eingetragenen Marken als AdWords in Spanien ist grundsätzlich nicht erlaubt. Der Markeninhaber hat dabei jedoch kein absolutes Recht, die Nutzung der eingetragenen Marken als AdWords zu untersagen, sondern nur wenn die anerkannten Markenfunktionen beeinträchtigt werden. Dabei muss im Einzelfall die gesamte Darstellung einer AdWords-Anzeige überprüft werden, um eine mögliche Beeinträchtigung der Markenfunktionen feststellen zu können.

Haben Sie Fragen zum Cross-Border-Handel? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wir unterstützen Sie gerne im Cross-Border-Verkauf. (rg)

Bilquelle: Lukasz Stefanski/shutterstock.com

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