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Warum Kundenbindung im Online-Handel künftig keine Rolle mehr spielt

Schlechte Zukunftsperspektiven für Shopbetreiber: Mit Bestandskunden könnten Online-Händler in Zukunft immer weniger Umsatz machen. Der E-Commerce stehe an der Schwelle einer Entwicklung in der Kundenbindung kaum noch Wirkung zeige, weil sie klar in Richtung Einmalkunde gehe.

Bislang galt im (Online)Handel die Maxime, dass Bestandskunden im Vergleich zu Neukunden, die „besseren“ Kunden sind. In den meisten langfristigen Businessplänen findet sich daher auch das Ziel, das  Umsatzgros von Neukunden auf Bestandskunden zu verschieben. Eine Strategie, die sich überleben könnte, folgt man einem Szenario von Kassenzone-Blogger Alexander Graf:

“Trotzdem liegt der Fokus bei vielen E-Commerce Unternehmen zunehmend in der Identifikation und Bindung von Bestandskunden und ich möchte hier offen die Frage stellen, ob das noch lange  Sinn macht bzw. ob Bestandskunden nicht genauso behandelt und geführt werden müssen wie Neukunden.”

Einmalkunden brauchen keine Kundenbindung

Kohortenanalysen aus realen Business-Cases machen schon jetzt deutlich: In den Folgemonaten nach einer ersten Bestellung sinkt die Bereitschaft im Shop erneut einzukaufen signifikant. Dieser Effekt sei vor allem bei jüngeren Unternehmen „frappierend“, so Graf. Aber auch bei seit längerem im Markt aktiven Online-Shops ließe sich dieser Effekt bereits feststellen.

Kohortenanalyse Kundenbindung

Quelle: kassenzone.de

Shopbetreiber-Glossar: Kohortenanalyse
Die Kohortenanalyse ist ein Verfahren das ursprünglich aus der Bevölkerungswissenschaft stammt. Mit dessen Hilfe kann die Verhaltensänderung einer Gruppe mit einem gemeinsamen demographischen Merkmal in einem bestimmten Zeitraum analysiert und ausgewertet werden.
Kohortenanalysen liefern die Grundlage für Marktentscheidungen im Marketing. Analysen lassen sich mit gängigen Tools wie Google Analytics problemlos erstellen.
Quelle: onpage.org

Natürlich müssen auch Bestandskunden zum Beispiel immer wieder aktiviert werden. Das Verhältnis der daraus entstehenden Kosten (für Gutscheine, CRM-Abteilung etc.) im Vergleich zur Wiederkäuferrate lege den Schluss nahe:

“[…] dass die Kunden kaum noch gebunden werden können. Sie werden zu Einmalkunden, die sich zwar mit entsprechendem Aufwand haben gewinnen lassen, aber für alle nachfolgenden Ansprachen kaum nutzbar sind.”

Zudem stellt Graf einen Anstieg der Aktivierungskosten über alle Kohorten hinweg fest. . Ältere Kohorten seien günstiger zu aktivieren gewesen, als aktuelle. Kohorten. Allerdings räumt er ein, dass zugrundeliegende Daten nur sehr spärlich vorhanden seien, da sie erst seit wenigen Jahren erhoben würden.

Für Gerald Schönbucher, Geschäftsführer von Hitmeister, bedeutet diese Entwicklung die Abkehr “von der CLV-Denke” Ein Kunde müsse bereits ab seiner ersten Bestellung profitabel seien. Weitere Transaktionen des gleichen Kunden seien gleichsam nur noch das Tüpfelchen auf dem I.

Handlungsbedarf vor allem bei KMUs

In diesem Szenario wird wieder die disruptive Kraft des E-Commerce deutlich. Verbraucher entscheiden offenbar zunehmend spontaner und fühlen sich immer weniger an Hersteller und Händler gebunden.

Shopbetreiber-Glossar: Customer Lifetime Value (CLV)
Als Customer Lifetime Value (CLV) wird eine Kundenwertbetrachtung bezeichnet, die von erwarteten Erträgen eines Kunden ausgeht.
Der CLV ist die Summe aller auf den Gewinnungszeitpunkt diskontierten, erwarteten Deckungsbeiträge abzüglich der Gewinnungsinvestitionen.
Quelle: shopbetreiber-blog.de

Graf schätzt, dass sich große Online-Händler mit ausreichender IT-Kapazität dieser Entwicklung für einige Zeit und mit hohem Aufwand entgegenstellen könnten. Die Personalisierung von Online-Shops sei hierfür eine mögliche, aber zugleich kostenintensive Strategie.

Vor allem kleine Online-Shops werden mit diesem radikalen Wandel leben müssen und ihre Geschäftsmodelle an die Entwicklung anpassen müssen, wollen sie weiterhin im Markt erfolgreich sein. Dies betreffe eben auch die Abkehr von einer auf Bestandskunden fokussierten Strategie:

“Zumindest müssten sich kleinere Unternehmen ohne Aussicht auf die 100m Umsatzgrenze von der CLV Denke verabschieben”, kommentiert Graf die Einlassung von Schönbucher.