Auch bei einem Vertrag über digitale Inhalte gegen Zahlung eines Preises, z.B. dem kostenpflichtigen Download eines Videos, besteht für Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Dieses kann jedoch vor Ablauf der Widerrufsfrist vom Unternehmer vorzeitig zum Erlöschen gebracht werden. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Verbrauchers, dass mit der Vertragserfüllung schon vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen wird, eine Bestätigung der Kenntnis darüber, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert, und eine nachvertragliche Bestätigung des Unternehmers. Das LG Karlsruhe entschied nun (Urt. v. 28.1.2022 – 3 O 108/21), dass die Erklärungen des Verbrauchers durch das Setzen eines Häkchens in eine Check-Box gleichzeitig eingeholt werden können. Eine formell ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung sei hingegen nicht erforderlich.

Die Beklagte bietet Online-Spiele an. Unter anderem gewährt sie kostenfreien Zugang zu einem client-basierten Spiel. In dieses Spiel ist ein Shop integriert, in dem Münzen gegen echtes Geld erworben werden können, um Zusatzfunktionen für das eigene Spiel freizuschalten. Der Erwerbsprozess vollzieht sich in mehreren Schritten: Der Kunde wählt zunächst ein Produkt, anschließend sucht er im zweiten Schritt eine Zahlungsmethode aus. Im dritten Schritt erscheint ein grau hinterlegter Button mit der Aufschrift „Bitte erteile uns noch deine Zustimmung“, links daneben befindet sich eine Check-Box mit dem Satz „Ich stimme der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist zu und weiß, dass dadurch mein Widerrufsrecht erlischt.“ Erst nach Anklicken der Check-Box erscheint eine Schaltfläche mit der Aufschrift „Jetzt kaufen“. Klickt der Kunde die Check-Box nicht an, ist ein Kaufvorgang nicht möglich. Am unteren Bildschirmrand befindet sich rechtsbündig eine Zeile, in der folgende Links angebracht (von links nach rechts): „Support“, „AGB und Widerrufsbelehrung“, „Datenschutz“, „Impressum“. Je nach gewählter Bildschirmauflösung und Skalierung ist diese Zeile während des Kaufvorgangs nur sichtbar, wenn auf der Seite nach unten gescrollt wird. Über den Link „AGB und Widerrufsbelehrung“ gelangt der Kunde zunächst auf die abgebildete Übersichtsseite. Klickt er dort auf „Widerrufsbelehrung“, wird die Widerrufsbelehrung angezeigt.

Der Kläger erwarb in insgesamt 58 Käufen Münzen im Wert von 11.299,42 €. Nach jedem Kauf schickte ihm die Beklagte eine Bestätigung mit Bestelldatum und Vertragsinhalt. Später widerrief er seine Käufe und forderte von der Beklagten das gezahlte Geld zurück. Zur Begründung führte er an, nicht korrekt über sein Widerrufsrecht informiert worden zu sein. Weder durch eine von ihm bestätigte Checkbox, noch durch einen Link am unteren Rand der Webseite, welcher zum Punkt „AGB und Widerrufsbelehrung“ führte.

Das LG Karlsruhe entschied jedoch, dass das dem Kläger ursprünglich zustehende Widerrufsrecht vorzeitig erloschen sei.

Erlöschen des Widerrufsrechts bei digitalen Inhalten

Zunächst führte das Gericht aus, dass die Münzen als digitale Inhalte zu qualifizieren seien und das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 5 BGB erloschen sei. § 356 Abs. 5 BGB sehe die Möglichkeit vor, dass das Widerrufsrecht erlösche, wenn der Verbraucher seine Kenntnis davon bestätige, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliere. Diese Ausnahmeregelung trete dem Missbrauchsrisiko entgegen, dass Spieler nach Genuss eines Spiels unter Nutzung kostenpflichtiger Zusatzinhalte ihre Käufe widerriefen und gem. § 357 Abs. 9 BGB keinen Wertersatz leisten müssten.

§ 356 Abs. 5 BGB sieht in Abweichung von dem Grundsatz, wonach verbraucherrechtliche Widerrufsrechte gem. § 355 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB regelmäßig erst mit Ablauf einer 14-tägigen Frist erlöschen, bei Verträgen über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, einen Erlöschenstatbestand für den Fall vor, dass der Unternehmer mit der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen hat, der Verbraucher diesem vorzeitigen Beginn der Vertragsausführung ausdrücklich zugestimmt hat und er seine Kenntnis von dem Umstand bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung zum vorzeitigen Beginn der Vertragsausführung mit dem Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert. Dies ist u.a. deswegen sinnvoll, weil gem. § 357 Abs. 9 BGB der Verbraucher infolge des Widerrufs des Vertrags über die Lieferung digitaler Inhalte keinen Wertersatz zu leisten hat; daher hat der Unternehmer ein berechtigtes Interesse daran, dass das Widerrufsrecht erlischt, bevor der Verbraucher Zugriff auf den digitalen Inhalt erhält. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der Verbraucher den digitalen Inhalt bereits nutzt und dann widerruft, sodass er den Nutzen hiervon hat, aber keine Kosten trägt […].

Zustimmung und Bestätigung können gemeinsam erfolgen

Anschließend stellte das Gericht klar, dass die erforderlichen Erklärungen des Verbrauchers gemeinsam erfolgen könnten. Eine zwanghafte Aufteilung beider Erklärungen sei eine bloße Förmelei. Das Anklicken der vorliegenden Check-Box genüge diesen Anforderungen.

Durch das jew. in Schritt 3 des Kaufvorgangs erfolgte Anklicken der Check-Box neben dem Satz „Ich stimme der Vertragsausführung durch … vor Ablauf der Widerrufsfrist zu und weiß, dass dadurch mein Widerrufsrecht erlischt“ hat der Kl. – und zwar ausdrücklich – beide nach § 356 Abs. 5 BGB geforderten Erklärungen abgegeben (Zustimmung zum Beginn des Unternehmers mit der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist und Bestätigung der Kenntnis darüber, dass er dadurch mit Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert). Dass Zustimmung und Bestätigung gemeinsam erfolgt sind, beanstandet der Kl. zu Recht nicht. Nach dem Wortlaut des § 356 Abs. 5 BGB („und“) können die Zustimmung und die Bestätigung gemeinsam erfolgen. Diese Beurteilung entspricht auch der Sichtweise der Generaldirektion Justiz der EU-Kommission (Leitfaden der Generaldirektion Justiz zur RL 2011/83/EU, Juni 2014, S. 66). Ein Zwang zur technischen Aufteilung erschiene auch als bloße Förmelei, solange der Verbraucher bei seiner Zustimmung Kenntnis von deren Rechtsfolgen im Hinblick auf das Widerrufsrecht hat […].

Ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung

Die Beklagte habe auch ordnungsgemäß über das bestehende Widerrufsrecht belehrt, da durch Anklicken des Links „AGB und Widerrufsbelehrung“ während des Erwerbsvorgangs die Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen werden könne, so das Gericht.

Die Bekl. hat den Kl. im Streitfall auch in einer Art und Weise über das grds. nach § 312g Abs. 1 BGB bestehende Widerrufsrecht belehrt, die ausreichend ist, um das Widerrufsrecht gem. § 356 Abs. 5 BGB bei Vorliegen dessen weiterer Voraussetzungen (Erklärungen des Verbrauchers nach Nr. 1 und Nr. 2 sowie Beginn des Unternehmers mit der Vertragsausführung) zum Erlöschen zu bringen. Die … Widerrufsbelehrung, die durch Anklicken des Links „AGB und Widerrufsbelehrung“ und die folgende Auswahl des weiteren Links „Widerrufsbelehrung“ während des Erwerbsvorgangs im Shop der Bekl. zur Kenntnis genommen werden kann, entspricht inhaltlich den an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu stellenden Anforderungen. Dies zieht auch der Kl. nicht in Zweifel.

Check-Box genügt Deutlichkeitsgebot

Zudem bestehe keine Pflicht, die Widerrufsbelehrung oberhalb des „Kaufen-Buttons“ zu platzieren. Auch wenn der Link „AGB und Widerrufsbelehrung“ nicht unmittelbar in den Bestellvorgang integriert sei und nicht direkt sichtbar sei, sei das Widerrufsrecht erloschen. Entscheidend sei, dass der Kunde zwingend die Check-Box mit einem Häkchen versehen müsse und dabei direkt auf das Widerrufrecht als solches aufmerksam gemacht werde.

Soweit der Kl. einwendet, die Widerrufsbelehrung müsse grds. oberhalb des „Kaufen-Buttons“ platziert werden, trifft dies nicht zu […]. Sein Einwand, die Widerrufsbelehrung sei unzureichend, weil die Darstellungsweise insgesamt dem Deutlichkeitsgebot nicht gerecht werde, greift ebenfalls nicht durch.

Dabei mag zutreffen, dass der Link „AGB und Widerrufsbelehrung“ nicht unmittelbar in den Bestellvorgang integriert ist, dass der Link am unteren Rand der Internetseite angeordnet ist und dort zwischen den Links zu „Support“ und „Datenschutz“ und auch wegen der relativ kleinen Schriftgröße nicht auffällt, sowie dass bei bestimmten Voreinstellungen die Zeile, in der er sich befindet, nur durch Scrollen überhaupt sichtbar wird.

All dies ist im Streitfall für das Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 356 Abs. 5 BGB unschädlich. Denn der Kunde wird durch die von ihm zwingend mit einem „Häkchen“ zu versehende Check-Box („Ich stimme der Vertragsausführung durch … vor Ablauf der Widerrufsfrist zu und weiß, dass dadurch mein Widerrufsrecht erlischt“) direkt auf das Widerrufsrecht als solches aufmerksam gemacht und hat – über die oben dargestellte Verlinkung – die Möglichkeit, sich über Einzelheiten desselben, insb. über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Rechts zu informieren, falls er dies für erforderlich hält, bevor er sich für oder gegen die Erteilung der Zustimmung entscheidet.

Weitergehende Anforderungen sind nach hiesiger Ansicht an die Widerrufsbelehrung in den besonderen Fällen der Fernabsatzverträge über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, nicht zu stellen, um ein Erlöschen des Widerrufsrechts nach § 356 Abs. 5 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen herbeizuführen […].

Kenntnis von Existenz des Widerrufsrechts genügt

Beim Erlöschen des Widerrufsrechts durch Zustimmung und Kenntnisnahme komme es auf eine gesonderte Belehrung nicht an. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei es ausreichend, wenn der Kunde von der Existenz des Widerrufsrechts als solchem Kenntnis habe, wenn er die Erklärungen nach § 356 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 BGB abgibt. Es gehe in diesen Fällen nicht darum, dem Verbraucher für die Zeitspanne, innerhalb derer er das Widerrufsrecht ausüben kann, sämtliche Informationen zu gewähren, damit er das Widerrufsrecht ungehindert ausüben könne, sondern darum, ihm die Möglichkeit zu geben, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er die Erklärungen gem. § 356 Abs. 5 BGB abzugeben bereit sei, ohne die es regelmäßig überhaupt nicht zum Vertragsschluss kommt, weil der Unternehmer den Vertragsschluss hiervon zulässigerweise abhängig mache, so das Gericht.

Die in § 356 Abs. 5 BGB geregelten Verträge über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten sind allerdings dadurch gekennzeichnet, dass es – da das Interesse des Verbrauchers gerade hierauf gerichtet ist – stets um sofortige Leistungserbringung geht und der Verlust des Widerrufsrechts – anders als in den in § 356 Abs. 4 BGB geregelten Fällen – nicht erst mit der vollständigen Vertragserfüllung durch den Unternehmer eintritt, sondern bereits mit Beginn der Ausführung des Vertrags durch den Unternehmer, also mit dem Beginn der Übermittlung der Daten und damit regelmäßig unverzüglich nach Vertragsschluss (arg. § 271 BGB: idR sofortige Fälligkeit). Eine nennenswerte Zeitspanne zwischen Vertragsschluss und Beginn der Ausführung des Vertrags, binnen derer der Verbraucher an sich noch berechtigt wäre, den Vertrag zu widerrufen, existiert damit in diesen Fällen regelmäßig nicht. Es geht daher in diesen Fällen (anders als in Fällen nach § 356 Abs. 4 BGB) nicht darum, dem Verbraucher für die Zeitspanne, innerhalb derer er das Widerrufsrecht ausüben kann, sämtliche Informationen zu gewähren, damit er das Widerrufsrecht ungehindert ausüben kann, sondern darum, ihm die Möglichkeit zu geben, eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er die Erklärungen gem. § 356 Abs. 5 BGB abzugeben bereit ist, ohne die es regelmäßig – so auch im Streitfall – überhaupt nicht zum Vertragsschluss kommt, weil der Unternehmer den Vertragsschluss hiervon – zulässigerweise […]– abhängig macht.

Ausübung des Widerrufsrechts im Regelfall ohnehin nicht möglich

Typischerweise erlösche das Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten nach den Erklärungen des Verbrauchers und dem Vertragsschluss, weil unmittelbar mit der Ausführung des Vertrages begonnen werde. Die Ausübung eines Widerrufsrechts sei daher in der Regel ohnehin nicht möglich. Die Informationserteilung verfolge daher das Ziel, dem Verbraucher darüber zu informieren, dass auf Grund der besonderen Konstellation ein vorgesehenes Recht voraussichtlich nicht ausgeübt werden könne. Daher sei eine Belehrung weder erforderlich noch geeignet.

Im Fall des § 356 Abs. 5 BGB erlischt das Widerrufsrecht aber typischerweise umgehend nach den Erklärungen des Verbrauchers und dem Vertragsschluss, weil der Unternehmer gem. § 271 BGB unmittelbar mit der Ausführung des Vertrags iSv § 356 Abs. 5 BGB beginnt. Die Ausübung des Widerrufsrechts ist daher im Regelfall ohnehin nicht möglich. IRd § 356 Abs. 5 BGB geht die Zielrichtung der Informationserteilung deshalb auch nicht dahin, dem Verbraucher die Ausübung des Widerrufsrechts möglichst nicht zu erschweren, sondern ihn vorab darüber zu informieren, dass auf Grund der besonderen Konstellation ein vom Gesetzgeber an sich bei Fernabsatzverträgen vorgesehenes Recht voraussichtlich nicht wird ausgeübt werden können, weil es sofort erlischt, sodass er sich vor Abgabe seiner Erklärungen darüber im Klaren sein muss, dass der Vertragsschluss in der Regel nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Eine Belehrung über die exakten Bedingungen, Fristen und das Verfahren zur Ausübung des Widerrufsrechts ist zur Erreichung dieses Ziels weder erforderlich noch geeignet.

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