Fehlerhafte Garantiewerbung ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Wenn mit einer Garantie geworben wird, muss bereits im Online-Shop über die Garantiebedingungen informiert werden. Der BGH (Beschl. v. 10.2.2022 – I ZR 38/21) hat nun dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es sich bei einer „Zufriedenheitsgarantie“ um eine Garantie handelt mit der Folge, dass die damit verbundenen Informationspflichten auslöst werden.

Die Beklagte vertreibt in ihrem Onlineshop und stationär Sport- und Fitnessprodukte. Sie brachte an ihren T-Shirts Hängeetiketten, sog. Hang-Tags, an, auf denen folgender Text aufgedruckt war: „L. Warranty Every L. product comes with our own lifetime guarantee. If you are not completely satisfied with any of our products, please return it to your specialist dealer from whom you purchased it. Alternatively, you can return it to „L. “ directly but remember to tell us where and when you bought it.“ Die Klägerin, eine Onlinehändlerin, erwarb über eine Testkäuferin zwei T-Shirts der Marke der Beklagten mit entsprechenden Hang-Tags. Die Klägerin machte geltend, die Angaben genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine Garantieerklärung und forderte Unterlassung.

Das LG München I (Urt. v. 10.2.2020 – 4 HKO 8418/19) hatte die Klage abgewiesen, das OLG München (Urt. v. 14.1.2021 – 29 U 1203/20) hingegen hatte die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, da die Hang-Tags nicht den Anforderungen an eine Garantieerklärung genügten. Gegen diese Entscheidung richtet sie sich mit ihrer Revision. Der BGH setzte das entsprechende Verfahren nun aus und legte die Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Anforderungen an eine Garantieerklärung

Welche Anforderungen an eine Garantieerklärung zu stellen sind, bestimmt § 479 BGB. Der BGH stellte noch einmal klar, dass es sich hierbei handle um eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG handle.

Die Bestimmung des § 479 Abs. 1 Satz 2 BGB stellt eine Marktverhaltensregelung im Interesse der Verbraucher im Sinne von § 3a UWG dar […]. Die Vorschrift legt fest, welche Informationen die bei einem Verbrauchsgüterkauf abgegebene Garantieerklärung eines Verkäufers oder Herstellers enthalten muss, mit der er im Kaufvertrag oder in einem eigenständigen Garantievertrag die Verpflichtung zu einer über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehenden Leistung gegenüber dem Verbraucher eingeht (zu § 477 Abs. 1 Satz 2 BGB aF vgl. BGH, GRUR 2011, 638 Rn. 26 und 32 – Werbung mit Garantie; GRUR 2013, 851 Rn. 10 – Herstellergarantie II).

Neues Recht seit dem 1.1.2022

Zudem wurde nach dem Erlass des Berufungsurteils des OLG München das Gesetz geändert. Die alte Fassung des § 479 beruhte auf der europäischen VerbrauchsgüterkaufRL 1999/44/EG. Seit dem 1.1.2022 gilt jedoch die neue europäische WarenkaufRL 2019/771 mit geänderten Anforderungen an Garantieerklärungen. Das Verhalten der Beklagten falle jedoch in den Anwendungsbereich beider Richtlinien.

Gemäß § 479 Abs. 1 BGB in der seit dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung (nF) muss eine Garantieerklärung (§ 443 BGB) einfach und verständlich abgefasst sein (Satz 1). Sie muss Folgendes enthalten: den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers bei Mängeln, darauf, dass die Inanspruchnahme dieser Rechte unentgeltlich ist sowie darauf, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden (Satz 2 Nr. 1), den Namen und die Anschrift des Garantiegebers (Satz 2 Nr. 2), das vom Verbraucher einzuhaltende Verfahren für die Geltendmachung der Garantie (Satz 2 Nr. 3), die Nennung der Ware, auf die sich die Garantie bezieht (Satz 2 Nr. 4), und die Bestimmungen der Garantie, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes (Satz 2 Nr. 5). Die Vorschrift dient der Umsetzung von Art. 17 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie (EU) 2019/771 (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags, BT-Drucks. 19/27424, S. 1 und 45). […] Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen fällt das beanstandete Verhalten der Beklagten in den Anwendungsbereich der Richtlinien.

Begriff der Garantie

Die zusätzlichen Angaben, die eine Garantieerklärung erfordert, sind jedoch nur erforderlich, wenn es sich bei der „Zufriedenheitsgarantie“ um eine Garantie im rechtlichen Sinne handelt. Der BGH klärte daher zunächst den Begriff der Garantie:

Nach Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 bezeichnet im Sinne dieser Richtlinie der Ausdruck „gewerbliche Garantie“ jede dem Verbraucher gegenüber zusätzlich zur gesetzlichen Gewährleistung eingegangene Verpflichtung des Verkäufers oder eines Herstellers (Garantiegebers), den Kaufpreis zu erstatten oder die Waren zu ersetzen, nachzubessern oder in sonstiger Weise Abhilfe zu schaffen, falls sie nicht die Eigenschaften aufweisen oder andere nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderungen erfüllen sollten, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind. Die Richtlinie (EU) 2019/771 zielt auf eine Vollharmonisierung ab (Erwägungsgrund 10 Satz 2 bis 4 der Richtlinie). Mit Blick darauf dürfen die Mitgliedstaaten grundsätzlich keine strengeren oder weniger strengen Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus aufrechterhalten oder einführen (Art. 4 der Richtlinie). Die Anforderungen der Richtlinie (EU) 2019/771 an eine Garantie treten neben die vorvertraglichen Informationspflichten in Bezug auf das Bestehen und die Bedingungen von gewerblichen Garantien gemäß der RL 2011/83/EU und ergänzen diese (Erwägungsgrund 11 Satz 1 und 62 Satz 1 der Richtlinie [EU] 2019/771).

Mit ihrer auf den Hang-Tags aufgedruckten und an die Testkäuferin übermittelten Erklärung sei die Beklagte die Verpflichtung eingegangen, das von ihr hergestellte T-Shirt im Fall der Unzufriedenheit des Kunden zurückzunehmen.

Zufriedenheitsgarantie = Garantie?

Sowohl das Berufungsgericht als auch der BGH haben keinen Zweifel daran, dass die Zufriedenheit des Verbrauchers mit dem erworbenen Produkt keine einer Garantie zugängliche Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 443 Abs. 1 Fall 1 BGB darstelle.

Als Beschaffenheit einer Sache sind alle Faktoren anzusehen, die der Sache selbst anhaften, sowie alle Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf ihre Wertschätzung haben […]. Ob die Beziehungen ihren Ursprung im Kaufgegenstand selbst haben müssen oder ob jeder tatsächliche Bezug zum Kaufgegenstand ausreicht, hat der Bundesgerichtshof bislang offengelassen (vgl. BGH, NJW 2013, 1948 Rn. 15; NJW 2016, 2874 Rn. 13). Die Beschaffenheit der Sache im Sinne von § 443 Abs. 1 Fall 1 BGB muss sich in Abgrenzung zu dem Tatbestandsmerkmal „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen“ (§ 443 Abs. 1 Fall 2 BGB) auf das Fehlen von Mängeln beziehen (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 68).

Nach diesen Kriterien stellt die Zufriedenheit des Käufers mit dem erworbenen Produkt keine die Mängelfreiheit betreffende Beschaffenheit der Kaufsache dar. Seine Zufriedenheit kann zwar an den Zustand oder die Merkmale der Kaufsache anknüpfen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, denen die Revisionserwiderung nicht entgegengetreten ist und die auch keinen Rechtsfehler erkennen lassen, kann der Käufer nach der „L. Warranty“ das Produkt aber auch zurückgeben, wenn sich seine Unzufriedenheit nicht auf objektive Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Kaufsache gründet und keinen Bezug zu Mängeln aufweist, sondern er die Kaufsache aus in seiner Person liegenden subjektiven Gründen missbilligt.

Aus dem in den Richtlinien zugrundeliegenden Begriff der Eigenschaften in Art. 1 Abs. 2 lit. e RL 1999/44/EG und Art. 2 Nr. 12 RL (EU) 2019/771 ergebe sich nichts Anderes.

Erste Vorlagefrage des BGH

Allerdings könnte es sich bei der Zufriedenheit des Verbrauchers um eine „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung“ handeln, die ebenfalls von Art. 2 Nr. 12 RL (EU) 771/2019 erfasst werde und die Informationspflichten nach § 479 auslöst.

Eine unionsrechtskonforme Auslegung des Merkmals „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen“ in § 443 Abs. 1 Fall 2 BGB ist ferner mit Blick darauf geboten, dass der Garantiebegriff des § 443 Abs. 1 BGB seit dem 1. Januar 2022 auch der Umsetzung von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 dient. Das Merkmal „andere nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderungen“ in Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 stimmt mit dem Merkmal „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen“ in Art. 2 Nr. 14 der RL 2011/83/EU inhaltlich überein (Zöchling-Jud, GPR 2019, 115, 132).

Es erscheint nicht zweifelsfrei, ob die Zufriedenheit des Verbrauchers mit der Kaufsache eine Anforderung in diesem Sinne darstellt.

Diesen Umstand betrifft die erste Vorlagefrage des BGH:

Danach stellt sich die Frage, ob eine andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderung im Sinne von Art. 2 Nr. 14 der RL 2011/83/EU und eine andere nicht mit der Vertragsmäßigkeit verbundene Anforderung im Sinne von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 vorliegen kann, wenn die Verpflichtung des Garantiegebers an in der Person des Verbrauchers liegende Umstände, insbesondere an seine subjektive Haltung zur Kaufsache (hier: die in das Belieben des Verbrauchers gestellte Zufriedenheit mit der Kaufsache) anknüpft, ohne dass diese persönlichen Umstände mit dem Zustand oder den Merkmalen der Kaufsache zusammenhängen müssen. Das ist Gegenstand der Vorlagefrage 1. Dem Wortlaut der Richtlinienbestimmungen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Anforderungen objektive Gegebenheiten der Kaufsache berühren müssen oder ob sie sich auch auf die subjektive Haltung des Verbrauchers zu dem erworbenen Produkt beziehen können.

Zweite Vorlagefrage des BGH

Sofern diese Frage bejaht werde, möchte der BGH mit seiner zweiten Vorlagefrage beantwortet wissen, ob das Fehlen dieser subjektiven Anforderung anhand objektiver Umstände feststellbar sein müsse.

Sofern in der Person des Verbrauchers liegende Umstände (hier: seine Zufriedenheit mit den erworbenen Waren) Anforderungen darstellen, die Gegenstand einer Garantie im Sinne von Art. 2 Nr. 14 der RL 2011/83/EU und von Art. 2 Nr. 12 der Richtlinie (EU) 2019/771 sein können, stellt sich die Frage, ob das Fehlen dieser subjektiven Anforderungen anhand objektiver Umstände feststellbar sein muss. Das ist Gegenstand der Vorlagefrage 2.

Der BGH neigt dazu, diese Frage zu verneinen. Zwar könne der Verbraucher in einem solchen Fall nach seinem Belieben von der Garantie Gebrauch machen, selbst wenn er tatsächlich nicht unzufrieden ist mit der Kaufsache, allerdings sei der Garantiegeber insoweit nicht schutzwürdig, da er für den Garantiefall eine entsprechende Begründung des Verbrauchers fordern könne.

Der Senat neigt dazu, die Frage zu verneinen. Ein Garantiefall liegt auch dann vor, wenn der Verkäufer oder Hersteller nicht anhand objektiver Umstände nachprüfen kann, ob die Ware hinter den subjektiven Anforderungen des Käufers zurückbleibt. Dem Verbraucher wird es dadurch allerdings erleichtert, unter dem Vorwand eines Garantiefalls die Rechte aus der Garantie durchzusetzen. Dies führt im Ergebnis dazu, dass er von den Rechten aus der Garantie nach freiem Belieben Gebrauch machen kann, selbst wenn die Voraussetzungen für einen Garantiefall – hier seine persönliche Unzufriedenheit mit der Kaufsache – tatsächlich nicht vorliegen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 10. Dezember 2008- 5 U 129/07, juris Rn. 39 [insoweit nicht in OLGR Hamburg 2009, 781 abgedruckt]). Der Garantiegeber erscheint insoweit jedoch nicht schutzwürdig. Ihm bleibt es unbenommen, seine Verpflichtung an den Garantiefall objektivierbare Voraussetzungen – etwa an eine nachvollziehbare Begründung, warum der Verbraucher mit der Kaufsache unzufrieden ist – zu knüpfen (vgl. Lindacher aaO S. 445, 446).

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