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Modernisierung des Verbraucherschutzes – Änderungen des UWG geplant

Update: Der Bundestag hat das neue Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht am 10.6.2021 in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen. Es tritt am 28.5.2022 in Kraft.

Am 7.1.2020 ist die EU-Richtlinie 2019/2161 zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften in Kraft getreten, die u.a. Änderungen an der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL; RL 2005/29/EG) vorsieht. Zur Umsetzung sind umfangreiche Änderungen des UWG geplant. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 28.11.2021 Zeit, die entsprechenden Vorschriften zu erlassen. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung hat das BMJV nun veröffentlicht.

Hintergrund und Überblick

Bereits im April 2018 hatte die Europäische Kommission eine erste Version ihres „New Deal for Consumers“ vorgestellt, der dann mit der RL (EU) 2019/2161 umgesetzt wurde. Diese sogenannte „Omnibusrichtlinie“ sieht die Änderung von vier bestehenden Richtlinien vor. Betroffen sind die sog. Klauselrichtlinie 93/13/EWG, die Preisangabenrichtlinie 98/6/EG, die Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU und auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG. Zur Umsetzung der Änderungen der UGP-RL sind entsprechende Anpassungen des UWG vorgesehen.

Mit der Umsetzung werden u.a. ein Anspruch auf Schadensersatz für Verbraucher bei schuldhaften Verstößen von Unternehmern gegen verbraucherschützende Vorschriften des UWG, Transparenzpflichten von Online-Marktplätzen sowie Transparenzpflichten bei der Darstellung von Rankings und Verbraucherbewertungen, Regelungen zur Kennzeichnung von Werbung für Influencer und Blogger, Geldbußen als Sanktionen bei bestimmten grenzüberschreitenden Verstößen und das Verbot der Vermarktung einer Ware mit unterschiedlicher Qualität eingeführt.

Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst.

Begriffsbestimmungen

Zunächst sollen die Begriffsbestimmungen in § 2 UWG angepasst werden. U.a. wird der im UWG zentrale Begriff der geschäftlichen Handlung ergänzt:

„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;

Damit werden auch digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen künftig erfasst. Zudem wird ergänzt, dass es sich nicht nur um einen objektiven, sondern auch um einen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Absatzförderung handeln muss. Hiermit soll noch einmal zum Ausdruck gebracht werden, dass bei bestimmten Formen der Förderung des eigenen Unternehmens kein unmittelbarer Zusammenhang zur Absatzförderung besteht, zum Beispiel, wenn eine Influencerin oder ein Influencer Waren oder Dienstleistungen empfiehlt oder erwähnt und hierfür kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhalten hat und die Erwähnung gegebenenfalls lediglich ihre oder seine eigene Bekanntheit fördert.

In § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 UWG-E werden außerdem die Begriffe des Online-Marktplatzes und des Rankings aufgenommen.

Irreführende geschäftliche Handlungen

Anpassungen sind auch an § 5 UWG vorgesehen. Der bisherige Abs. 1 S. 2 wird zum neuen Abs. 2 und soll damit die Lesbarkeit der Vorschrift verbessern. Der neu gefasste § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG-E enthält die Regelung des bisherigen Abs. 2.

Der neue Abs. 3 Nr. 2 enthält Regelungen zur sog. Doppelqualität von Waren („Dual Quality“) und setzt Art. 3 Nr.3 der RL (EU) 2019/2161 um. Danach ist es irreführend, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der EU als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist. Hintergrund hierfür waren die Beschwerden einiger Mitgliedstaaten, es würden unter der gleichen Marke Erzeugnisse in schlechterer Qualität vertrieben.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn […]

2.mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

Unternehmer können auch nach der Neuregelung weiterhin Waren unter derselben Marke in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer unterschiedlichen Rezeptur oder abweichenden Zutaten in den Verkehr bringen. Eine unzulässige irreführende geschäftliche Handlung liegt nur dann vor, wenn solche Waren trotz wesentlicher Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen als identisch vermarket werden. Eine Irreführung soll dann ausgeschlossen sein, wenn die Unterschiede zwischen den Waren für Verbraucher leicht zu erkennen sind wie z.B. durch ein Etikett, das über bestehende Unterschiede informiert. Eine unlautere Irreführung entfällt zudem auch, wenn zwischen den als identisch vermarkteten Waren zwar wesentliche Unterschiede bestehen, diese aber durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind.

Vorenthalten wesentlicher Informationen

Der bisherige § 5a UWG zur Irreführung durch Unterlassen soll durch die §§ 5a bis 5c UWG-E ersetzt werden. Mit Ausnahme des § 5a Abs. 4 UWG-E, der künftig das Kenntlichmachen des kommerziellen Zwecks regelt, sind die Änderungen an § 5a UWG nur redaktioneller Natur. Abs. 4 soll künftig in seinem Anwendungsbereich nicht mehr nur auf Verbraucher beschränkt sein, sondern auch gegenüber sonstigen Marktteilnehmern Anwendung finden. § 5b UWG-E hingegen ist auf geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern beschränkt. Abs. 1 enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 3 UWG. Die bisher in Nr. 4 vorgesehene Information über das Beschwerdeverfahren im Fall eines Angebots zu einem Geschäftsabschluss soll gestrichen werden, da die RL (EU) 2019/2161 diese Informationspflicht nicht mehr vorsieht. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 EGBGB muss der Verbraucher jedoch weiterhin über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, denen er unterworfen ist, informieren.

§ 5b Abs. 4 UWG-E, der bestimmte Informationsanforderungen, die im sonstigen Unionsrecht festgelegt sind, zu wesentlichen Informationen erklärt, enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 4 UWG.

Influencer-Marketing

Mit § 5a Abs. 4 S. 2 UWG-E soll zudem eine Regelung insbesondere für Influencer eingeführt werden, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst unmittelbar finanziell zu profitieren:

(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.

Solche Handlungen müssen nicht als „kommerziell“ gekennzeichnet werden. Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ soll auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen umfassen. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit durch solche Handlungen soll hingegen nicht als Gegenleistung gewertet werden. Die Gegenleistung muss nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Die Hoffnung auf eine Gegenleistung alleine reicht jedoch nicht aus. Die Gegenleistung muss von dem Unternehmer veranlasst worden sein, zugunsten dessen die Handlung erfolgt. Wird die Gegenleistung über beauftragte Dritte wie zum Beispiel eine Agentur gewährt, wird dies dem Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen zugerechnet. Im Streitfall muss die Erfüllung dieser Voraussetzungen vom Handelnden nachgewiesen werden. Auch wenn zwar keine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens vorliegt, kann der Zweck jedoch u.U. noch immer in der Förderung des eigenen Unternehmens liegen und daher als Eigenwerbung kennzeichnungspflichtig sein, wenn der kommerzielle Zweck nicht erkennbar ist. Einen entsprechenden Regelungsvorschlag hatte das BMJV bereits im vergangenen Jahr vorgelegt.

Informationspflicht über die Unternehmereigenschaft

Neu hinzukommt in § 5b Abs. 1 Nr. 6 die Informationspflicht darüber, ob es sich bei dem Anbieter auf einem Online-Marktplatz nach dessen eigener Erklärung um einen Unternehmer handelt. Der Betreiber des Online-Marktplatzes wird verpflichtet, von Anbietern von Waren oder Dienstleistungen zu verlangen, dass diese ihm gegenüber offenlegen, ob sie als Unternehmer oder Verbraucher tätig werden. Verbraucher müssen dann durch den Betreiber des Online-Marktplatzes über dieses (Selbst-) Einstufung informiert werden.

(1) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, so gelten die folgenden Informationen als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: […]

6.bei Waren oder Dienstleistungen, die über einen Online-Marktplatz angeboten werden, die Information, ob es sich bei dem Anbieter der Waren oder Dienstleistungen nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt.

Informationen über Ranking und Gewichtung

§ 5b Abs. 2 UWG-E sieht eine neue Transparenzpflicht für Online-Marktplätze und Vermittlungsdienste wie Vergleichsplattformen vor. Bietet ein Unternehmer daher Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter zu suchen, dürfen ihnen Informationen dazu, nach welchen Hauptparametern das Ranking der Angebote in den Ergebnissen der Online-Suchanfrage festgelegt wird und wie deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern ist, nicht vorenthalten werden.

(2) Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, so gelten unabhängig davon, wo das Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann, folgende allgemeine Informationen als wesentlich:

1.die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie

2.die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.

Die Informationen nach Satz 1 müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Betreiber von Online-Suchmaschinen im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).

Erforderlich ist, dass die Suche nach Waren und Dienstleistungen verschiedener Anbieter ermöglicht wird. Nicht von der Vorschrift erfasst sind Online-Shops von Unternehmern, die nur ihre eigenen Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Entsprechend zu dieser Informationspflicht enthält die neue Nummer 11a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG das Verbot verdeckter Werbung in Suchergebnissen. Danach müssen bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen zur Beeinflussung des Rankings bei Suchergebnissen gegenüber Verbrauchern offengelegt werden.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

11a. verdeckte Werbung in Suchergebnissen

die Anzeige von Suchergebnissen aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers, ohne dass etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden; […]

Informationen bei Bewertungen

§ 5b Abs. 3 UWG-E führt eine neue Informationspflicht hinsichtlich Bewertungen ein. Nach der Neuregelung sollen künftig Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Waren tatsächlich genutzt oder erworben haben, zu den wesentlichen Informationen zählen, die Verbrauchern vor einer geschäftlichen Entscheidung nicht vorenthalten werden dürfen.

(3) Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.

Hiervon sollen jedoch nur solche Unternehmer erfasst werden, die selbst Verbraucherbewertungen zugänglich machen. Wenn der Unternehmer lediglich über einen Link auf Verbraucherbewertungen verweist, die von Dritten über die von ihm angebotene Ware oder Dienstleistung veröffentlicht worden sind, besteht die Pflicht nicht.

Der Unternehmer muss darüber informieren, ob er vor Veröffentlichung der Verbraucherbewertungen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Echtheit trifft. Ergreift er gar keine Maßnahmen, muss er auch über diesen Umstand informieren. Werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, muss er Informationen darüber bereitstellen, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen ergreift und wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird.

Diese Transparenzpflicht soll zudem durch die neue Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergänzt werden. Danach ist die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich genutzt oder erworben haben, ohne dass der Unternehmer durch angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen überprüft hat, ob dies tatsächlich der Fall ist, stets unlauter.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

23b. Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen

die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen;

Die neue Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sieht ein Verbot der Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung vor.

23c. gefälschte Verbraucherbewertungen

die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung; […]

Hiermit wird Art. 3 Nr. 7 lit. b der RL(EU) 2019/2161 umgesetzt. Erfasst werden nach Erwägungsgrund 49 der Richtlinie auch „likes“ in sozialen Medien. Eine falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern liegt vor, wenn z.B. nur positive Bewertungen veröffentlicht, negative hingegen gelöscht werden. Zudem nennt der Erwägungsgrund das weitere Beispiel der „Extrapolation von Empfehlungen“, wenn also die positive Bewertung eines Nutzers mit einem anderen – wenn auch in Zusammenhang stehenden – Inhalt verknüpft oder auf diesen übertragen wird, und auf diese Weise der Anschein erweckt wird, der Nutzer befürworte auch den anderen Inhalt.

Schadensersatz für Verbraucher

§ 9 UWG enthielt schon bisher eine Regelung zu Schadensersatz, allerdings nur gegenüber Mitbewerbern. Dieser Anspruch wird weiterhin in § 9 Abs. 1 UWG-E geregelt. Der neue § 9 Abs. 2 S. 1 UWG-E ergänzt das UWG um einen individuellen Schadensersatzanspruch für Verbraucher:

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6.

Mit dieser Vorschrift wird Art. 3 Nr. 5 der RL(EU) 2019/2161 umgesetzt. Danach werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Verbrauchern Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen, einschließlich Ersatz des entstandenen Schadens sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Beendigung des Vertrages zu gewährleisten. Dies soll nicht nur für den Fall gelten, dass die unlautere geschäftliche Handlung von dem Vertragspartner ausgeht, sondern auch im Hinblick auf unlautere geschäftliche Handlungen Dritter. Die Begründung des Gesetzesentwurfs nennt hierfür schuldhafte irreführende Werbeäußerungen des Herstellers als Beispiel, durch die Verbrauchern ein Schaden entstanden ist.

Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Danach richtet sich der Anspruch regelmäßig nur auf das negative Interesse, das bedeutet, dass Verbraucher vom Schädiger so zu stellen sind, als wäre die unzulässige geschäftliche Handlung nicht vorgenommen und die Verbraucher nicht zu der jeweiligen geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden. Unlautere geschäftliche Handlungen nach §§ 3a, 4 und 6 UWG fallen nicht in den Anwendungsbereich des neuen Schadensersatzanspruchs. Der Schadensersatzanspruch der Verbraucher soll wie der Schadensersatzanspruch der Mitbewerber in sechs Monaten verjähren, § 11 Abs. 1 UWG-E.

Das bisher in § 9 S. 2 UWG geregelte „Presseprivileg“, also die Begrenzung der Schadensersatzhaftung der Presse auf vorsätzliche Handlungen, soll in einen neuen Abs. 3 aufgenommen werden und sich auch auf den für Verbraucher neu geschaffenen Schadensersatzanspruch erstrecken.

Verschärfte Sanktionen

Zudem sieht die RL 2019/2161 verschärfte Sanktionen bei Zuwiderhandlungen vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Für Geldbußen ist ein Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat oder, falls sich der Jahresumsatz nicht ermitteln lässt, von mindestens 2 Millionen Euro. vorgesehen. Der hiermit eingeführte Art. 13 UGP-RL sieht vor, dass bei Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen nach der Verordnung (EU) 2017/2394 (VO zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verbraucherschutzgesetzen; CPC-VO) zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße oder weitverbreiteter Verstöße mit Unions-Dimension auch Geldbußen verhängt werden können. Auf diese Weise soll eine europaweit einheitliche und damit effektivere Verbraucherrechtsdurchsetzung gewährleistet werden. Diese Umsetzung sieht § 5c UWG-E vor. Die entsprechende Bußgeldvorschrift soll mit § 19 UWG-E umgesetzt werden. Damit drohen künftig neben Abmahnungen zusätzlich Bußgelder.

§ 5c Abs. 2 UWG-E regelt, wann eine solche Verletzung von Verbraucherinteressen vorliegt, die in dem in Art. 3 Nr. 3 und 4 der CPC-VO festgelegten Ausmaß verboten ist:

(2) Eine Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn

1.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 3 in Verbindung mit dem Anhang vorgenommen wird,

2.eine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4a Absatz 1 Satz 1 vorgenommen wird,

3.eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 Absatz 1 oder § 5a Absatz 1 vorgenommen wird oder

4.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 1 fortgesetzt vorgenommen wird, die durch eine vollziehbare Anordnung der zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2017/2394 oder durch eine vollstreckbare Entscheidung eines Gerichts untersagt worden ist, sofern die Handlung nicht bereits von den Nummern 1 bis 3 erfasst ist.

Unzumutbare Belästigungen

§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG, das Verbot der hartnäckigen und unerwünschten Ansprache mit solchen Fernkommunikationsmitteln, die nicht von § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG erfasst werden, soll in Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verschoben werden. Dies entspricht der Struktur der UGP-RL, nach der unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel stets eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

26. unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel

hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen des Verbrauchers mittels Telefonanrufen, unter Verwendung eines Faxgerätes, elektronischer Post oder sonstiger für den Fernabsatz geeigneter Mittel der kommerziellen Kommunikation, es sei denn, dieses Verhalten ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt; […]

Infolgedessen wird die Nummerierung in § 7 UWG-E angepasst.

Wie geht es weiter?

Die RL 2019/2161 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis zum 28.11.2021 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen müssen, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen. Diese müssen ab dem 28.5.2022 angewendet werden. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen am Gesetzentwurf noch vorgenommen werden. Neben den Änderungen des UWG sind zudem Anpassungen des BGB und des EGBGB erforderlich, denn die RL (EU) 2019/2161 sieht ebenfalls Änderungen der Verbraucherrechterichtline (VRRL; RL 2011/83/EU) vor.

Aber das ist noch längst nicht alles – die Gesetzentwürfe zur Umsetzung der RL (EU) 2019/770 über die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitale Dienstleistungen und zur Umsetzung der RL (EU) 2019/771 zum Kaufrecht wurden ebenfalls veröffentlicht. Diese Richtlinien müssen bis zum. 1.7.2021 umgesetzt werden.

Den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des UWG können Sie hier abrufen.

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