Häufig vertreiben Erstanbieter über Amazon (No-Name-)Produkte unter der Nutzung ihrer eigenen eingetragenen Marke, um andere Anbieter, die sich diesem Angebot anhängen, zu verdrängen. Das LG Mannheim (Urt. v. 27.8.2020 – 22 O 11/20) entschied nun, dass der Wettbewerb durch ein solches Verhalten behindert werde. Der Markeninhaber könne sich nicht auf seinen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch berufen.

Die Beklagte ist Inhaberin einer eingetragenen Wortmarke. Über Amazon bot sie Atemschutzmasken mit einer FFP1-Filterwirkung an, bewarb diese mit einem „wirksamen Bakterienschutz“ und nannte dabei ihre Marke („von […]“). Sie ist jedoch nicht die Herstellerin der Produkte. Die Beklagte war die Ersteinstellerin bei Amazon und hatte die entsprechende ASIN erhalten. Die Klägerin bot unter derselben ASIN ebenfalls Atemschutzmasken an. Dazu hatte sie sich an das Angebot der Beklagten angehängt und wurde in der Verkaufsdarstellung als weitere Verkäuferin angegeben. Durch die Übernahme der ASIN wurden automatisch auch die Angaben zur Marke übernommen. Daraufhin verlangte die Beklagte, dass die Klägerin sich von dem Artikel entfernt. Die Klägerin wies die Vorwürfe zurück. Vor dem LG Mannheim verlangt sie festzustellen, dass sie es nicht allein wegen der Verwendung der Marke der Beklagten zu unterlassen habe, sich an ihr Angebot anzuhängen. Zudem verlangt die Klägerin von der Beklagten, es zu unterlassen, die Masken mit einem Bakterienschutz zu bewerben, da dieser nicht gewährleistet sei. Dagegen wehrte sie sich und erhob ihrerseits Widerklage, mit der sie verlangte, die Klägerin zu verurteilen, es zu unterlassen, die Gesichtsmasken mit der Eigenschaft „Virenschutz“ zu bewerben.

Das LG Mannheim gab der Klägerin Recht und entschied, dass sie es nicht allein wegen der Verwendung der Marke der Beklagten zu unterlassen habe, sich an die ASIN anzuhängen. In einem solchen Fall sei es dem Ersteinsteller nach § 242 BGB verwehrt, den Unterlassungsanspruch auf die Kennzeichenverletzung zu stützen, da dieser den Verkehr selbst durch die Anbringung seiner Marke über die Herstellereigenschaft täuscht. Die Widerklage der Beklagten hingegen sei unbegründet.

Das Urteil wurde uns von Rechtsanwalt Jörg Faustmann der Kanzlei FAUSTMANN.RECHT mitgeteilt. Er hatte die Klägerin vertreten.

Keine Berufung auf Markenrechtsverletzung

Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Beklagten kein entsprechender Unterlassungsanspruch zustehe. Nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten zwar untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, das mit demjenigen identisch ist, für die sie Schutz genießt. Zwar habe die Klägerin das entsprechende Zeichen der Beklagten ohne deren Zustimmung im geschäftlichen Verkehr verwendet, hierauf könne sich die Beklagte vorliegend jedoch nicht berufen.

Allerdings ist es der Beklagten gem. § 242 BGB verwehrt, den Unterlassungsanspruch auf ein solchermaßen kennzeichenverletzendes Handeln der Klägerin zu stützen (vgl. OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2012, 119 – ALPLAND). Denn die Rechtsposition der Beklagten beruht auf ihrem eigenen unlauteren, irreführenden Handeln (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG).

Beklagte hatte das Verhalten provoziert

Das beanstandete Verhalten der Klägerin sei nämlich einzig und allein durch das irreführende eigene Angebot der Beklagten provoziert worden, die die Atemschutzmasken als Ersteinstellerin bei Amazon nämlich mit dem Hinweis „von […]“ beworben hatte. Hiermit habe sie vorgegeben, selbst Herstellerin der Atemschutzmaske zu sein.

Der angesprochene Verkehr fasst eine solche Angabe regelmäßig als ein auf den Hersteller des Produktes hinweisendes Kennzeichen (mithin eine Marke oder ein sonstiges unternehmensbezogenes Zeichen) auf. Dies ergibt sich aus der Verbindung mit der vorangestellten und auf einen Ursprung hinweisenden Präposition „von“ (OLG Hamm GRUR-RR 2019, 190). Die Beklagte ist aber nicht Herstellerin der bei Amazon angebotenen Atemschutzmasken mit der Kennzeichnung „FRENTZ! 1810 FFP1 NR EN 149:2001+A1:2009 CE 0121″. Wer sich als „Hersteller“ bezeichnet wird vom Verkehr als ein Unternehmen angesehen, das die von ihm angebotenen Waren im Wesentlichen selbst herstellt. Er braucht zwar nicht sämtliche Fertigungsschritte vollzogen zu haben. Bei den aus verschiedenen Teilen unterschiedlichem Material bestehenden Waren geht der durchschnittlich informierte Verbraucher nicht davon aus, dass alle Teile und alle Substanzen von demjenigen stammen, der sich als Hersteller präsentiert. Auch wird die Herstellereigenschaft vor allem bei serienmäßig hergestellten Massenwaren nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Teil in fremden Werkstätten gefertigt oder zugekauft wird. […] Bringt jedoch derjenige, der sich als Hersteller bezeichnet dagegen auf dem von einem Dritten vollständig hergestellten Produkt lediglich noch seine Marke an, darf er nicht behaupten, das Gerät stamme aus der eigenen Produktion (Köhler/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 4.198-4.199). So verhält es sich aber im vorliegenden Fall. Die Beklage hat nicht einmal behauptet, einen Teil der angebotenen Atemschutzmasken selbst gefertigt zu haben, sie geriert sich als Herstellerin, ohne es zu sein.

Ziel war Behinderung des Wettbewerbs

Das Gericht stellte fest, dass der Beklagten das schutzwürdige Interesse am Vorgehen gegen die Klägerin fehle. Sie habe durch diese Vorgehensweise nur bezweckt, das Anhängen von Wettbewerbern an das eigene Angebot zu verhindern.

Der Beklagten fehlt, zumal sie die Irreführung durch eine entsprechende Korrektur der eigenen Produktdetailseite umgehend effizient unterbinden könnte, ein schutzwürdiges Eigeninteresse am Vorgehen gegen die Klägerin. Das Ziel der Beklagten, durch diese Vorgehensweise von vorneherein das auf der Internetplattform Amazon systemimmanente Anhängen von Wettbewerbern an das eigene (Erst-)Angebot zu unterbinden, ist wettbewerbsrechtlich inakzeptabel. Denn hiermit würde ein Wettbewerb hinsichtlich des jeweiligen Produktes auf der Internetplattform Amazon tatsächlich behindert, wenn nicht gar vereitelt. Wettbewerbern würde das Angebot gleicher Artikel letztlich unmöglich gemacht werden, da sie diese nicht unter einer anderen ASIN anbieten könnten, ohne sich dem Vorwurf ausgesetzt zu sehen, solchermaßen irreführend eine „Dublette“ anzubieten (hierzu OLG Hamm, GRUR-RR 2017, 328 – Fahrrad-Lastenanhänger).

Widerklage der Beklagten unbegründet

Die Widerklage der Beklagten hingegen sei unbegründet. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Masken keinen Schutz vor Bakterien bieten. Zwar sei auch die von der Klägerin vorgenommene Bewerbung mit dem Hinweis auf Bakterienschutz irreführend, hierauf könne sich die Beklagte jedoch ebenfalls nicht berufen.

Allerdings ist es der Beklagten gem. § 242 BGB verwehrt, den Unterlassungsanspruch auf ein solchermaßen wettbewerbswidrigen, da irreführendes Handels der Klägerin zu stützen. Denn auch insoweit beruht die Rechtsposition der Beklagten auf ihrem eigenen unlauteren, irreführenden Handeln. Die Unlauterkeit des beanstandeten Handelns der Klägerin wird nämlich auch hier durch das irreführende eigene Angebot der Beklagten provoziert. Denn die Beklagte hatte die bei Amazon angebotenen Atemschutzmasken mit der Kennzeichnung „FRENTZ! 1810 FFP1 NR EN 149:2001+A1:2009 CE 0121″, damit beworben, dass es sich um Virenschutzmasken und Bakterienschutzmasken handele. Die Klägerin hatte sich nur an das Angebot der Beklagten angehängt. Auf die vorangegangenen Ausführungen wird verwiesen.

Die Beklagte hätte die Irreführung durch eine Korrektur der eigenen Produktseite umgehend effizient unterbinden können, womit ihr ein schutzwürdiges Eigeninteresse am Vorgehen gegen die Klägerin fehle.

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