Im Fernabsatz mit Lebensmitteln müssen – mit Ausnahme des MHD oder Verbrauchsdatums – dieselben Informationen wie auf der Verpackung angegeben werden. Im Fall von Änderungen der Produktspezifikationen kann sich diese Darstellung jedoch als schwierig erweisen. Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 7.5.2020 – I-15 U 82/19) entschied nun, dass es unzulässig ist, auf mögliche Unterschiede zwischen den Angaben im Internet und der Verpackung zu verweisen und nur die Angaben auf der Verpackung als verbindlich zu erklären.

Die Beklagte, die Eismann Tiefkühl-Heimservice GmbH, vertreibt über ihren Online-Shop Tiefkühllebensmittel. Die Verbraucher können zwischen einer Lieferung per Paketversand oder durch einen Handelsvertreter wählen. Im letzten Fall wird lediglich eine unverbindliche Vorbestellung getätigt. Die Produktpräsentationen enthalten Informationen zu Zutaten und Allergenen. Am Ende dieser Informationen erhält der Verbraucher jeweils folgenden Hinweis: „Wichtiger Hinweis: Unterschiede zwischen den Angaben im Internet und der Verpackung sind möglich. Maßgeblich sind immer die Angaben auf der Verpackung.“ Nachdem man auf einen Button für nähere Informationen klickt, erfolgt außerdem der Hinweis: „Die hier gebotenen Informationen stellen wir für Sie mit größter Sorgfalt zusammen und aktualisieren sie laufend. Rezepturen und auch Produktionsprozesse können sich jedoch ändern. Somit ist es möglich, dass zeitweise Produkte unter derselben Bezeichnung sowohl mit der alten als auch mit der neuen Rezeptur zu finden sind. Es kann daher nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die online zur Verfügung stehenden Informationen abweichend von denen auf der Produktverpackung eines angebotenen Produktes sind. Maßgeblich sind deshalb immer die Angaben in der Zutatenliste auf der Verpackung. Sollten Sie Zweifel oder Fragen haben, bitten wir Sie, sich unter Angabe der Bezeichnung des Produktes, der Mindesthaltbarkeitsdauer und der Loskennzeichnung an uns zu wenden.“ Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vertrat die Ansicht, die Beklagte erfülle mit diesen Angaben nicht die Pflichten nach der LMIV (Lebensmittelinformationsverordnung, VO [EU] Nr. 1169/2011) und mahnte die Beklagte ab. Sie gab jedoch weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahngebühren.

Das LG Düsseldorf hat in erster Instanz nur den Hilfsantrag für begründet erachtet und die Beklagte hinsichtlich des Hinweises: „Wichtiger Hinweis: Unterschiede zwischen den Angaben im Internet und der Verpackung sind möglich. Maßgeblich sind immer die Angaben auf der Verpackung.“ zur Unterlassung verurteilt. Hierbei handle es sich um eine unzulässige AGB.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Hinweis der Beklagten, wonach Unterschiede zwischen den Angaben im Internet und der Verpackung möglich und immer die Angaben auf der Verpackung maßgeblich sind, gegen die Informationspflichten nach der LMIV verstößt.

Rechtlicher Hintergrund

Art. 14 Abs. 1 LMIV bestimmt für den Fernabsatz Folgendes:

(1) Unbeschadet der Informationspflichten, die sich aus Artikel 9 ergeben, gilt im Falle von vorverpackten Lebensmitteln, die durch Einsatz von Fernkommunikationstechniken zum Verkauf angeboten werden, Folgendes:

a) Verpflichtende Informationen über Lebensmittel mit Ausnahme der Angaben gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe f müssen vor dem Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein und auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäfts erscheinen oder durch andere geeignete Mittel, die vom Lebensmittelunternehmer eindeutig anzugeben sind, bereitgestellt werden. Wird auf andere geeignete Mittel zurückgegriffen, so sind die verpflichtenden Informationen über Lebensmittel bereitzustellen, ohne dass der Lebensmittelunternehmer den Verbrauchern zusätzliche Kosten in Rechnung stellt;

b) alle verpflichtenden Angaben müssen zum Zeitpunkt der Lieferung verfügbar sein.

Informationen bereits beim Angebot zum Verkauf erforderlich

Das Gericht stellte zunächst klar, dass die von der LMIV geforderten Informationen nicht erst bei einem rechtlich verbindlichen Angebot des Unternehmers anzugeben seien. Sinn und Zweck der LMIV sei es, auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen. Der Begriff des Anbietens sei hier wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasse jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Zwecke des Verkaufs darstelle.

Zu diesem Zweck sollen die Verbraucher in Bezug auf Lebensmittel, die sie verzehren, in geeigneter Weise informiert werden, um ihnen eine fundierte Wahl zu ermöglichen. Praktiken, die die Verbraucher irreführen könnten, sollen verhindert werden. Ausgehend vom Sinn und Zweck der LMIV, einen hohen Verbraucherschutz zu gewährleisten und ausreichende Informationen für eine informierte und fundierte Kaufentscheidung des Verbrauchers bereitzustellen, ist es nicht erforderlich, dass der Einsatz von Fernkommunikationsmitteln dazu erfolgt, bereits ein verbindliches Angebot im Sinne von § 145 BGB abzugeben. Der Begriff des Anbietens ist vielmehr wirtschaftlich zu verstehen. Er umfasst jede Handlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt bzw. zum Zwecke des Verkaufs darstellt (ähnlich auch: KG Berlin, LMuR 2018, 115).

Nach diesen Grundsätzen biete die Beklagte vorverpackte Lebensmittel im Sinne der LMIV an, unabhängig davon, ob der Vertragsschluss bereits im Internet (bei Lieferung per Paketversand) oder erst an der Haustür des Verbrauchers (bei Lieferung durch den Handelsvertreter) erfolgt.

Entscheidend ist in beiden Fällen, dass die Beklagte auf ihrer Homepage Informationen zu den von ihr angebotenen (vorverpackten) Lebensmitteln bereitstellt, die als Grundlage für eine Kaufentscheidung des Verbrauchers gedacht sind und als solche von den Verbrauchern wahrgenommen werden. Damit liegt ein Angebot zum Verkauf durch Einsatz von Fernkommunikationstechniken vor.

Angabe der nach der LMIV verpflichtenden Informationen

Bei einem solchen Angebot müssen dem Verbraucher gem. Art. 14 Abs. 1 a) LMIV die nach Art. 2 Abs. 2 c) LMIV verpflichtenden Informationen bereitgestellt werden. Hierzu gehören auch Angaben zu Allergenen und Zutaten. Eine Ausnahme sei nur für das Mindesthaltbarkeits- und das Verbrauchsdatum vorgesehen. Diese Ausnahmevorschrift könne jedoch nicht ausgedehnt oder analog angewendet werden.

Zum einen sind Ausnahmeregelungen prinzipiell streng zu handhaben und nicht über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden, zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die LMIV eine ungewollte „Lücke“ enthält, die es zu schließen gilt. Im Gegenteil, die ausdrücklichen Regelungen in Art. 9 Abs. 1 lit. b) und c) LMIV verdeutlichen, dass der Verordnungsgeber die hier diskutierten Angaben zu Zutaten und Allergenen sehr wohl im Blick hatte und er zum Zwecke des hohen Verbraucherschutzes diese Angaben für zwingend erforderlich hielt. Da dem Verordnungsgeber zugleich, wie Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV durch die dort vorgesehene Ausnahmeregelung zu erkennen gibt, bewusst war, dass es im Fernabsatz bezüglich mancher Lebensmittelinformationen zu praktischen Problemen kommen kann und hierfür Ausnahmeregelungen erforderlich sind, lässt dies nur den Rückschluss zu, dass für Zutaten und Allergene gerade keine Ausnahme geschaffen werden sollte.

Unverbindlichkeit der Informationen

Die Beklagte nehme den Angaben auf ihrer Website durch den Hinweis jede Verbindlichkeit. Der Verbraucher könne nie sicher sein, ob die im Internet zur Verfügung gestellten Informationen zu Allergenen und Zutaten des von ihm bestellten Produktes auf das an ihn ausgelieferte Produkt tatsächlich zutreffen. Vor eben dieser Unsicherheit solle der Verbraucher geschützt werden. Ein etwaiger Mehraufwand des Unternehmers hierbei sei unbeachtlich.

Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV sieht weder ein allgemeines Kriterium der Zumutbarkeit vor, noch findet in irgendeiner Weise ein eventueller Aufwand des Unternehmers für die Bereitstellung der erforderlichen Informationen Berücksichtigung. Wenn keine der genannten Ausnahmen greift, ist die verpflichtende Information bereitzustellen.

Das Gericht nennt hier jedoch eine mögliche Lösung:

Demgegenüber ist nicht zu erkennen, dass die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Informationspflichten nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV der Beklagten unzumutbar wäre. So könnte die Beklagte etwa in der Übergangszeit, in der sich noch Produkte mit der alten Produktspezifikation in der Auslieferung befinden, in der betreffenden Produktbeschreibung explizit auf die Änderung der Produktspezifikationen hinweisen. […] Der Verbraucher kann auf diese Weise ohne größeren Aufwand erkennen, dass ein bestimmtes Produkt mit unterschiedlichen Spezifikationen ausgeliefert wird. Er wird aufgrund dessen entweder unmittelbar seine Auswahlentscheidung im Internet hierauf ausrichten oder aber bei der Lieferung die Angaben auf der Verpackung dieses konkreten Produkts einer genaueren Überprüfung unterziehen.

Zeitpunkt: vor Abschluss des Kaufvertrags

Zudem stellte das Gericht klar, dass die verpflichtenden Informationen vor dem Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein müssen. Dabei könne allerdings nicht die Abgabe der Willenserklärung durch den Unternehmer entscheidend sein. Die Informationspflicht solle gerade den Verbraucher schützen, sodass in zeitlicher Hinsicht zwingend auf die Abgabe seiner Willenserklärung abzustellen ist. Die Informationspflichten müssen damit vor Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers erfüllt werden.

Nach dem Schutzzweck der LMIV soll der Verbraucher – wie bereits dargestellt – eine informierte und fundierte Wahl treffen können, auch wenn er Lebensmittel kauft, die ihm zuvor mittels des Einsatzes von Fernkommunikationsmitteln zum Verkauf angeboten wurden. Um diesen Schutzzweck zu erfüllen, müssen die verpflichtenden Informationen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. c) LMIV dem Verbraucher in einem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden, in dem er seine Wahlmöglichkeit noch nicht ausgeübt hat. Nach den zuvor genannten Erwägungsgründen zu Art. 14 LMIV sollen die dort normierten Informationspflichten des Unternehmers eine eigenverantwortlich, informierte (Auswahl-) Entscheidung des Verbrauchers ermöglichen.

Verletzung der Informationspflicht beim Paketversand

Bei der Lieferung per Paketversand gebe der Verbraucher eine verbindliche Vertragserklärung ab. Für den Vertragsschluss sei dann nur noch die Annahme des Unternehmers notwendig. Die verpflichtenden Angaben über Zutaten und Allergene müssten dann für den Verbraucher verfügbar sein, bevor er die Produkte verbindlich bestellt. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn die Beklagte sich, wie mit den angegriffenen Hinweisen geschehen, die Möglichkeit vorbehalte, Produkte auszuliefern, deren Zutaten und Allergene nicht exakt den Angaben im Internet entsprechen.

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die ggf. fehlerhaften Angaben im Internet seien unschädlich, weil der Verbraucher im Zeitpunkt der Lieferung die Angaben auf der Verpackung zur Kenntnis nehmen könnte, widerspricht diese Rechtsauffassung sowohl dem Wortlaut als auch dem Schutzzweck des Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV. Dieser verlangt gerade zusätzlich zur Verfügbarkeit der verpflichtenden Angaben im Zeitpunkt der Lieferung der Waren nach Art. 14 Abs. 1 lit. b) LMIV, dass die entsprechenden Informationen dem Verbraucher schon vor dem Abschluss des Kaufvertrages zur Verfügung gestellt werden, Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV. Bereits dieses Erfordernis einer Information des Verbrauchers sowohl vor dem Abschluss des Kaufvertrags als auch bei Lieferung der Waren schließt es aus, eine Information auf der Verpackung ausreichen zu lassen. Denn diese gelangt erst in dem Moment der Lieferung zur Kenntnis des Verbrauchers, zu einem Zeitpunkt also. In dem der verbraucher seine verbindliche Vertragserklärung längst abgegeben hat.

Verletzung der Informationspflicht auch bei Vorbestellung

Das Gericht entschied jedoch auch, dass der Schutzzweck der LMIV es gebiete, dass der Verbraucher die entsprechenden Information auch schon dann benötigt, wenn er die Waren nur unverbindlich vorbestellt und seine Kaufentscheidung erst bei Lieferung durch den Handelsvertreter trifft.

Auch wenn der Verbraucher in der Haustürsituation noch eine (Ab-/Aus-) Wahlentscheidung hinsichtlich der Lebensmittelprodukte treffen kann, entscheidet er sich bei lebensnaher Betrachtung bereits bei seiner Recherche im Internet, welche Produkte für ihn von Interesse sind und wählt nur diese Produkte für seinen Warenkorb aus. Hier hat er ausreichend Zeit, sämtliche Angaben in Ruhe zur Kenntnis zu nehmen und in der Folge seine Entscheidung zu treffen. Die (Ab-/Aus-) Wahlentscheidung an der Haustür wird sich im Regelfall nur noch auf die Frage beschränken, welche von den von ihm vorausgewählten Produkten er dann tatsächlich kauft. In der Situation an der Haustür wird er hingegen nicht (erstmals) die Angaben auf der Verpackung sämtlicher von Eismann angebotenen Produkte zur Kenntnis nehmen. Hierzu wird ihm – allein aufgrund des dann zum Warten gezwungenen Handelsvertreters – in aller Regel die notwendige Zeit und Ruhe fehlen. Insofern hat die Vorauswahl im Internet aufgrund der dort zur Verfügung stehenden Produktinformationen für den Verbraucher selbst eine beschränkende Wirkung; die spätere Kenntnisnahme der auf der Verpackung der Produkte aufgedruckten Informationen wird er für entbehrlich halten.

Dann sei jedoch mit einer Information, die ausschließlich auf die Verpackung eines Produkts gestützt wird, der lebensmittelrechtliche Informationspflicht gerade nicht Genüge getan. Daher erscheine es gerechtfertigt, die Lieferung der Waren durch Paketversand einerseits und durch einen Handelsvertreter andererseits hinsichtlich der nach Art. 14 Abs. 1 lit. a) LMIV zu erfüllenden Informationspflichten gleich zu behandeln.

Fazit

Im Fernabsatz mit Lebensmitteln müssen nach Art. 14 LMIV – mit Ausnahme des MHD und Verbrauchsdatum – dieselben Informationen wie auf der Verpackung angegeben werden. Im Fall von Änderungen der Produktspezifikationen kann sich diese Darstellung jedoch als schwierig erweisen. Ein Hinweis, dass es zu Abweichungen kommen kann und letztendlich nur die Angaben auf der Verpackung verbindlich sind, ist jedoch unzulässig, wie das OLG Düsseldorf nun entschied. Die Informationen müssen dem Verbraucher bereits dann verbindlich zur Verfügung gestellt werden, wenn er seine Kaufentscheidung trifft. Bei Art. 14 LMIV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung. Verstöße hiergegen können abgemahnt werden.

MIND AND I/Shutterstock.com

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