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LG Essen: Fehlende deutschsprachige Bedienungsanleitung ist wettbewerbswidrig

Gem. § 3 Abs. 4 ProdSG besteht bei Produkten, bei deren Verwendung bestimmte Regeln zu beachten sind, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, die Pflicht, eine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache mitzuliefern. Das LG Essen (Urt. v. 11.3.2020 – 44 O 40/19) entschied, dass es sich bei dieser Vorschrift um eine Marktverhaltensregel handelt. Ein Verstoß kann abgemahnt werden.

Der Beklagte vertreibt über eBay Produkte aus dem Bereich Feuer- und Brandprävention. Im Rahmen eines Testkaufs bestellte der Kläger, ebenfalls ein Verkäufer gleichartiger Produkte, einen Kohlenmonoxid-Warnmelder. Dem Produkt war keine deutschsprachige Gebrauchsanweisung beigelegt. Zudem war die gesamte Produktverpackung ausschließlich in englischer Sprache gehalten. Weder auf der Produktverpackung noch auf dem Gerät selbst befanden sich sicherheitsrelevante Informationen in deutscher Sprache. Der Kläger mahnte ihn daraufhin ab. Der Beklagte gab jedoch weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte er die Abmahnkosten.

Das LG Essen entschied, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zustehen.

Rechtlicher Hintergrund

Die Pflicht zur Bereitstellung einer Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache findet sich in § 3 Abs. 4 ProdSG (Produktsicherheitsgesetz):

(4) Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern, sofern in den Rechtsverordnungen nach § 8 keine anderen Regelungen vorgesehen sind.

Verstoß gegen Produktsicherheitsgesetz

Das Gericht stellte klar, dass der Beklagte gegen § 3 Abs. 4 ProdSG verstoßen habe, indem er keine deutschsprachige Anleitung zu dem Produkt zur Verfügung gestellt hat. Zwar übersandte der Beklagte per E-Mail den Link zu einer deutschsprachigen Gebrauchsanweisung, allerdings handelte es sich hierbei nicht um das identische Produkt.

Es entspricht nicht den Voraussetzungen von § 3 Abs. 4 Produktsicherheitsgesetz, eine Gebrauchsanweisung in englischer Sprache zur Verfügung zu stellen. Nach eigenem Vortrag des Beklagten war die in Papierform zur Verfügung gestellte Gebrauchsanweisung nicht in deutscher, sondern in englischer Sprache verfasst. Der ebenfalls nach eigenem Vortrag des Beklagten per E-Mail vom 05.03.2019 übersandte Link zu einer Bedienungsanleitung in deutscher Sprache war gleichsam nicht ausreichend. Die Gebrauchsanweisung betraf nämlich nicht das identische Produkt. Bei dem verkauften Gerät handelte es sich um ein britisches Gerät. Die Gebrauchsanweisung betraf zwar das Gerät eines identischen Herstellers, unstreitig handelte es sich jedoch ein um ein anderes Gerät anderen Typs, als das gekaufte Gerät. Dass die Abweichungen der Geräte sich nur auf den Bereich der Batterien bezogen haben mögen, kann vom Beklagten insoweit nicht mit Erfolg eingewandt werden, da die Funktionsweise unstreitig voneinander abwich und damit eine andere Gebrauchsanweisung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Keine „Racheabmahnung“ des Klägers

Der Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass es sich um eine „Racheabmahnung“ des Klägers handle und rechtsmissbräuchlich sei. Der Beklagte hatte nämlich zuvor den Kläger wegen einer unvollständigen Garantieerklärung erfolgreich auf Unterlassung verklagt. Dies ergebe sich neben dem E-Mail-Verkehr der Parteien auch daraus, dass es sich bei dem Beklagten um einen kleinen, bei dem Kläger jedoch um einen großen Händler handle, der zudem auch andere Produkte vertreibe. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht.

Schließlich greift auch der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung im Sinne von § 8 Abs. 4 S. 1 UWG nicht durch. Der Einwand, es handele sich bei der klägerischen Abmahnung eine Racheabmahnung, ist aufgrund der vorgelegten E-Mails nicht ausreichend dargelegt, worauf das Gericht bereits hingewiesen hatte. Angesichts des Umstandes, dass ein konkreter Verstoß gegen das sicherheitsrelevante Produktsicherheitsgesetz vorliegt, reicht das in den E-Mails zu Tage tretende unsachliche Verhalten ggfs. auch beider Parteien für sich genommen noch nicht aus die Voraussetzungen von § 8 Abs. 4 S. 1 UWG zu erfüllen. Aber auch die weiteren von Beklagtenseite vorgebrachten Indizien reichen zur Begründung einer Rechtsmissbräuchlichkeit nicht aus. Dass es sich beim Kläger um einen großen Händler und beim Beklagten um einen kleinen Händler handelt, lässt diesen Schluss nicht zwingend zu. Es gibt ausreichende Gründe, die dafür sprechen, auch gegen kleine Händler Abmahnungen auszusprechen. Auch dass der Verkauf von CO-Meldern nur einen geringen Anteil des klägerischen Umsatzes ausgemacht haben mag, begründet nach Auffassung der Kammer für sich genommen, aber auch zusammen mit den anderen genannten Indizien keinen ausreichenden Anhalt für eine Rechtsmissbräuchlichkeit.

Fazit

Bei § 3 Abs. 4 ProdSG handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung, deren Nichteinhaltung abgemahnt werden kann. In welcher Form die Gebrauchsanleitung mitzuliefern ist, ist nicht ausdrücklich geregelt. Das OLG Frankfurt a.M. entschied bereits, dass keine Pflicht bestehe, die Bedienungsanleitung in Papierform mitzuliefern, sondern es auch genüge, eine deutschsprachige Bedienungsanleitung per E-Mail als PDF-Datei zur Verfügung zu stellen.

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