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OLG Celle: Onlinehändler müssen nicht über Herstellergarantie informieren

Wenn mit einer Herstellergarantie geworben wird, muss bereits im Online-Shop über die Garantiebedingungen informiert werden. Aber besteht eine entsprechende Informationspflicht auch dann, wenn sie gar nicht im Angebot erwähnt wird? Nein, entschied nun das OLG Celle (Urt. v. 26.3.2020 – 13 U 73/19). Zudem äußerte sich das Gericht zu einem möglichen Rechtsmissbrauch durch den IDO.

Trusted Shops hatte den Händler im betreffenden Fall unterstützt. Unsere Partnerkanzlei Internet-Rostock.de hat den Abgemahnten und Beklagten vertreten und ein für Händlerinnen und Händler erfreuliches Urteil erkämpft. Bereits die Vorinstanz (LG Hannover, Urt. v. 23.9.2019 – 18 O 33/19) hatte eine Verpflichtung, über eine gegebenenfalls bestehende Herstellergarantie zu informieren, verneint. Die vom IDO gegen dieses Urteil eingelegte Berufung wies das OLG Celle nun zurück.

Der Beklagte vertreibt auf eBay Elektro- und Elektronikartikel sowie Werkzeug. Er bot u.a. eine Bohrmaschine an, ohne diese mit einer von ihm selbst oder dem Hersteller gewährten Garantie zu bewerben. Auch sonst erfolgten keine Angaben zur Garantie. Der Hersteller der Bohrmaschine jedoch gewährt nach seiner im Internet veröffentlichten Garantieerklärung für all seine Produkte eine Herstellergarantie für den Zeitraum von einem Jahr. Der IDO mahnte den Händler wegen der fehlenden Information hierüber ab.

Das OLG Celle entschied nun, dass keine Informationspflicht im Hinblick auf eine Herstellergarantie bestehe.

Klage des IDO rechtsmissbräuchlich?

Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Klageantrag hinreichend bestimmt und auch von der Klagebefugnis des IDO auszugehen sei. Allerdings könnte die Klage als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Hierfür spreche, dass der Kläger die Unternehmen, deren Interessen er nach seiner Satzung fördern will, typischerweise nur als passive Mitglieder aufnimmt und damit ohne ersichtlichen sachlichen Grund gezielt von der Willensbildung des Vereins ausschließt. Damit entstehe für das Gericht der Eindruck, der einzige Zweck sei es, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren.

Nach § 3 Abs. 3 und 4 der Vereinssatzung (Anlage K 4) sind nur aktive Mitglieder berechtigt, in die Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung, während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt sind. Nach Aussage der Zeugin […], entscheide der Vorstand, der aus zwei Rechtsanwälten, dem Geschäftsführer eines Inkassounternehmens und seiner – von einem Inkassounternehmen zum Kläger gewechselten – Vorsitzenden bestehe, im Einzelfall darüber, ob aktive Mitglieder aufgenommen werden. Die passiven Mitglieder würden auch nicht zu der Mitgliederversammlung geladen. Weiter hat die Zeugin bekundet, der Kläger habe auch einzelne aktive Mitglieder, sie könne jedoch nicht angeben, wie viele aktive Mitglieder er habe und nach welchen Kriterien aktive Mitglieder vom Vorstand aufgenommen würden. […] Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden.

Das Gericht konnte die Frage des Rechtsmissbrauchs jedoch offenlassen, da der Anspruch der Klägerin unbegründet sei. Ihr stehe kein Unterlassungsanspruch zu.

Keine Pflicht zur Information über Herstellergarantie

Der Unternehmer sei nicht verpflichtet, den Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag über eine vom Hersteller des Produktes gewährte Garantie zu informieren, wenn der Unternehmer weder in seinem Angebot noch in sonstiger Weise vor der Abgabe der Erklärung des Verbrauchers eine Herstellergarantie erwähnt hat. Eine solche Pflicht bestehe nur, wenn der Verkäufer sich – durch seine Werbung oder einen sonstigen Hinweis – auf die Herstellergarantie bezogen hat, bevor der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt.

Die Legaldefinition einer Garantie findet sich in § 443 Abs. 1 BGB. Danach kann nicht nur der Verkäufer, sondern auch ein Hersteller oder ein sonstiger Dritter Garantiegeber sein.

Im Streitfall bestand eine Herstellergarantie im Sinne der Legaldefinition. Hierfür ist unerheblich, ob es sich bei der Veröffentlichung der Herstellerin „Metabo“ bereits um eine Garantierklärung oder nur um „einschlägige Werbung“ handelte (zur für § 479 BGB maßgeblichen Unterscheidung vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 133/09 – Werbung mit Garantie).

Diese Herstellergarantie hat der Beklagte jedoch weder in seinem Angebot noch in sonstiger Weise erwähnt. In diesem Fall besteht keine Informationspflicht in Bezug auf die Herstellergarantie.

Informationspflicht wäre unpraktikabel

Zwar lasse der Wortlaut des Art. 246a § 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB die Auslegung zu, dass eine entsprechende Informationspflicht für jegliche Garantien gilt. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrem Kontext sei jedoch davon auszugehen, dass diese Pflicht erst dann besteht, wenn der Verkäufer sich durch seine Werbung oder eine sonstige Erwähnung auf die Herstellergarantie bezogen hat, ansonsten müsste er nicht nur nach einer bestehenden Garantie recherchieren, sondern diese auch permanent überwachen.

Würde eine Informationspflicht des Verkäufers bereits dann angenommen, wenn der Hersteller der Kaufsache im Sinne der Legaldefinition eine Garantie gewährt, müsste der Verkäufer bei jedem verkauften Produkt recherchieren, ob und ggf. zu welchen Konditionen eine Herstellergarantie besteht. Dabei müsste er auch permanent überwachen, ob der Hersteller „einschlägige Werbung“ (§ 443 Abs. 1 BGB) veröffentlicht oder die Garantiebedingungen ändert, und entsprechende Änderungen umgehend in die Verbraucherinformation einarbeiten. Häufig wird der Verkäufer keine direkte Vertragsbeziehung zu dem Hersteller haben, sondern mit ihm nur über eine – mehr oder weniger lange – Lieferkette verbunden sein. In vielen Fällen kommt der Garantievertrag mit dem Hersteller erst durch ein Angebot des Herstellers in Form einer beigelegten Garantiekarte zustande. Wenn der Verkäufer wirklich sichergehen will, welche Garantiebedingungen des Herstellers derzeit gelten, müsste er jede Warenlieferung daraufhin durchsehen, ob und ggf. welche Garantiebedingungen beiliegen. Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für den Verkäufer bedeuten, der sich letztlich auch in Preiserhöhungen niederschlagen dürfte, wenn dem Verkäufer insoweit eine Informationspflicht auferlegt würde.

Risiko bei nicht mehr aktueller oder falscher Herstellergarantie

Bei Annahme einer entsprechenden Informationspflicht würde zudem für den Verkäufer ein erhebliches Risiko bestehen, falls seine Informationen über die Herstellergarantie nicht mehr aktuell sind, denn eine solche Abweichung würde einen Mangel der Kaufsache darstellen.

Denn das Bestehen einer Herstellergarantie stellt in der Regel ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 BGB dar, dessen Fehlen – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift – einen Sachmangel begründet (BGH, Urteil vom 15. Juni 2016 – VIII ZR 134/15, Rn. 14, juris). Wenn der Verkäufer in seinem Angebot – sei es auch nur zur Erfüllung vermeintlicher Informationspflichten – eine Herstellergarantie erwähnt, die tatsächlich nicht (oder nicht mehr) oder nicht in dem genannten Umfang besteht, stellt dies grundsätzlich einen Sachmangel dar (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB).

Zudem wäre der Verkäufer auch gezwungen, unklare und missverständliche Garantiebedingungen des Herstellers mitzuteilen, wodurch er sich möglicherwiese an einer Irreführung der Verbraucher beteiligen würde.

Entsprechendes gelte für Garantien, die von sonstigen Dritten wie z.B. dem Importeur in Bezug auf die Kaufsache angeboten werden.

Gleiches Problem im stationären Handel

Das Gericht stellte zudem fest, dass sich für den stationären Handel, für den eine entsprechende Informationspflicht besteht, dieselbe Frage stelle.

Auch hier ist gemäß § 312a Abs. 2 BGB, Art. 246 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 EGBGB über Garantien zu belehren, wenn es sich nicht lediglich um Geschäfte des täglichen Bedarfs handelt. Im stationären Handel stellt sich erst recht die Frage, wie etwa ein Einzelhändler mit zumutbarem Aufwand über die verschiedenen Herstellergarantiebedingungen für jedes einzelne angebotene Produkt informieren sollte.

Kein Nachteil für Verbraucher

Es sei kein Grund dafür ersichtlich, dass dem Verkäufer derartig umfangreiche Recherche- und Informationspflichten auferlegt werden sollen. Das Gericht zog einen Vergleich zur Informationspflicht über Kundendienst und Kundendienstleistungen. Hierüber sei nur dann zu informieren, wenn diese Leistungen Gegenstand des Angebots des Unternehmers sind. Gleiches müsse für Garantien gelten. Der Verbraucher erleide keinen Nachteil, wenn ihm der Hersteller trotz fehlender Information des Verkäufers eine Garantie gewährt.

Diese Auslegung der gesetzlichen Reglung ist auch sachgerecht. Es muss dem Verkäufer unbenommen bleiben, im Rahmen seiner Vertragsfreiheit die Kaufsache ohne Hinweis auf eine bestehende Herstellergarantie anzubieten. Der Verbraucherschutz gebietet in diesem Fall keine Information des Käufers durch den Verkäufer. Der Verbraucher kann sich dann darauf einstellen, dass im Zweifel keine Herstellergarantie besteht. Legt er auf eine Herstellergarantie Wert, kann er bei dem Verkäufer nachfragen und – bei einer erfolglosen Nachfrage – von dem Kauf absehen. Schließt der Verbraucher gleichwohl einen Kaufvertrag, erleidet er keinen Nachteil, wenn ihm der Hersteller trotzdem eine Garantie gewährt, obwohl er hierüber vom Verkäufer nicht informiert worden ist.

Hingegen erschiene es verfehlt, dem Verkäufer Informationspflichten in Bezug auf Rechtsverhältnisse aufzuerlegen, an denen er in keiner Weise beteiligt ist.

Entsprechendes ergebe sich aus den Gesetzgebungsmaterialien. Für das entsprechende Gesetz, mit dem die Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt wurde, sei kein jährlicher Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft vorgesehen. Bei Annahme einer entsprechenden Informationspflicht falle jedoch ein ganz erheblicher Erfüllungsaufwand an und sei damit nicht zu vereinbaren.

Auch unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung ergebe sich kein anderes Verständnis. Aus der Verbraucherrechterichtlinie ergebe sich nicht, dass der Verkäufer über eine vom ihm gar nicht erwähnte Herstellergarantie informieren soll.

Revision zugelassen

Die Revision wurde zur Klärung der Frage, ob eine entsprechende Informationspflicht bestehe, zugelassen. Diese höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage betreffe nicht nur den gesamten Internethandel, sondern auch indirekt den stationären Handel. Zudem sei diese Frage entscheidungserheblich, da der Fall bei Annahme einer solchen Informationspflicht anders zu entscheiden gewesen wäre.

Wenn eine Informationspflicht angenommen wird, wäre das Angebot des Beklagten als unlauter im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG bzw. § 3a UWG anzusehen. Eine wesentliche Information wird vom Unternehmer vorenthalten, wenn sie zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich des Unternehmers gehört oder dieser sie sich mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann und der Verbraucher sie nicht oder nicht so erhält, dass er sie bei seiner geschäftlichen Entscheidung berück-sichtigen kann […].

Hiervon ist im Streitfall auszugehen. Zwar hat der Beklagte nachvollziehbar dargetan, dass es großen Aufwand verursachen würde, wenn er für sämtliche von ihm angebotene Produkte recherchieren müsste, ob und ggf. zu welchen Konditionen der jeweilige Hersteller eine Garantie gewährt. Es handelt sich jedoch um den üblichen Aufwand, den die Bereitstellung der Information für den Verkäufer verursacht. Würde von einer Informationspflicht in Bezug auf Herstellergarantien ausgegangen, wäre dieser Aufwand nach der Wertung des Gesetzgebers auch als zumutbar anzusehen.

Fazit

Die Entscheidungsgründe des Gerichts überzeugen. Zu begrüßen sind insbesondere die praktischen Erwägungen, welche Folgen eine entsprechende Informations- und Nachforschungspflicht für Händlerinnen und Händler bedeuten würde. Bei dem Urteil des OLG Celle handelt es sich, soweit bekannt, um die erste obergerichtliche Entscheidung zu dieser Frage. Das OLG Hamm geht wohl von einer entsprechenden Informationspflicht aus, konnte diese Frage im entschiedenen Fall jedoch offenlassen, da das Angebot des Händlers einen Hinweis auf eine Herstellergarantie enthielt. Ob der IDO Revision einlegen wird, bleibt abzuwarten.

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