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BGH: Voller Ersatzanspruch bei nur teilweise begründeter Abmahnung möglich

Soweit eine Abmahnung berechtigt ist, besteht ein Anspruch auf Ersatz der hierfür erforderlichen Kosten. Häufig kommt es jedoch vor, dass Abmahnungen ausgesprochen werden, die nur zum Teil begründet sind. Der BGH (Hinweisbeschl. v. 21.11.2018 – I ZR 51/18) hat entschieden, dass bereits ein vollständiger Ersatzanspruch bestehen kann, wenn sich der Unterlassungsanspruch nur unter einem der beanstandeten Gesichtspunkte als begründet erweist.

Die beiden streitenden Parteien sind Vermittler im Bereich von Finanzdienstleistungen. Im März 2016 mahnte der Kläger den Beklagten wegen fehlender Impressumsangaben ab. Der Beklagte gab zwar die Unterlassungserklärung ab, weigerte sich aber, die Abmahnkosten zu erstatten. Das LG Ravensburg hatte den Beklagten zur Zahlung verurteilt, die Berufung des Beklagten beim OLG Stuttgart blieb ohne Erfolg. Hiergegen legte er Revision ein.

Der BGH wies
den Beklagten darauf hin, dass er beabsichtige, die Revision zurückzuweisen.

Ersatzanspruch besteht

Das Gericht entschied, dass der Ersatzanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG dem Gläubiger auch schon bei Abmahnungen zustehen könne, bei denen sich der Unterlassungsanspruch nur unter einem von verschiedenen Gesichtspunkten als begründet erweist. Er nahm Bezug auf ein kurz zuvor ergangenes Urteil (BGH, Urt. v. 31.10.2018 – I ZR 73/17), das sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt hatte.

Der BGH hat die Frage, ob die gegen eine Wettbewerbshandlung gerichtete, aber mehrere unterschiedliche Aspekte dieser Wettbewerbshandlung aufgreifende Abmahnung i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in vollem Umfang berechtigt ist, wenn nur einer der in der Abmahnung genannten Verstöße vorliegt, durch sein nach Abschluss des vorliegenden Berufungsverfahrens ergangenes U. v. 31.10.2018 (I ZR 73/17) geklärt. Danach sind, wenn sich der Gläubiger in einer Abmahnung gegen ein konkret umschriebenes Verhalten wie etwa eine bestimmte Werbeanzeige wendet, das er unter mehreren Gesichtspunkten als wettbewerbswidrig beanstandet, die Kosten für die Abmahnung grds. bereits dann in vollem Umfang ersatzfähig, wenn sich der Anspruch unter einem der genannten Gesichtspunkte als begründet erweist.

Einheitliche Beanstandung erforderlich

In dem Urteil hatte das Gericht entschieden, dass die Kosten vollständig zu ersetzen seien, wenn der Gläubiger sich gegen ein konkret umschriebenes Verhalten wende, das er unter mehreren Gesichtspunkten als wettbewerbswidrig beanstande, und der Anspruch sich unter einem dieser Gesichtspunkte als begründet erweise.

Etwas anderes könne sich allerdings dann ergeben, wenn
der Gläubiger die einzelnen Beanstandungen zum Gegenstand gesonderter Angriffe
mache, etwa wenn er im Hinblick auf verschiedene Werbeaussagen in einer
Werbeanzeige gesonderte Unterlassungsansprüche geltend mache. In einem solchen Fall
sei die Abmahnung nur insoweit berechtigt und der Ersatzanspruch bestehe nur,
soweit die einzelnen Beanstandungen begründet seien.

Vorliegend hatte der Kläger das Impressum unter
mehreren Aspekten beanstandet. Es fehlten jedoch nur die Angaben zur
zuständigen Aufsichtsbehörde. Trotzdem war die Abmahnung damit bereits
berechtigt.

Die Abmahnung war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gegen eine einheitliche Wettbewerbshandlung, nämlich die Gestaltung des Internetauftritts des Bekl., gerichtet. Das Berufungsgericht hat die Abmahnung mit Blick auf die vom Kl. geforderte Unterlassungserklärung rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kl. nicht jeweils unterschiedliche Verstöße zum Gegenstand gesonderter Angriffe gemacht hat.

Auslegung der Abmahnung

Die Frage,
ob sich der Gläubiger in einer Abmahnung gegen ein konkret umschriebenes
Verhalten richtet, das er unter mehreren Gesichtspunkten als wettbewerbswidrig
beanstandet, oder ob er die einzelnen Beanstandungen zum Gegenstand gesonderter
Angriffe macht, sei durch Auslegung der Abmahnung zu beantworten. Hierzu gab
der BGH folgenden Hinweis:

Bei der Auslegung der Abmahnung kann entgegen der Auffassung der Revision eine ihr beigefügte, vom Gläubiger vorformulierte Unterlassungserklärung herangezogen werden.

Ergibt sich daraus, dass der Gläubiger die einzelnen Beanstandungen zum Gegenstand gesonderter Angriffe macht, wie etwa dann, wenn er im Hinblick auf verschiedene Werbeaussagen in einer Werbeanzeige gesonderte Unterlassungsansprüche geltend macht, handelt es sich um gesonderte Angriffe.

Da sich einer der beanstandeten Verstöße gegen § 5 TMG als berechtigt erwiesen hatte, war die Abmahnung vollumfänglich ersatzfähig. Das Verfahren wurde jedoch durch Rücknahme der Revision erledigt.

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