Auch bei einem Vertrag über digitale Inhalte, also z.B. dem Download von oder dem Streamen von Videos, besteht für Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Dieses kann unter bestimmten Voraussetzungen jedoch vor Ablauf der Widerrufsfrist vom Unternehmer vorzeitig zum Erlöschen gebracht werden. Das LG Köln (Urt. v. 21.5.2019 – 31 O 372/17) entschied, dass ein Hinweis vor dem Kaufen-Button hierfür jedoch nicht ausreicht.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW gegen Google. Auf der von der Beklagten betriebenen Internetplattform „Google Play Store Movies“ werden digitale Videoinhalte zum Download oder zum Streaming angeboten. Der Erwerbsvorgang wird durch Betätigung des Buttons „Kaufen“ bzw. „Ausleihen“ abgeschlossen. In unmittelbarem Zusammenhang hiermit erteilte die Beklagte den Hinweis: „Wenn du auf ‚Kaufen‘ klickst, stimmst du den Google Play-Nutzungsbedingungen zu. Du stimmst außerdem zu, dass deine Bestellung sofort ausgeführt wird und du damit ein gesetzliches Widerrufsrecht verlierst (außer bei Dienstleistungen) […].“ Die Verbraucherzentrale NRW mahnte Google wegen dieser Ausgestaltung ab. Die Beklagte gab jedoch weder die Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahngebühren. Die Verbraucherzentrale klagte daraufhin auf Unterlassung und Zahlung.

Das LG Köln entschied, dass der Klägerin die Ansprüche zustehen.

Bedingungen für das Erlöschen

Das Gericht nannte zunächst die Bedingungen nach § 356 Abs. 5 BGB, unter denen das Widerrufsrecht für digitale Inhalte vorzeitig erlöschen kann.

Hiernach hat der Unternehmer in Fällen, in denen das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach § 356 Abs. 4 und 5 BGB vorzeitig erlöschen kann, den Verbraucher über die Umstände, unter denen dieser ein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verliert, zu informieren. Nach § 356 Abs. 5 BGB erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.

Diese Regelung finde auch auf die von der Beklagten im Google Play Store Movies bereitgestellten digitalen Inhalte Anwendung.

Zustimmungen zum Kauf und zum Erlöschen sind zu trennen

Allerdings seien diese Vorgaben nicht hinreichend berücksichtigt worden. Bei dem von der Beklagten erteilten Hinweis handle es sich nämlich nicht um eine ausdrückliche Zustimmung.

Zwar erteilt die Beklagte den Hinweis, dass der Nutzer mit dem Anklicken des mit „KAUFEN“ bzw. „AUSLEIHEN“ überschriebenen Buttons zustimme, dass seine Bestellung sofort ausgeführt wird und er damit das gesetzliche Widerrufsrecht verliert. Zu Recht moniert der Kläger aber, dass diese Informationserteilung ebenso wie die vom Nutzer eingeholte Erklärung über die Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist unmittelbar mit der Erklärung über den Abschluss des Erwerbsvorgangs verknüpft wird. Eine „ausdrückliche Zustimmung“ iSd § 356 Abs. 5 BGB ist hierin nicht zu erkennen.

Das Gericht bezog sich in seiner Entscheidung auf ein Urteil des LG Berlin (Urt. v. 30.6.2016 – 52 O 340/15) und schloss sich diesem an. Das LG Berlin hatte entschieden, dass die Einverständniserklärung nicht gleichzeitig mit dem Anklicken des Bestell-Buttons abgegeben werden könne. Diese Ausgestaltung erfülle nicht die Anforderungen an die Kenntnisnahme des Verbrauchers vom Verzicht auf sein Widerrufsrecht, da im Zweifel der Fokus des Verbrauchers auf dem „Kaufen“ liege.

Keine ausdrückliche Zustimmung des Nutzers

Das Gericht nahm auch auf den zugrunde liegenden Art. 16 Buchst. m der Verbraucherrechterichtlinie Bezug und betonte, dass die Ausgestaltung nicht den Anforderungen genüge, die an eine ausdrückliche Zustimmung zu stellen sind. Hierzu zitierte es den Umsetzungsleitfaden der Generaldirektion Justiz der Europäischen Kommission:

„Ausdrückliche“ Zustimmung und Kenntnisnahme im Sinne von Artikel 16 Buchstabe m sind analog zu den Vorschriften in Art. 22 über die ausdrückliche Zustimmung zu Extrazahlungen für zusätzliche Leistungen auszulegen. Dies bedeutet, dass der Verbraucher zustimmend handeln muss, beispielsweise ein Kästchen auf der Webseite des Unternehmers anklicken. Die Äußerung von Zustimmung und Kenntnisnahme mittels eines bereits als Voreinstellung angekreuzten Kästchens oder durch Akzeptierung der allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht geeignet, die Anforderungen von Artikel 16 Buchstabe m zu erfüllen.

Der vor dem Bestell-Button erteilte Hinweis auf den Verlust des Widerrufsrechts wirke sich jedoch wie eine Voreinstellung aus.

Im vorliegenden Fall wirkt sich die Gestaltung des Bestellvorgangs faktisch wie eine Voreinstellung aus, weil der Verbraucher automatisch mit dem Abschluss des Erwerbsvorgangs der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist zustimmt und den Verlust seines Widerrufsrechts zur Kenntnis nimmt, ohne dass er in Bezug auf die Vorgaben des § 356 Abs. 5 BGB gesondert aktiv handeln muss. Eine bewusste Aufklärung und Entscheidung wird hierdurch nicht gewährleistet. Für den Nutzer tritt durch diese Gestaltung der Verlust des Widerrufsrechts in der konkreten Situation in den Hintergrund, da für ihn mit dem Anklicken des mit „KAUFEN“ bzw. „AUSLEIHEN“ überschriebenen Buttons ersichtlich in erster Linie der Abschluss des Erwerbsvorgangs verbunden ist.

Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtkräftig. Google hat beim OLG Köln Berufung eingelegt.

MIND AND I/Shutterstock.com

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