Die Liste der Pflichtinformationen, die beim Verkauf von Lebensmitteln im Fernabsatz angegeben werden müssen, ist lang. Nach Art. 14 LMIV müssen sie auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäfts erscheinen oder durch andere geeignete Mittel bereitgestellt werden. Das KG (Urt. v. 9.5.2018 – 5 U 152/16) entschied nun, dass es sich bei einer Telefonhotline nicht um ein solches geeignetes Mittel handelt.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband klagte gegen einen Onlinehändler, auf dessen Produktseiten Angaben zum verantwortlichen Lebensmittelunternehmer, dem Zutatenverzeichnis, den Allergenen und den übrigen Pflichtinformationen fehlten.  Stattdessen fand sich dort der Hinweis: „Für Informationen über Nährwertangaben, Zutaten, Pflichtinformationen gemäß LMIV, etc. rufen Sie bitte unsere Hotline an unter […].“ Bei der angegebenen Telefonnummer handelte es sich um eine gewöhnliche Festnetznummer mit Ortsvorwahl.

Die Verbraucherzentrale mahnte den Beklagten erfolglos ab. Das Landgericht Berlin gab daraufhin dem Unterlassungsantrag teilweise statt. Sowohl die Klägerin als auch der Beklagte legten hiergegen Berufung ein.

Gleiche Anforderungen wie im Ladengeschäft

Das Gericht betonte in seinem Urteil besonders den Schutzzweck der Verordnung. Ihr Ziel sei es nach Art. 3 LMIV, ein besonders hohes Niveau an Gesundheitsschutz zu erreichen und den Verbraucher umfassend zu informieren, damit er eine fundierte Wahl treffen und Lebensmittel sicher verwenden könne.

Zudem zog das Gericht die Erwägungsgründe der Verordnung heran. Nach Erwägungsgrund 27 sollen Lebensmittel im Fernabsatz und im Ladengeschäft denselben Anforderungen unterliegen:

Um die Bereitstellung der Informationen über Lebensmittel sicherzustellen, müssen alle Arten der Bereitstellung von Lebensmitteln an Verbraucher berücksichtigt werden, darunter der Verkauf mittels Fernkommunikation. Zwar sollten Lebensmittel, die im Fernabsatz geliefert werden, hinsichtlich der Information selbstverständlich denselben Anforderungen unterliegen wie Lebensmittel, die in Geschäften verkauft werden, doch ist eine Klarstellung dahingehend geboten, dass in solchen Fällen die einschlägigen verpflichtenden Informationen schon vor dem Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein sollten.

Hotline war nicht kostenlos

Nach Art. 14 LMIV müssen die verpflichtenden Informationen über Lebensmittel mit Ausnahme der Angaben des MHD vor dem Abschluss des Kaufvertrags verfügbar sein und auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäfts erscheinen oder durch andere geeignete Mittel, die vom Lebensmittelunternehmer eindeutig anzugeben sind, bereitgestellt werden. Art 14 LMIV bestimmt zudem, dass der Unternehmer dem Verbraucher keine zusätzlichen Kosten in Rechnung stellen darf, wenn er auf andere geeignete Mittel zurückgreift.

Vorliegend handelte es sich bei der angegebenen Telefonnummer um eine gewöhnliche Festnetznummer, die damit nicht kostenlos war.

Vorliegend war die von der Beklagten bereitgestellte Telefonhotline unstreitig nicht kostenlos, sondern es konnten Verbindungsentgelte zu Gunsten des Telekommunikationsunternehmens anfallen. […]

Unter diesen Umständen kann es keinen Zweifel geben, dass der informationsverpflichtete Unternehmer für die Information im Fernabsatz nicht nur keine zusätzlichen Kosten in Rechnung stellen darf, sondern zusätzliche Kosten auch nicht über vom Unternehmer eingesetzte Dritte (deren Leistungen die Verbraucher notwendig in Anspruch nehmen müssen) anfallen dürfen. Für den Endverbraucher – und nach Sinn und Zweck des Gebots der Kostenlosigkeit – macht es keinen Unterschied, ob der Unternehmer oder die von ihm eingesetzten und vom Verbraucher notwendig in Anspruch zu nehmenden Dritten die Kosten in Rechnung stellen. Wenn die Beklagte vorliegend die nahe liegende Information über das Internet in ihrem Onlineshop gescheut hatte, war ihr ohne weiteres zumutbar, den Verbrauchern als alternativen Informationsweg eine kostenlose Telefonhotline anzubieten.

Kostenlose Hotline wohl auch nicht ausreichend

Das Gericht bezweifelte jedoch auch, dass eine kostenlose Telefonhotline zur Erteilung der Pflichtinformationen genügt hätte und zog erneut den Vergleich zum stationären Handel:

Im Lebensmittelmarkt soll der Verbraucher sofort bei Ansicht des Produktes selbstständig die verpflichtenden Informationen ablesen können, Art. 12 Abs. 2 LMIV. Es liegt auf der Hand, dass sein Informationsbedürfnis bei weitem nicht gleichwertig erfüllt werden würde, wenn er im Lebensmittelmarkt die verpflichtenden Informationen erst nach Suche eines auskunftsbereiten und auskunftsfähigen Verkaufsmitarbeiters erlangen könnte. Entsprechendes gilt für einen Onlineshop, wenn in diesem für die verpflichtenden Informationen auf eine Telefonhotline verwiesen wird. Auch dabei wird der Verbraucher mit unter Umständen längeren Wartezeiten rechnen. Gegebenenfalls muss er mehrere Anrufe vornehmen, wenn etwa nach einer Auskunft das in Rede stehende Produkt für ihn nicht in Betracht kommt und er nach Alternativen sucht.

Zudem müsse der Verbraucher bei einer Vielzahl in Betracht gezogener Produkte mit einer längeren Dauer des Telefonats rechnen und dieses durch Auflistung der Produkte entsprechend vorbereiten. All dies könne einen verständigen Durchschnittsverbraucher davon abhalten, die vom Unternehmer angebotene Hotline in Anspruch zu nehmen.

Das Gericht konnte diese Frage jedoch offenlassen, da die Informationen vorliegend für den Verbraucher bereits nicht kostenlos erfolgten.

Die Berufung der Klägerin war damit begründet – der Beklagte verstieß gegen die LMIV.

MIND AND I/Shutterstock.com

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