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Kein Gutschein-Versand per E-Mail ohne Opt-In

Der Versand von Werbung per E-Mail ist grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Kunden zulässig. Allerdings ist nicht immer klar, was alles zum Begriff “Werbung” zählt. Das LG Frankfurt a.M. hat sich nun dazu geäußert, ob auch Gutscheine Werbung darstellen können.

Grundsätzlich ist Werbung per E-Mail nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers erlaubt. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die strengen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG vorliegen, also u.a. schon bei Erhebung der Adresse auf Werbung hingewiesen wird.

Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 22.3.2018, 2-03 O 372/17) hatte sich nun mit der Auslegung dieser Ausnahmeregelung und mit dem Begriff der “Werbung” selbst zu beschäftigen. Ein Wettbewerbs-Verein hatte die Betreiberin eines Online-Shops verklagt, da diese per E-Mail mit einem Gutschein für Ihren Online-Shop warb.

Das Problem: Die Beklagte hatte zuvor keine Einwilligung für das Versenden des Gutscheins von dem Adressaten erhalten.

Gutscheine gelten als Werbung

Zunächst vertrat die Beklagte die Ansicht, dass es sich bei dem Gutschein bereits gar nicht um Werbung im Sinne des § 7 UWG handele. Dieser – nicht weiter ausgeführten – Meinung konnte das Gericht nicht folgen und definiert Werbung wie folgt:

“Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.

Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung gemeint.

Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 lit. a der Werbe-Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerkes oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.

Die Definition ist weit und nicht auf die Formen klassischer Werbung beschränkt.”

Diese Voraussetzungen sieht es im Fall der streitigen E-Mail erfüllt. Die Beklagte habe den Gutschein im Wert von 5,00 Euro unter Verweis auf ihre gesamte Produktpalette von ca. 150.000 Artikeln übersandt.

Die Richter resümieren:

“Die Auffassung der Beklagten, dass es sich nicht um Werbung handele, ist angesichts der weiten Definition des Begriffs Werbung fernliegend.”

Ausnahme greift nicht

Auch greift laut Gericht nicht die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG. Während die meisten Voraussetzungen erfüllt waren, sah das Gericht keine Werbung für „eigene ähnliche Waren“, was eine weitere Voraussetzung für die Ausnahme vom Opt-In ist.

Die Beklagte hatte mit dem Gutschein auf alle Artikel in ihrem Online-Shop aufmerksam gemacht. Der beworbene Inhalt war damit zu unbestimmt und stellte keine ähnliche oder verwandte Produktkategorie zu dem zuvor gekauften Gaming-Stuhls dar.

Weiter heißt es in der Begründung:

„Soweit die Beklagte darauf verweist, dass der Empfänger durch die Versendung eines Gutscheins weniger belästigt werde und deshalb eine erweiternde Auslegung von § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG geboten sei, folgt die Kammer dem nicht.

Der Anwendungsbereich von § 7 Abs. 3 UWG ist aufgrund seines Schutzzweckes in Gestalt eines per-se-Verbots eng auszulegen.

In der gebotenen, engen Auslegung der Norm als Ausnahmetatbestand verbietet sich ein Erst-Recht-Schluss von der zulässigen Bewerbung konkreter Produkte auf die Bewerbung von Vergünstigungen beim Kauf von Produkten generell, da die Norm unter Missachtung des begrenzenden Kriteriums der Ähnlichkeit sonst keinen Anwendungsbereich mehr hätte.“

Insofern gab das Gericht dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte dazu, derartige Werbung in Zukunft zu unterlassen.

Fazit

Der Werbebegriff ist schnell erfüllt. Alle Maßnahmen, die unmittelbar oder mittelbar der Absatzförderung dienen, fallen darunter. Deswegen muss z.B. auch für Bewertungs-Reminder ein Opt-In eingeholt werden, da damit zumindest mittelbar Image-Werbung für das Unternehmen gemacht wird (“wir kümmern uns, Sie sind uns wichtig”), selbst wenn nicht einmal mit Sternen geworben wird. Dass Gutscheine nicht altruistischen Zwecken, sondern der Umsatzankurbelung dienen, liegt auf der Hand. Auch vermeintlich informative Mail sind im Zweifel kommerziell.

Die gern herangezogene Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG greift hingegen selten. Meist scheitert es entweder an der Ähnlichkeit der beworbenen Produkte oder aber an dem “bei Erhebung” der E-Mail-Adresse notwendigen Hinweis, dass Werbung verschickt wird (obwohl der Kunde diese nicht bestellt). Kann eine Einwilligung nicht nachgewiesen werden (durch Double-Opt-In-Verfahren), können nicht nur Konkurrenten, Verbraucherzentralen und Wirtschaftsverbände, sondern auch der E-Mail-Empfänger selbst abmahnen. In Zeiten der DSGVO ist gerade die Empfänger-Abmahnung wieder stark im Kommen.