Das Verschicken von E-Mail-Werbung ohne Einwilligung ist verboten. Verstößt man gegen das Verbot, kann der Empfänger den Absender abmahnen. Die Gerichte gehen dann von unterschiedlichen Streitwerten aus. Richtig teuer kann es aber werden, wenn die Aufsichtsbehörden Wind davon bekommen und plötzlich vor Ihrer Tür stehen.

In einem Fall hatte das OLG München (Beschl. v. 22.12.2016, 6 W 1579/16) sich mit dem Streitwert für unzulässige E-Mail-Werbung zu befassen.

Zuvor hatte die Beklagte dem Kläger, einem Rechtsanwalt, Werbung an seine private E-Mail-Adresse geschickt. Das LG München I hatte daraufhin einen Streitwert von 6.000 Euro festgesetzt. Das macht dann Abmahnkosten von rund 570 Euro.

Bei der Entscheidung des Streitwerts geht es um das maßgebliche Interesse des Klägers, bzw. des Antragstellers. Dieses bewertet die Rechtsprechung sehr unterschiedlich. Das OLG Hamm geht beispielsweise von einem Streitwert von 100 Euro aus, wenn unzulässige E-Mail-Werbung an eine privat genutzte Mail-Adresse verschickt wird.

Maßgebliches Interesse des Klägers

Das Gericht hatte Streiwertfestsetzungen des LG in vergleichbaren Fallgestaltungen in Höhe von 500 Euro nicht beanstandet.

In einem anderen Fall wurde die Streitwertfestsetzung auf 6.000 Euro für zutreffend erachtet. Hierbei ging es um den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eines Rechtsanwalts. Damit wandte er sich gegen die Beeinträchtigung seines Kanzleibetriebs durch die Zusendung von Werbe-E-Mails:

“…Im Hinblick darauf, dass der Geschäftsbetrieb der Antragsgegnerin auf Marketingmaßnahmen ausgerichtet ist, d.h. anders als bei einem Gewerbetreibenden, der eigene Waren oder Dienstleistungen per E-Mail bewirbt, von einer deutlich höheren Intensität der Möglichkeit zukünftiger Rechtsverletzungen auszugehen ist, ist die Bewertung des LG mit 6.000 Euro bei zwei Antragsgegnern noch angemessen…”

Interesse hier nur gering

Vor diesem Hintergrund sah das OLG München in dem nun zu beurteilenden Fall einen höheren Streitwert als 1.000 Euro nicht gerechtfertigt.

Dies begründete es vor allem damit, dass die E-Mail an die private Mail-Adresse des Klägers ging und er dadurch nicht in seinem Geschäftsbetrieb gestört wird.

“Hiervon ausgehend ist die Festsetzung eines Streitwertes in Höhe von 6.000 Euro nicht mehr angemessen.

Die streitgegenständliche E-Mail wurde dem Kläger nicht in seine Rechtsanwaltskanzlei, sondern an seine private E-Mail-Adresse übermittelt, sodass auch der vom LG herangezogenen Streitwertfestsetzung durch den 29. Zivilsenat des OLG München keine indizielle Bedeutung zukommt.

Eine Bewertung in gleicher Höhe ist entgegen der Auffassung des LG auch nicht mit der Erwägung zu rechtfertigen, weil sich das vom Kläger begehrte Verbot jeglicher Kontaktaufnahme per E-Mail nicht auf die eine private E-Mail-Adresse beschränke.

Es ist nicht dargetan, dass die Wahrscheinlichkeit der Zusendung von E-Mail-Sendungen von Seiten der Beklagten besonders hoch einzuschätzen war.

Insbesondere ist nichts dafür dargetan oder sonst ersichtlich, inwiefern der Kläger mit der Zusendung von Werbe-Emails von Seiten der Beklagten unter anderen als seiner privaten E-Mail-Adresse ernsthaft rechnen musste.

Dem Umstand, dass sich der Antrag nicht auf eine einzige private E-Mail-Adresse beschränkt, ist mit einem Streitwert in Höhe von 1000€ hinreichend Rechnung getragen.”

Diese 1.000 Euro Streitwert ergeben dann Abmahnkosten in Höhe von rund 150 Euro.

Wenn die Aufsichtsbehörde eingeschaltet wird

Ein richtiges Problem für den Händler kann es aber geben, wenn der Empfänger von unzulässiger E-Mail-Werbung statt zur Abmahnung zur Meldung des Verstoßes ei der Landesdatenschutzbehörde greift. So ging es einem Unternehmer aus Sachsen.

2012 erhielt der Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte eine Beschwerde vorgelegt. Ein Kunde hatte bei einem Händler über amazon marketplace etwas bestellt. Anschließend erhielt der Kunde aber noch Werbung.

Der Fall war insoweit also schnell abgeschlossen.

Allerdings entschied sich der Datenschutzbeauftragte dazu, nicht einfach einen Brief zu schreiben. Vielmehr wollte er diesen Fall im Wege einer örtlichen Kontrolle bearbeiten.

Bei dieser Kontrolle kamen dann noch zahlreiche andere Verstöße zu Tage, wie u.a.:

  • die unterlassene Bestellung eines Datenschutzbeauftragten,
  • die nicht erfolgte Verpflichtung auf das Datengeheimnis,
  • fehlende Auftragsdatenverarbeitungsverträge mit mehreren Dienstleistern,
  • keine Unterrichtung über das Widerspruchsrecht in den Werbesendungen,
  • werbliche Kundenansprache entgegen der eigenen Datenschutzerklärung,
  • ungesicherte Weitergabe von Kundendaten an die Dienstleister.

Erst vier Jahre später, im April 2016 konnte das Verfahren abgeschlossen werden. Und dieser Abschluss hatte es in sich:

  • zwei örtliche Kontrollen,
  • vier Heranziehungsbescheide
  • fünf Zwangsgeldfestsetzungen,
  • eine Anordnung und
  • sieben Bußgeldbescheide

Aus diesen Maßnahmen musste der betroffene Händler insgesamt 70.000 Euro. Und das letztlich, weil er mal eine unzulässig Werbung verschickt hat.

Änderungen durch DSGVO

Und solche Fälle werden sich häufen: Wenn am 25. Mai die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft tritt, wird der Bußgeldrahmen massiv ausgeweitet auf bis zu 20 Mio. Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes, je nachdem, welcher Betrag der höhere ist.

Fazit

Bei Streitwertfestsetzungen, die sich allein an dem Interesse des Klägers bemessen, ist es schwierig, den Wert exakt zu bemessen. Es ist allerdings vollkommen zutreffend, wenn das OLG den hier entschiedenen Fall anders bewertet als den vom LG zitierten. Eine Rechtsanwaltskanzlei, die von einem professionellen Marketingunternehmen mit Werbung bombardiert wird, ist in ganz anderem Maße geschädigt, als eine Privatperson. Dabei kann es auch keine Rolle spielen, was der Beruf dieser Person ist, wenn die Werbung an die private E-Mail-Adresse geht. Insofern ist die Entscheidung des OLG München zu begrüßen.

Bildnachweis: Zerbor/shutterstock.com

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