Müssen Online-Händler, die über Plattformen wie eBay oder amazon ihre Waren verkaufen, einen Link auf die OS-Plattform bereithalten? Das OLG Koblenz gab jetzt die Antwort: Ja! Einer anderslautenden Entscheidung des LG Dresden erteilen die Richter aus Koblenz explizit eine Absage.

Das OLG Koblenz (Beschluss v. 25.1.2017, 9 W 426/16) hatte sich als Berufungsinstanz mit der Frage zu beschäftigen, ob ein eBay-Händler einen Link auf die OS-Plattform bereithalten muss. Das Landgericht hatte dies in erster Instanz noch abgelehnt.

“Den Antrag, keine Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass Unternehmer hierzu nur auf „ihren Websites“, nicht aber dann verpflichtet seien, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz unterhalten, der selbst zur Einrichtung eines solchen Links verpflichtet sei.”

Auch Marktplatz-Händler trifft Infopflichten

Dieser Auffassung ist das OLG Koblenz nicht gefolgt.

“Nach der am 09.01.2016 in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (im Folgenden: ODR-Verordnung, ODR = Online Dispute Resolution) ist die Einrichtung einer Plattform für die Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) zur außergerichtlichen Regelung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern bei Online-Käufen durch die Europäische Kommission vorgesehen.

Die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 der ODR-Verordnung geregelte Verpflichtung zur Einstellung eines Links auf die OS-Plattform „auf ihren Websites“ gilt nach dem Wortlaut des Verordnungstextes für „in der Union niedergelassene Unternehmer … und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze …“.

Weder dem Verordnungstext noch dem Erwägungsgrund 30 der Verordnung lässt sich entnehmen, dass die geregelte Verpflichtung für Online-Unternehmer entfallen soll, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz wie beispielsweise Ebay – unterhalten und dieser Marktplatz bereits einen Link enthält.

Der Erwägungsgrund 30 der Verordnung stellt nach Auffassung des Senats deshalb auch ausdrücklich klar, dass „Online-Marktplätze … gleichermaßen und eben nicht nur anstelle und für die auf ihrem Marktplatz tätigen Unternehmen verpflichtet sein sollen, einen Link zur OS-Plattform bereitzustellen.”

Was heißt “Ihre Websites”?

Bisher ging die Rechtsprechung eher stillschweigend davon aus, dass Online-Händler auch auf Marktplätzen einen Link auf die OS-Plattform setzen müssen. Es existieren bereits einige Unterlassungsurteile, die Fälle auf Marktplätzen betrafen.

Lediglich das LG Dresden und später auch das OLG Dresden hatten sich explizit mit der Frage auseinandergesetzt und entschieden, dass lediglich der Marktplatzbetreiber selbst verpflichtet sei, den Link bereit zu halten, der einzelne Händler aber nicht.

“In seiner Entscheidung geht das Landgericht Dresden davon aus, dass die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 der -ODR-Verordnung für Unternehmer und Online-Marktplätze geregelte Verpflichtung, „auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform“ einzustellen, so zu verstehen ist, dass Unternehmer dem nur auf einer eigenen „Website“, mithin einer „vom Händler selbst gestalteten Seite“, nachkommen müssen, was bei einem Handel über einen Online-Marktplatz nicht der Fall sei.”

Dem folgt das OLG Koblenz aber nicht und hat entschieden dass “ihre Website” sehr weit zu verstehen ist.

“Diese Auffassung teilt der Senat nicht.

Das Landgericht Dresden stellt allein auf ein bestimmtes technisches Verständnis des Begriffs „Website“ ab, ohne den mit der ODR-Verordnung verfolgten Zweck zu berücksichtigen, der aus Sicht des Senats bei einem rein technischen Verständnis der Norm unterlaufen würde.

Der Regelungszweck der ODR-Verordnung gebietet eine weite Auslegung des Begriffs „Website“ dahingehend, dass hierunter auch Angebotsseiten von Online-Unternehmern auf Online-Marktplätzen fallen.

Sinn und Zweck der in der EU-Verordnung geregelten Verpflichtung ist es nämlich, das Vertrauen der Verbraucher in den digitalen Binnenmarkt zu stärken, damit der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen auch im Online-Bereich gewährleistet wird.

Dies setzt nach Erwägungsgrund 2 der ODR-Verordnung voraus, dass die Verbraucher Zugang zu einem einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Streitbeilegungsverfahren für Streitigkeiten aus Online-Verkäufen oder Online-Dienstleistungen haben.

Um ein solches, über die OS-Plattform zur Verfügung gestelltes Streitbeilegungsverfahren überhaupt nutzen und dessen Möglichkeiten bei der Kaufentscheidung berücksichtigen zu können, bedarf es einer einfach zugänglichen Kenntnisnahmemöglichkeit der OS-Plattform bei möglichst vielen Verbrauchern.

Der Verzicht auf eine eigene Verlinkung durch die auf Online-Marktplätzen tätigen Online-Unternehmer gewährleistet gerade nicht, dass Verbraucher auf einfache Weise Kenntnis von dem Streitbeilegungsverfahren nehmen können, wenn sie – wie im Regelfall – die sie interessierenden Angebote des Onlinehändlers studieren, ohne nach weitergehenden Informationen zu einem Vertragsabschluss mit eben diesem Händler auf der Verkaufsplattform eines Online-Marktplatzes zu suchen.

Für dieses weite Verständnis der in Art. 14 der ODR-Verordnung geregelten Informationspflichten spricht auch, dass der Verordnungsgeber grundsätzlich alle Online-Unternehmer in die Pflicht nimmt, selbst wenn sie von vornherein nicht zu einer (freiwilligen) Teilnahme an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren bereit sind und die Verlinkung ihren Kunden bei einem mit ihnen abgeschlossenen Online-Vertrag nicht zugutekommt.”

Fazit

Das Urteil des OLG Dresden habe ich schon an anderer Stelle ausreichend kritisiert. Es hat sich nun gezeigt, dass andere Gerichte der Auffassung aus Dresden nicht folgen, was zu erwarten war. Online-Händler müssen sowohl im eigenen Shop wie auch auf Plattformen, über die sie ihre Waren anbieten, den Link auf die OS-Plattform bereithalten und außerdem auch die neuen Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz erfüllen. Ein Verstoß gegen diese Pflichten kann abgemahnt werden. (mr)

[hubspotform whitepaper=”true” title=”Kostenloses Whitepaper – Streitschlichtung: Neue Infopflichten ab 1. Februar 2017″ image_path=”” image_text=”Seit 1. Februar 2017 müssen Sie darüber informieren müssen, ob Sie bereit oder verpflichtet sind, an außergerichtlicher Streitbeilegung teilzunehmen. In unserem Whitepaper haben wir nochmals alle Informationen zusammengefasst und Sie erhalten kostenlose Muster zum Einsatz in Ihrem Shop.” copy_text=”” portal_id=”603347″ form_id=”1cb2bb7e-616a-4db8-b390-0bc158d9902a” css=””]

Bildnachweis: Michal Kalasek/shutterstock.com

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