Die Rechte des Verbrauchers im Fernabsatz sind sehr weitgehend. Gerade durch das bekannte Wasserbetten-Urteil hat der BGH die Prüfungsrechte des Verbrauchers ausgeweitet. Jetzt hat er entschieden, dass der Verbraucher aber nicht alles mit der Ware machen darf.
Pressemitteilung vom 12. Oktober des BGH:
Bundesgerichtshof bejaht Wertersatzanspruch des Verkäufers nach Verbraucherwiderruf eines Katalysator-Kaufs nach erfolgtem Einbau und Probefahrt
Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob ein Verbraucher, der einen im Onlinehandel erworbenen Katalysator in sein Fahrzeug einbaut und anschließend eine Probefahrt unternimmt, nach dem daraufhin erfolgten Widerruf seiner Kauferklärung verpflichtet ist, dem Verkäufer Wertersatz für die bei der zurückgegebenen Sache eingetretene Verschlechterung zu leisten.
Der Sachverhalt:
Der Kläger bestellte im Jahr 2012 über die Internetseite der Beklagten, die einen Online-Shop für Autoteile betreibt, einen Katalysator nebst Montagesatz zum Preis von insgesamt 386,58 €. Nach Erhalt ließ er den Katalysator von einer Fachwerkstatt in sein Kraftfahrzeug einbauen. Als er nach einer kurzen Probefahrt feststellte, dass der Pkw nicht mehr die vorherige Leistung erbrachte, widerrief er fristgerecht seine auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung und sandte den Katalysator, der nunmehr deutliche Gebrauchs- und Einbauspuren aufwies, an die Beklagte zurück. Diese teilte ihm daraufhin mit, der Katalysator sei durch die Ingebrauchnahme wertlos geworden, weswegen sie mit einem entsprechenden Wertersatzanspruch aufrechne und den Kaufpreis nicht zurückerstatten werde.
Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage nur teilweise stattgegeben, weil die Beklagte gegen den Rückzahlungsanspruch wirksam mit einem Wertersatzanspruch gemäß § 357 Abs. 3 BGB aF* wegen der am Katalysator eingetretenen Verschlechterungen aufgerechnet habe.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin weiterhin die vollständige Rückzahlung des Kaufpreises, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision einen noch höheren Wertverlust des Katalysators berücksichtigt wissen will.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Verbraucher beim Fernabsatz vor der Ausübung seines Widerrufsrechts kein wertersatzfreier Umgang mit der Kaufsache gestattet ist, der nicht nur zu Verschlechterung der Ware führt, sondern auch über die Maßnahmen hinausgeht, die zum Ausgleich ihm entgangener Erkenntnismöglichkeiten im stationären Handel erforderlich sind.
Zwar entspricht es der erklärten Zielsetzung des nationalen und europäischen Gesetzgebers, dass der Verbraucher bei Fernabsatzgeschäften die Kaufsache vor Entscheidung über die Ausübung seines Widerrufsrechts nicht nur in Augenschein nehmen darf, sondern diese darüber hinaus auch einer Prüfung auf ihre Eigenschaften und ihre Funktionsweise unterziehen kann, ohne eine Inanspruchnahme für einen hieraus resultierenden Wertverlust befürchten zu müssen (§ 357 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB aF*).
Dies dient der Kompensation von Nachteilen aufgrund der dem Verbraucher im Fernabsatz entgehenden Prüfungs- und sonstigen Erkenntnismöglichkeiten, die im stationären Handel gegeben wären. Auch wenn der Kunde im Ladengeschäft die Ware häufig nicht auspacken, aufbauen und ausprobieren kann, stehen ihm dort doch typischerweise Musterstücke sowie Vorführ- und Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung, um sich einen unmittelbaren Eindruck von der Ware und ihren Eigenschaften zu verschaffen.
Jedoch ist eine Ware, die – wie vorliegend der Katalysator – bestimmungsgemäß in einen anderen Gegenstand eingebaut werden soll, für den Käufer auch im Ladengeschäft regelmäßig nicht auf ihre Funktion im Rahmen der Gesamtsache überprüfbar.
Den streitgegenständlichen Katalysator hätte der Kläger im stationären Handel nicht – auch nicht in Gestalt eines damit ausgestatteten Musterfahrzeugs – dergestalt ausprobieren können, dass er dessen Wirkungsweise auf sein oder ein vergleichbares Kraftfahrzeug nach Einbau hätte testen können.
Vielmehr wäre der Kläger bei einem Kauf im stationären Handel darauf beschränkt gewesen, das ausgewählte Katalysatormodell oder ein entsprechendes Musterstück eingehend in Augenschein zu nehmen und den Katalysator mit Alternativmodellen oder dem bisher verwendeten Teil zu vergleichen. Darüber hinaus hätte er sich beim Verkaufspersonal gegebenenfalls über die technische Daten des ausgewählten Modells erkundigen und sich über dessen Vorzüge oder Nachteile gegenüber anderen Modellen fachkundig beraten lassen können.
Die vom Kläger ergriffenen Maßnahmen gehen über die Kompensation solcher ihm entgangener Erkenntnismöglichkeiten im Ladengeschäft hinaus.
Sie stellen sich vielmehr als eine – wenn auch nur vorübergehende – Ingebrauchnahme des Katalysators dar, die ihm eine im stationären Handel unter keinen Umständen eröffnete Überprüfung der konkreten Auswirkungen des erworbenen Autoteils auf die Fahrweise seines Fahrzeugs in der Praxis verschaffen sollte.
Eine solche Besserstellung des Verbrauchers im Onlinehandel ist weder vom nationalen noch vom europäischen Gesetzgeber beabsichtigt. Für die eingetretenen Verschlechterungen stünde der Beklagten deshalb ein Wertersatzanspruch gegen den Kläger zu, falls – was bislang noch nicht festgestellt ist – auch die Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB aF** erfüllt wären.
Aus diesen Gründen hat der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Grenzen des ihm wertersatzfrei zuzubilligenden Prüfungsrechts überschritten hat. Jedoch fehlen bislang Feststellungen dazu, ob der Kläger bereits bei Vertragsschluss – was das Gesetz in § 357 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB aF** für einen Wertersatzanspruch des Verkäufers voraussetzte – spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf die Rechtsfolge einer möglichen Wertersatzverpflichtung hingewiesen worden war.
Fazit
Damit grenzt der BGH die Prüfungsrechte des Verbrauchers im Rahmen des Widerrufsrechtes ein. Das macht es Händlern aber nicht leichter zu entscheiden, wann sie einen Anspruch auf Wertersatz haben und wann nicht nicht. Denn der BGH wirft mit seinem Urteil eine alte, unbeantwortete Frage auf: Welches Ladengeschäft ist gemeint? Der Discounter, in dem man mit Ware fast gar nichts darf? Oder das hochspezialisierte Fachgeschäft, in dem der Verbraucher fast alles mit der Ware machen darf?
Sobald das Urteil im Volltext vorliegt, werde ich es genauer analysieren und die Gründe des BGH hier darstellen. (mr)
Es wurde auch mal Zeit, dass in dieser Frage ein wenig für Klarheit gesorgt wird. Wir sind gespannt.
Ja, ein super Beispiel. Wir haben auch immer wieder Retouren mit Gebrauchsspuren. Meistens will der Käufer die Ware bereits so erhalten haben. Das macht es dem Verkäufer oft aber auch nicht einfacher nachzuweisen, dass die Ware völlig Mangelfrei gewesen ist. Immerhin können selbst Herstellerwaren schon mal einen Mangel haben und wer prüft schon jedes einzelne Produkt auf Herz und Nieren? Das ist unmöglich.
Mehr Transparenz für beide Seiten wäre sinnvoller als blödsinnige Änderungen wie “Zahlungspflicht bestellen”. Auch hier kriegen wir immer noch regelmäßig Mail a la ausversehen bestellt.
Irgendwie sollte sich da mal einer auf eine klare Richtlinie besinnen. Dieses Urteil macht die Rechtssprechung uneindeutiger. Theoretisch könnte man sich jetzt auf dieses Urteil berufen und befüllte Wasserbett-Matratzen nicht mehr zurücknehmen. Diese sind nämlich quasi Müll und nicht wiederverkaufbar, sofern einmal befüllt (wegen Bakterienbildung).
Es bleibt konfus. Auch weil ich die Linie in den Urteilen nicht erkennen kann. Wasserbett so, Katalysator so, heißt das jetzt, dass jede Branche sich ihre eigenen Urteile erkämpfen muss?
So ging es mir auch, als ich die Pressemitteilung gelesen hatte. Wir müssen hier zunächst die Urteilsgründe abwarten. Dann kann ich mehr zu den Folgen des Urteils und zu dem Zusammenhang oder Widerspruch zum Wasserbetten-Urteil sagen.
Hallo,
Das Urteil ist an sich Käse da es so generell abgewiesen hätte werden sollen.
Denn wenn eine neuer Katalysator die Leistung des PKW verändert und zwar spürbar ist es ein Reklamationsfall und hier sollte der Händler Kulanz walten lassen. (ist immerhin ein Garantie/Gewährleistungsfall)
Widerruf ist hier sicherlich nicht die beste Vorgehensweise.
Immerhin sind allein durch die Werkstatt die den Kat eingebaut hat auch kosten entstanden die mit Sicherheit über 100€ lagen.
Hier hätte man sich einigen sollen das der Händler den Kat zurück nimmt und der Kunde die Ein/Ausbaukosten selbst trägt.
Mit Außnahme es ist ein Markenteil von Eberspächer, Bosal und co welche auch über den Teilehandel vetrieben werden diese sollten korrekt berrechnet worden sein.
Ein Universalkat der für die Rennstrecke ist (Metallkat) da würde ich auch sagen was nicht für das Auto vorgesehen ist und ein “experiment” ist da ist der Kunde selbst schuld.
Gerade bei Autoteile oder das angesprochene Wasserbett..
Allein durch Sichtprüfung ist dem nicht nachzukommen.
Klar kann man im Geschäft das Teil nicht auch einbauen!
In der Regel erhält man von Angesicht zu Angesicht aber keinen “Schrott” ausgehändigt und wenn es glaubhaft ist dann lässt der Händler Kulanz walten da er dies beim Hersteller/Großhändler weiterreichen kann.
Ich selbst habe auch so ein Fall gehabt.
Bremsbeläge von ebay.
Auf dem Foto war etwas komplett anderes dargestellt als das was geliefert wurde. (Foto von hochwertigem Belag)
geliefert wurde aber minderwertigstes Zeug was dann aber verbaut werden musste da das Auto fahren musste und taggleich kein Ersatz besorgt werden konnte.
Dazu kam das die neuen Bremsbeläge innerhalb einer Woche die hinteren Felgen so schwarz gemacht haben wie es an der Vorderachse nicht mal nach 6Monaten sind.
Eindeutig minderwertige Qualität.
Aber was soll man hier machen.
Ähnliches Spiel bei einer Benzinpumpe. (wagen springt auf einmal schlecht an da der Benzindruck abfällt nach dem abstellen des Wagens. Das Rückschlagventil in der Benzinpumpe funktioniert nach wenigen Wochen nicht mehr richtig und man muss orgeln beim starten.
gut das sind kleine Beträge da lohnt es sich kaum drüber nach zu denken aber GENAU das wissen auch die Händler und stellen sich quer.
@Wasserbetten
Im Fall von Wasserbetten hätte man im Geschäft aber probeliegen können also ein Funktionsbereites Bett in passender Beruhigungsstufe steht bereit.
@KFZ
Ein KFZ Teil kann man erst nach dem Einbau prüfen.
Bremse -> Bremsenprüfstand
Katalysator -> AU
eine Leistungsminderung ist immer subjektiv da kaum einer sich noch an den Neuzustand des KFZ erinnern kann wenn ein solcher nach 200tkm oder mehr getauscht wird. Geschweige denn eine vorher nachher Messung auf dem Rollenprüfstand gemacht haben wird..
solch eine Messung kostet ja auch pro Lauf 100-200€ und würde den Austauschpreis verdoppeln. (was dann auch der Händler incl. Ein/Ausbau zahlen müsste)
Ich selbst hatte so einen Fall auch mal an einem Auspuff Endtopf.
Dieser war so laut das man im Innenraum einen Hörsturtz bekommen hat.
Aber dieser Hersteller war einsichtig und bot Nachbesserung an da man so nicht fahren konnte.
@Rechtssprechung generell
Man hat so das gefühl das die Gerichte eine gewisse Willkür walten lassen.
Vieles ergibt keinen Sinn
just my 2 cents
Ein Schritt in die richtige Richtung. Sicher nur ein Schritt, aber der Anfang ist gemacht. Genügend nicht nachvollziehbare Urteile gibt es ja schon in die andere Richtung, wie das spirituosen Urteil vor einigen Jahren, bei der geöffnete Spirituosen-Flaschen mit versiegeltem Verschluss per Widerruf ohne Wertausgleich zurückgenommen werden mussten. Bei einigen dieser Urteile fragt man sich wie der Richter sich selbst gegenüber diese Urteile rechtfertigen mag.
Vermutlich kommt hier noch ein weiterer, sehr spezifischer Aspekt hinzu:
Der Käufer (Kläger) hat sich den Katalysator nur bestellt, eingebaut und dem TÜV vorgestellt, um sich diesen in die KFZ-Papier eintragen zu lassen bzw. die Hauptuntersuchung (HU) zu bestehen. So wird das Einhalten von Abgasvorschriften vorgetäuscht (zB. für eine Plakette) oder eine nichtzulassungsfähige Auspuffanlage (Tuning-Anlage) legalisiert.
Gefährliches Halbwissen oder reine Spekulation?
Was bringt es wenn man in eine Auspuffanlage einen Kat einschweißt und diese nach eintragung entfernt?
man müsste dann ja wieder ein Rohr einschweißen.
dazu kommt diesen Aufwand alle 2 Jahre wiederholen?
ich bitte dich.
Da gibt es andere Möglichkeiten Autos vor 2006 und nach 2006 auch ohne Kat durch den Tüv zu bringen die nichts oder viel weniger kosten 😉
und was die Plöaketten angeht.
Die kann man sogar legal “kaufen”..
Ein Nachbar mit einem 2002er 7,3L Bigblock V8 diesel ohne irgendwas im Abgasstrang außer Rohren hat eine grüne Plakette bekommen.
Wir leben hier doch in einer fiktiven Welt der selbst die Richter nicht mehr trauen und diese sich selbst Hintertüren offen lassen um nicht angreifbar zu sein.
oder warum wird jedes Urteil mit einer Paraphe (ungültig) statt einer richtigen Unterschrift aus Vor und Nachnahmen unterschrieben?
Alles anfechtbar…