Deutschland ist eines der ersten Länder, das die europäische Verbraucherrechterichtlinie in nationales Recht umgesetzt hat. In Frankreich wird noch an der Umsetzung gearbeitet. Der Umsetzungsprozess pausiert dort derzeit auf Grund der Sommerpause des Parlaments.

Erfahren Sie mehr über den bisherigen Fortschritt.

In Frankreich wird die Umsetzung der Richtlinie durch das „projet de loi Hamon sur la consommation“ realisiert. Wie auch in Deutschland muss dieser Gesetzesentwurf den Gesetzgebungsprozess durchlaufen. Bis dato hat die französische  Nationalversammlung „Assemblée Nationale“ den Gesetzesentwurf diskutiert und dem Senat anschließend vorgelegt.

Einige Punkte des Gesetzentwurfs stießen dabei auf Kritik der französische Händler, die der Ansicht sind, nachteilig behandelt zu werden. So wurde eine Vielzahl an Änderungsvorschlägen eingebracht. Auf Grund des Prinzips der Vollharmonisierung (Art. 4 VRRL) zur Angleichung der Regelungen auf europäischer Ebene, das die EU für die Umsetzung der Richtlinie vorgegeben hat, sind die nationalen Spielräume dabei aber minimal. Vorschläge, die strengere oder weniger strenge Vorschriften forderten, wurden infolgedessen abgelehnt.

Das Hauptaugenmerk liegt auf den Änderungen zum Widerrufsrecht, die auf Kritik der Händler stoßen.

Rücksendebeweis reicht für den Fristbeginn zur Erstattung

Wie auch im deutschen Recht gilt in Frankreich nach der Umsetzung der Richtlinie eine Widerrufsfrist von 14 Tagen. Ab der Erklärung des Widerrufs beginnt eine weitere 14 tägige Frist , innerhalb derer gewährte Leistungen auf beiden Seiten rückabgewickelt werden müssen. Der Käufer hat  die Ware zurückzusenden, und der Händler dem Kunden seine Zahlung zu erstatten. Der Händler hat das Recht, die Erstattung solange aufzuschieben, bis er die Ware oder einen entsprechenden Nachweis über die Absendung erhält.

Letzteres wurde von französischer Händlerseite, gestützt auf negative Befürchtungen, stark kritisiert. Es wurde gefordert, dass allein das Datum des Eingangs der zurückgesendeten Produkte bei dem Händler als Zeitpunkt für den Fristbeginn zur Erstattung gelten solle. Nur so könne gewährleistet werden, dass das Produkt vor jeglicher Erstattung auch noch begutachtet und überprüft werden kann.

Die Vollharmonisierung führt hier jedoch zur Aussichtslosigkeit sämtlicher Änderungswünsche, die darauf abzielten, dass allein nach Rückerhalt des Produktes die Rückzahlung fällig wird.

Debatte um die Höhe der Sanktionen

Die Sanktionen bei Verstoß gegen die Vorschriften bezüglich des Widerrufrechts liegen im Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten und bieten somit auch die Möglichkeit eigene Gestaltungsspielräume zu nutzen.  In Deutschland kommt der Händler, überschreitet er die  Frist zur Rückzahlung, in Schuldnerverzug. Nach Umsetzung der Richtlinie verkürzt sich diese Frist von 30 auf die angesprochenen 14 Tage. Zusätzlich könnte die abschreckende Wirkung von Abmahnungen noch Sanktionscharakter haben.

Im Gegensatz dazu legte die französische Regierung  in ihrem Entwurf zur Umsetzung Prozentsätze des Kaufpreises fest, die als eine Art Strafzahlung den Händler bei Verzug sanktionieren. Ursprünglich war bezüglich der Höhe der Sätze eine Regelung vorgesehen, die progressiv  10% des Kaufpreises bis zu 30 Tagen Verspätung mit der Erstattung vorsah. Ab dem 30. Tag in Verspätung oblagen dem Händler 20%, bis zu 50% hatte er nach Ablauf des 60. Tages zu tragen.

Hier greift die Lobbyarbeit der Händler und es wurden einige Änderungsanträge übernommen. Ein erster Änderungsvorschlag des Wirtschaftsausschuss zur Senkung der Sätze wurde von der Nationalversammlung übernommen. Momentan hat der Senat eine weitere Änderung in den Entwurf übernommen, die nur noch von 1% in den ersten 10 Tagen ausgeht.

Egal wie die Zahlen schlussendlich konkret aussehen werden: In Frankreich wird es für Online-händler ein Risiko von Strafzahlungen an den Verbraucher bei Nichteinhaltung der Erstattungsfrist geben. Fraglich ist, ob es den Lobbyisten gelingen wird, den Prozentsatz soweit zu senken, dass das Risiko solange unerheblich bleibt, bis der Händler auf den Erhalt des Produktes warten kann, statt direkt nach einem Versandnachweis zu zahlen.

Auch hier steckt der Gedanke der französischen Online-Händlerlobby dahinter, dass der Händler das Produkt sorgfältig prüfen können muss, bevor er den Kaufpreis rückerstattet. Dies müsse ihm zumutbar sein, ohne große finanzielle Risiken in Form von Strafzahlungen fürchten zu müssen. 10 Tage ab Erhalt des Rücksendebeweises würden zum Eingang der Ware reichen. Nach dem 10. Tag bestehe dann kein berechtigter Grund mehr zur Zurückhaltung der Zahlung und das rechtfertige einen stärkeren Anstieg der Prozentsätze.

Beginn der Widerrufsfrist bei Teillieferungen

Negativ aufgenommen wurde auch die Regelung zum Beginn der Widerrufsfrist bei der Bestellung mehrerer Artikel, die zu unterschiedlichen Zeiten geliefert werden. Dieser liegt, wie auch im deutschen Gesetzestext, bei Erhalt der letzten Ware oder der letzten Teillieferung.

Es wurde gefordert, dass die Frist bei Erhalt des letzten Artikels nur dann zu laufen beginnen sollte, wenn die gelieferten Waren in engem Zusammenhang miteinander stehen. Diese Regelung könne nicht auf alle Lieferungen dieser Art ausgedehnt werden. Als Voraussetzung für den Fristbeginn mit dem letzten Produkt wurde gewissermaßen ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den einzelnen Produkten gefordert.

Eine solche Differenzierung verbietet die Vollharmonisierung aber. Alle Anträge in diese Richtung sind folglich berechtigterweise abgewiesen worden.

Unklarheit bezüglich Ausnahme bei Hygieneprodukten

Bisher wurde deutlich, dass bei der Umsetzung der Richtlinie ins französische Recht der Wortlaut fast identisch übernommen wurde. Doch es gibt, wie so oft, auch hier eine Ausnahme.

Bisher noch unklar ist ein Punkt zu den Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Konkret geht es dabei um den Ausnahmetatbestand von Artikeln, die sich auf Grund von hygienischen Bedenken oder dem Gesundheitsschutz nicht zur Rücksendung eignen. Die Richtlinie (Artikel 16 e) gibt  vor, dass solche Produkte vom Händler versiegelt versendet werden und diese Versiegelung anschließend vom Verbraucher entfernt wurde. Liegt beides vor, so entfällt die Eignung zur Rücksendung.

Der Wortlaut der Richtlinie spricht ausdrücklich von versiegelten Waren. Im französischen Entwurf allerdings ist dieses Kriterium nicht explizit genannt. Präzise auf den Wortlaut bezogen, könnte dies theoretisch bedeuten, dass das Widerrufsrecht umgangen werden kann, indem der Händler sich darauf beruft, dass das Produkt entsiegelt wurde bzw. sich nicht zur Rücksendung eignet, obwohl er selbst keine Versiegelung vorgenommen hat. Diese leicht unpräzise Regelung könnte in der bisherigen Fassung eine Gefahr für komplizierte Fallgestaltungen bergen.

Wann ein Produkt als versiegelt zu betrachten ist und wie die Definition dazu genau lautet, ist weiterhin offen. Die Rechtsprechung wird über die Zeit definieren müssen, welche Produkte in diese Kategorie fallen.

Wie geht es nun weiter?

Momentan sind alle weiteren Diskussionen auf die Zeit nach der Sommerpause des Parlaments vertagt worden. Im Anschluss wird am 10. September der Entwurf im Senat erörtert. Daraufhin erfolgt eine zweite Lesung in beiden Kammern. Um den Wortlaut anzugleichen und eine einheitliche Lösung zu finden, kann in Folge eine gemeinsame Kommission gebildet werden. Dieses Verfahren ähnelt dem Gesetzgebungsprozess in Deutschland innerhalb des Zusammenspiels von Bundesrat, Bundestag und ggf. einem Vermittlungsausschuss. Schlussendlich bedarf es noch einer Abstimmung und Bekanntmachung des dann beschlossenen Gesetzes.

Die Aussichten sind gut, dass die Frist der EU zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, festgesetzt auf den 13. Dezember 2013, eingehalten werden kann. In Kraft treten die Neuregelungen der Richtlinie am 13. Juni 2014. (gm)

Artikelreihe zur Umsetzung der VRRL

Zur Umsetzung der VRRL in Deutschland informieren wir Sie in einer großen Artikelreihe.

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