Wurde Ware an einen Kunden verkauft, muss diese auch geliefert werden. Kann der Verkäufer nach Vertragsschluss nicht liefern, weil die Ware ohne sein Wissen an einen Dritten verkauft und geliefert wurde, ist er dem ersten Kunden gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Das betrifft auch einen Gewinnverlust, weil der Kunde die Ware schon weiter verkauft hat. Das hat nun das LG Coburg entschieden.
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Das LG Coburg (Urt. v. 17.9.2012, 14 O 298/12) hat den Verkäufer von Jeans zur Zahlung von knapp 10.000 Euro Schadenersatz verurteilt, weil er die gekauften Jeans nicht mehr liefern konnte. Was war passiert?
Verkauf über Internet
Der beklagte Verkäufer bot über eine Internetplattform als neuwertig beworbene Modejeans an. Diese erwarb der Kläger zu einem Preis von 20.050,88 Euro. Kurz nachdem er den Zuschlag erhalten hatte, meldete er sich beim Verkäufer, um einen Termin zur Abholung der Ware zu vereinbaren.
Dabei wurde im mitgeteilt, dass die Jeans zwischenzeitlich anderweitig veräußert wurden. Der Verkäufer sei daher nicht mehr in der Lage, die Hosen zu übergeben und zu übereignen.
“Der Beklagte wurde daraufhin mit Schriftsatz vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 5.4.2012 aufgefordert, bis 13.4.2012 schriftliche mitzuteilen, wann die Ware in Empfang genommen werden könne. Der Beklagte hat daraufhin mit E-Mail vom 25.4.2012 mitgeteilt, dass er zur Erfüllung nicht mehr in der Lage sei, weil sein Bruder die Hosen anderweitig veräußert habe.”
Bruder verkauft Ware
Der Bruder des Verkäufers hatte die Jeans – ohne Wissen des Verkäufers – an einen anderen Kunden verkauft. Die Jeans waren wegen eines Dachschadens durch Regenwasser negativ beeinträchtigt worden.
“Der Bruder des Beklagten veräußerte ohne Kenntnis und ohne Bevollmächtigung des Beklagten aufgrund dieses Dach- bzw. Wasserschadens die Ware zur Vermeidung negativer Folgen für den Beklagten anderweitig, ohne Wissen, dass der Kläger diese vorher erworben hatte.”
Käufer verkaufte Ware weiter
Der Kläger hatte den Zuschlag für die Ware am 11.3.2013 erhalten. Am 12.3.2012 hatte er die gekauften (aber noch nicht gelieferten) Jeans zu einem Preis von 30.000 Euro bereits weiterverkauft. Da er selbst die Hosen aber nicht geliefert bekam, entging ihm also ein Gewinn von knapp 10.000 Euro.
Der Verkäufer meinte, er müsse für diesen Schaden nicht aufkommen, weil sein Bruder die Hosen ohne sein Wissen weiterveräußert habe. Zumindest habe er deswegen die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.
Kläger bekommt Schadenersatz
Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht und verurteilte den Verkäufer zur Zahlung von Schadenersatz.
Es lag ein Fall der Unmöglichkeit vor, da dem Verkäufer die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten aufgrund der anderweitigen Veräußerung und Übereignung unmöglich geworden war.
“Gemäß §§ 283 S. 1, 280 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Kläger Ersatz des ihm hierdurch entstandenen Schadens verlangen.”
Der Kläger konnte mittels Zeugen nachweisen, dass er die Hosen bereits am Folgetag weiterverkauft hat.
Da er dieses Geschäft nun seinerseits nicht erfüllen konnte, entstand ihm ein Gewinnverlust in Höhe von 9.949,12 Euro.
Verkäufer war verantwortlich
Der ursprüngliche Verkäufer war auch dafür verantwortlich, dass er seine Vertragsverpflichtungen nicht erfüllen konnte.
“Der Beklagte haftet grundsätzlich für alle Umstände, die seinem Geschäftskreis zuzurechnen sind. Hierzu gehört auch die Veräußerung durch Dritte, denen der Beklagte Zugriff auf seinen Warenbestand gewährt.
Der Sachvortrag des Beklagten ist bereits nicht geeignet, ein fehlendes Verschulden des Beklagten, insbesondere auch ein fehlendes Organisations- und Ãœberwachungsverschulden, substantiiert darzutun.
Der Schuldner muss seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, dass vertragsschädliche Veräußerungen unterbleiben bzw. Veräußerungen in einem Umfang wie vom Beklagten vorgetragen nur nach Rücksprache mit ihm erfolgen.
Dass der Beklagte entsprechende Vorkehrungen getroffen hat, wird nicht einmal vorgetragen. Gleiches gilt übrigens auch für den nach dem unstreitigen Vortrag des Beklagten vorliegenden Wasserschadens der Hosen.
Sofern dieser ebenfalls zur Unmöglichkeit vertragsgemäßer Erfüllung geführt haben sollte, ist fehlendes Verschulden des Beklagten nicht substantiiert dargetan.”
Fazit
Wer Verträge schließt, muss diese auch erfüllen. Damit Händler vermeiden, Waren doppelt zu verkaufen, sollte man ein ordentliches Warenwirtschaftssystem nutzen. Dies gilt nicht nur bei eBay, sondern auch im eigenen Shop. Oft lässt die Vertragsschluss-Situation es nicht zu, dass man noch prüfen kann, ob die Ware noch vorrätig ist, z.B. wenn der Kunde schon im Bestellprozess mit einer Sofortzahlungsart zahlt. (mr)
So einen Schwachsinn gibt es echt nur in Deutschland. Wie will man denn mehrere Plattformen wie Ebay, Amazon, Shop usw. In Echtzeit synchron haltet? Nur zum Beispiel Amazon dort bekommt man eine Verwarnung wenn man zu häufig Daten zum Bestandsabgleich hochlädt und bei widerholtem Male den Account geschlossen und wenn man viele Artikel hat dauert alleine das hochladen zu Amazon, bzw. Ebay mehr als eine halbe Stunde.
Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen. Im obigen Fall kann man aber wohl eher davon ausgehen das es hier um B2B Geschäfte und nicht B2C Geschäfte handelt. Wie will man da einen Schadenersatz geltend machen und für was
@Alexander Flittner
Gleiche Vorschriften gibt es in jedem Rechtsstaat. Das folgt dem Grundsatz, dass Verträge zu erfüllen sind. Das gilt auch unabhängig davon, ob es sich um ein B2B- oder um ein B2C-Geschäft handelt.
Der geltend gemachte Schaden war der Gewinnverlust, den der ursprüngliche Käufer erlitten hat. Es ist aber auch noch eine andere Fallkonstellation denkbar, in der der Kunde Schadensersatz geltend machen kann:
Verkäufer verkauft eine Ware für z.B. 100 Euro. Er kann den Vertrag nicht erfüllen, weil die Ware – wie oben – anderweitig verkauft, übergeben und übereignet wurde. Nun kauft der Käufer die Ware bei einem anderen Händler für 120 Euro. Die 20 Euro Differenz sind der entstandene Schaden. Diese Summe muss der erste Verkäufer dem Kunden erstatten.
Nach meinem Rechtsverständnis ist dieses Urteil vollkommen korrekt und hierbei handelt es sich auch nicht um Kleinkram. Schwachsinn @ A. Flittner – es gibt durchaus technische Möglichkeiten, den Warenbestand zeitnah zu synchronisieren und der Sachverhalt ist mit dem geschilderten Fall nicht zu vergleichen, allein schon der Streit- bzw. Warenwert ist ungewöhnlich hoch. Ganz ohne Frage hätten wir in diesem Fall auch Schadensersatzklage erhoben, da die Rechtslage ziemlich eindeutig ist.
Technisch gesehen kann man auf verschiedenen Plattformen den Warenbestand relativ zeitnah synchron halten. Aber eben nicht zu 100%. In unserem Tonershop ist es durchaus schon passiert, dass ein Einzelstück bei zwei verschiedenen Plattformen innerhalb von 3 Minuten verkauft wurde. Da haben wir dann auch keine Chance mehr, dieses abzufangen.
Gegenüber der gerichtlichen Entscheidung habe ich eine gespaltene Meinung. Einerseits kann man verstehen, dass geschaut werden muss, dass Ware nicht nur angeboten wird, sondern auch geliefert werden muss. Andereseits begibt man sich schon wieder auf dünnes Eis sobald man auf mehreren Plattformen verkaufen möchte und geschäftlich gesehen auch muss. Gerade wenn man wie wir viel mit Einzelstücken handelt.
Der Abgleich des Bestandes mag beim Angebot über verschiedene Plattformen mehr Schwierigkeiten bieten als beim Verkauf über nur einen Kanal. Die Rechtsprechung würde dies aber nicht als Entschuldigung akzeptieren. Hier würde wohl der O-TON sein: “Wer die wirtschaftlichen Vorteile eines Verkaufs über mehrere Plattformen nutzen will, muss auch die Risiken in Kauf nehmen.”
Eigenartige Diskussion. Onlinehandel ist doch dem in einem Ladengeschäft sehr ähnlich. Im Laden kann ich eine nur einmal vorhandene Ware ja gar nicht zweimal anbieten, oder ich lege die Ware vor einen Spiegel. Dann gehe ich aber echt davon aus, das der Käufer nicht alle Latten am Zaun hat. Auch beim Onlinehanden auf meheren Plattformen muss ich sehen, das mein Warenbestand bzw. die mögliche Beschaffungsmenge meinem Angebot entspricht. Oder ??? Man kann nunmal nicht verkaufen, was man nicht selbst erst besitzt! Und das gilt für alle Verkäufer. Sonst wäre es ja schlicht Betrug/Schwindel.
Wir arbeiten mit einem Warenwirtschaftssystem. Durch regelmäßige Bestandskontrollen berichtigen wir die Bestände zwischen Lager und EDV. Es kommt dennoch vor, dass Artikel in der EDV, jedoch nicht im Lader sind. Die Ursachen sind u.a. Diebstahl und menschliche Fehler beim Umgang mit der EDV.
Wie würde die Rechtsprechung hier entscheiden?
Wir haben ja alles menschenmögliche getan um doppelverkäufe zu verhindern.
Viele Grüße
Es ist aber doch ein großer Unterschied, ob online ein Einzelstück innerhalb mehrerer 2mal Minuten auf verschiedenen Plattformen verkauft wird oder 2 Leute jeweils ihr eigenes Süppchen kochen. Wie da schon steht, Stichwort Organisations- und Ãœberwachungsverschulden und “entsprechende Vorkehrungen treffen”. Dabei kommt es drauf an, was zumutbar ist und was nicht. wenn ich nachweisen kann, dass ich alles zumutbare getan hab mit entsprechender Software etc., dann wird auch die Entscheidung anders ausgehen.
Die Entscheidung muss so ausgehn, anders wäre es zu einfach. Eine Sache wird verkauft, ein anderer Käufer bietet mehr und “schwupp” wird die Sache “ohne Wissen des Verkäufers” teurer verkauft
Frage :
Ich kaufe einen Artikel bei einem Händler, bin mit der Ware unzufrieden.
Ich teile dies dem Händler mit, dieser Antwortet nicht, sondern stellt genau den selben Artikel zur Auktion und verkauft diesen an einem dritte weiter, obwohl die Ware ( Briefmarken Sammlung ) einwandfrei zu identifizieren sich noch in meinem Besitz befand. Ich schickte sie ihm zurück, die Ware wurde dem Händler am 13. eines Monats zugestellt, einen Tag davor hatte er die Sammlung bereits an einem anderen verkauft.
Mein Geld erhielt ich erst durch den Käuferschutz PayPal 9 Tage später ausgezahlt.
Kann ich die Differenz des Mehrverkaufes einfordern ?
Er hatte mir mein Geld noch nicht zurückgezahlt, also befand sich Rechtlich gesehen die Ware noch in meinem Besitz.