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Social Media und E-Commerce: Fallstricke beim Betrieb von Social Media Marketing

In Fortführung zu Teil 1 und 2 der Beitragsreihe „Social Media und E-Commerce“, in der die rechtlichen Fallstricke beim Beginn der vom Unternehmen bzw. Händler gewünschten Social Media Marketing und Commerce Kampagne beleuchtet wurden, werden im folgenden Teil der Beitragsreihe die Fallstricke beim Betrieb einer etwaigen Kampagne dargestellt, insbesondere die Verantwortlichkeit des Betreibers für den Content seines Accounts sowie die Gefahr wettbewerbswidrigen Handelns.

Lesen Sie Teil 3 der Beitragsreihe von Gastautor Dr. Sami Bdeiwi.

A. Verantwortlichkeit des Betreibers für den Content

Das Unternehmen bzw. der Händler ist auch für den Content, der im Rahmen des Social Media Marketings und Commerce unter seinem Account verbreitet wird, verantwortlich. Sollte gar die Hürde der Strafbarkeit etwaigen Contents überschritten werden (§§ 185 ff. StGB), droht dem Betreiber des jeweiligen Accounts auch die Gefahr, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden. Nachfolgend soll differenziert werden zwischen der Verantwortlichkeit für eigenen und fremden Content.

I. Eigener Content

Verletzen die eigenen bzw. vom Unternehmer bzw. Händler selbst eingestellten Inhalte (bspw. Beiträge oder Bilder) Persönlichkeits- oder Urheberrechte Dritter, haftet auch der Betreiber selbst auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz (Täterhaftung).

II. Content Dritter

Aber auch etwaige Inhalte, die von Dritten auf dem jeweiligen Social Media Account gestellt werden, sind für den jeweiligen Betreiber rechtlich relevant.

Zwar ist davon auszugehen, dass einhergehend mit der BGH Rechtsprechung zur Störerhaftung des Admin-C und von Plattformbetreibern (BGH, Urt. v. 13.12.2012, I ZR 150/11) dem Betreiber eines Social Media Profils kein besonderes Prüfpflicht trifft, wenn bspw. wie bei Facebook Nutzer ohne vorige Kenntnisnahme des Betreibers etwaige Beiträge auf die Pinnwand des Betreibers posten können, gleichwohl ist eine Haftung auf Beseitigung und Unterlassung möglich (Störerhaftung); dies jedoch nicht auf Schadensersatz.

Sollten keine besonderen Prüfpflichten bestehen, ist der Hinweis über die Rechtsverletzung zwingende Voraussetzung (Notice-and-take-down-Grundsatz). Erst ab diesem Zeitpunkt besteht für den Profilinhaber das besondere Prüflicht, diese oder gleichartige Verletzungen für die Zukunft zu vermeiden.

Praxishinweis

Da teilweise vereinzelt vertreten wird, dass der Profilinhaber durch das Teilen und/oder Kommentieren sich die Rechtsverletzung zu Eigen macht und daher auch ohne voriges in Kenntnis setzen für die Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, empfiehlt es sich für die Praxis, das jeweilige Profil ständig auf die rechtliche Zusätzlichkeit seiner Beiträge zu untersuchen.

Offensichtlich rechtswidriger Content sollte im jeden Fall unverzüglich entfernt werden. Bedenkliche Beiträge sollten zumindest nicht geteilt und/oder kommentiert werden.

Entgegen weit verbreiteten Ansicht im web2.0, insbesondere im Social Media, gilt bei einer rechtlich zulässigen Social Media Marketing und Commerce Kampagne gerade nicht der Grundsatz „Content is king“.

B. Gefahr wettbewerbswidrigen Handelns

Durch den Betrieb einer Social Media Marketing und Commerce Kampagne ist der Inhaber eines geschäftsmäßigen Social Media Accounts auch der Gefahr ausgesetzt, wettbewerbswidrig zu handeln.

I. Wettbewerbswidrige Abwerbeversuche

Jüngst hat es in der Praxis bereits die ersten Fälle gegeben, in denen innerhalb des Social Media unzulässige Abwerbeversuche unternommen worden sind. Hierbei besteht die Gefahr, wettbewerbswidrig zu handeln, sollten tatsächlich Abwerbeversuche von dem Unternehmensprofil aus unternommen werden, ohne das der potenzielle Mitarbeiter zur Kontaktaufnahme eingewilligt hat (LG Heidelberg, Urt. v. 23.5.2012, 1 S 58/11). Auch bei einer Kontaktbestätigung dürfte nicht von einer Zulässigkeit des Abwerbeversuchs auszugehen sein.

Praxishinweis

Sollte ein Unternehmen sog. Social Recruiting betreiben, sollten potenzielle Mitarbeiter nicht ohne deren Einwilligung gezielt auf deren Unternehmensprofil angesprochen und abgeworben werden, sondern sich die Social Recruiting Maßnahme darauf beschränken, den potenziellen Mitarbeiter zu motivieren, das Unternehmen von sich aus zu kontaktieren.

II. Unzulässige Werbenachrichten

Die Grundsätze der Beeinträchtigung des Empfängers bei ungefragter Zusendung von Werbenachrichten sind auch auf das Social Media übertragbar.

Gefahren drohen insoweit, als die Zusendung von Werbenachrichten ohne die entsprechende Einwilligung dafür zu haben, die Rechte des Empfängers verletzen sowie ein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen können. Die bloße Kontaktbestätigung innerhalb des Social Media Netzwerkes dürfte dabei eine Einwilligung nicht ersetzen.

Praxishinweis

Innerhalb des Social Media sollte also nicht leichtfertig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, (Werbe-) Nachrichten an Kontakte zu versenden. In jedem Falle sollte das Unternehmen sich die entsprechende Einwilligung dafür einholen.

III. Kauf von Fans und Bewertungen

In der jüngeren Vergangenheit ist mehrfach publik geworden, dass geschäftsmäßige Social Media Accounts sich Fans und/oder Bewertungen „gekauft“ haben. Davon ist schlichtweg abzuraten, da in diesem Verhalten zumindest ein wettbewerbswidriges Handeln im Sinne einer Irreführung liegt gem. §§ 3 Abs.1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3 UWG.

IV. Aktuelles Urteil zur Verknüpfung von Social Media mit Gewinnspielteilnahme

Jüngst hat das LG Hamburg (Urt. v. 10.1.2013, 327 O 438/11) ein wettbewerbswidriges Handeln verneint, wenn ein Gewinnspiel im Social Media mit der Teilnahmebedingung verknüpft wird, den „Gefällt mir“-Button auf der Seite des werbenden Unternehmens zu betätigen.

Dies führe weder bei dem Gewinnspielteilnehmer, noch bei seinen Kontakten zu einer Irreführung. Mit der Bestätigung des „Gefällt mir“-Buttons komme nach dem Verkehrsverständnis lediglich eine unverbindliche Gefallensäußerung zum Ausdruck, mit der das Netzwerk des betroffenen Nutzers keine weiteren Erwartungen oder Gütevorstellungen verbindet.

Dem Netzwerk bliebe das Motiv und die Hintergründe der Gefallensäußerung durch den „Gefällt mir“-Button in Ermangelung weiterer Angaben des Nutzers unbekannt. Auch sei die Verknüpfung als solche bereits transparent genug, sodass in dieser auch keine Irreführung zu sehen ist.

Im vierten Teil der Beitragsreihe „Social Media und E-Commerce“ werden ausschließlich Social-Plugins sowie deren datenschutzrechtliche Zulässigkeit und Praxistauglichkeit beleuchtet.

Alle Beiträge der Reihe

Hier finden Sie alle Beiträge der Reihe Social Media und E-Commerce:

Über den Autor

RA Dr. Sami Bdeiwi

Dr. Bdeiwi ist Rechtsanwalt in der Kanzlei volke2.0. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im gewerblichen Rechtsschutz (Wettbewerbs-, Marken-, Gebrauchs-, Geschmacksmuster- und Patentrecht), dem IT-Recht (EDV-Recht, Softwarerecht, Datenschutzrecht) und dem Recht der Sozialen Medien.